Leserbrief

Leserbrief „Meine Meinung“ – „Die meisten Rebländer fühlen sich nicht als Baden-Badener“ – „Die Stadt wird als Kolonialmacht oder Finanzblutegel wahrgenommen“

Baden-Baden, 02.07.2025, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leser Daniel Himmel Stellung zu dem goodnews4-Bericht Ein Graben zieht sich durch Baden-Baden – Alle Stadtteile stimmten mit «Ja» – Alle Ortsteile mit «Nein» und dem Leserbrief von goodnews4-Leserin Sandra Schumacher Leserbrief «Meine Meinung» – Zum Bürgerentscheid in Baden-Baden – «Die Städter schätzen ihr städtisches Krankenhaus vor Ort, den Landbewohnern ist es mehr oder weniger egal».

Das in goodnews4 berichtete konträre Abstimmungsverhalten zwischen Stadt- und Ortsteilen in der Klinikfrage genügt Frau Schumacher, «darauf zu antworten, wenn auch nur mit Vermutungen», generöserweise «ein mögliches Intelligenzgefälle einmal von vorneherein ausschließend». Stattdessen mutmaßt sie, die «teilweise auch ausländischen» (sic!) Bürger hätten die Diskussionen «nicht verfolgt» oder «die Fragestellung nicht richtig verstanden» und deshalb «falsch gewählt». Also vermutet sie eher ein Sprach-, Interesse-, oder Bildungsgefälle für das, was sie ex cathedra als «falsch gewählt» bezeichnet.

 

Nun ja, das klingt doch ein bissel nach der im «STERN» aufgestellten These, die Christian Frietsch in einem anderen Artikel als «absurd» bezeichnet: Dass die Städter auf ihr Umland hochmütig herabblicken.

Zwar seit knapp zwei Jahrzehnten in Freiburg wohnend, aber nach wie vor im Rebland gut vernetzt und wochenends dort präsent, kann ich den Rebländern konzedieren, dass sie das Thema ausgiebig diskutiert haben und eigentlich allen klar war, was «Ja» und «Nein» in der Abstimmung bedeuten.

Voll bestätigen kann ich allerdings Frau Schumachers Vermutung, dass es den von ihr nonchalant als «Landbewohnern» bezeichneten egal ist, wohin sie fahren. Wenn die schwangere Rebländerin z.B. erführe, dass man in Offenburg besser entbinde, ginge sie lokalunpatriotisch und skrupellos dorthin.

Die meisten Rebländer, sofern sie keine beruflichen oder geschäftlichen Interessen mit der Stadt verbinden, fühlen sich nicht als Baden-Badener. Warum auch? Sie wurden 1972 teilweise ungefragt, teilweise entgegen einem Referendum und mit leeren Versprechungen zwangseingemeindet. Es ist quasi common sense im Rebland, dass die Eingemeindung ein Schuss in den Ofen war; viele wären froh, wenn man aus dem Stadtkreis rauskäme oder dieser aufgelöst würde.

Von den ca. 40 Mio. Euro, die bevölkerungsanteilig dem Rebland am Stadtetat zustünden, sieht man wenig bis nichts, die Stadt wird eher als Kolonialmacht oder Finanzblutegel wahrgenommen. Kulturell und wirtschaftlich ist man die letzten Jahrzehnte eng mit Sinzheim und dem Bühler Rebland zusammengewachsen und hat sich immer weiter von Baden-Baden entfernt.

Vielleicht ergibt sich aus dem Abstimmungsergebnis die Chance, dass die Städter und die Umländer sich gegenseitig loswerden: Scheidung nach dem Zerrüttungsprinzip mit Gütertrennung.

Daniel Himmel
Freiburg / Neuweier


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