Leserbrief

Leserbrief „Meine Meinung“ – „Na, Gott sei Dank lässt Herr Brandau erkennen…“ – „Landkreis Baden-Baden und der Stadtkreis Baden-Baden haben das Sagen“

Baden-Baden, 03.04.2023, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leser Klaus-Eckhard Walker Stellung zu dem Leserbrief von goodnews4-Leser Mike Brandau Leserbrief «Meine Meinung» – Veranstaltung CDU Rastatt «Künftiger Klinikstandort» – «Von Frau Lenhard sofort das Wort entzogen».

Na, Gott sei Dank lässt Herr Brandau erkennen, dass es in der Causa Zentralklinik für ganz Mittelbaden nicht um einen Nachbarschaftsstreit, sondern um die klinische Versorgung der Menschen für ganz Mittelbaden und darüber hinaus geht. An der Willensbildung zur Standortfrage sollte daher jeder teilnehmen dürfen und die Klinikum Mittelbaden gGmbH nicht die alleinige Hauptrolle spielen. Den Matadoren der beiden Nachbarstädte kann ich nur raten, das Kriegsbeil nicht auszupacken.

Aus Rastatter Sicht wundert mich, warum der Blick so konzentriert auf Baden-Baden gerichtet wird. Natürlich sähen beide Städte gerne ein mittelbadisches Zentralklinikum auf ihrer Gemarkung. Wer wollte das nicht? Dabei wird – und das ist wohl die Ursache des Zwistes – vergessen, wie die Karten verteilt sind. Bauherr eines Zentralklinikums in Mittelbaden könnte vorbehaltlich eines Blicks in die Satzung der Gesellschaft die Klinikum Mittelbaden gGmbH werden. Rastatt und Baden-Baden sind außen vor.

In der Klinikum Mittelbaden gGmbH haben die beiden Gesellschafter, der Landkreis Baden-Baden und der Stadtkreis Baden-Baden, das Sagen. Der eine davon will aber statt 40 Prozent nur noch 25,1 Prozent des Kostenrisikos tragen. Da der Stadtkreis weitere Bedingungen stellt, über deren Berechtigung man durchaus streiten kann, hat sich das Klinikum bislang nicht bedingungslos auf einen Standort verständigen können. Mit anderen Worten ist bis heute völlig unklar, was am Ende des krankenhausinternen Streits um die Voraussetzungen für einen Klinikneubau herauskommen wird. Darüber, dass ein Zentralklinikum am Münchfeldsee und vor allem in welcher Form und mit welcher Kostenfolge für die Gesellschafter errichtet werden soll, herrscht zwischen dem Landkreis Rastatt und dem Stadtkreis Baden-Baden Streit. Ein Konsens ist nicht in Sicht. Notwendig ist daher zu allererst, dass sich die Klinikgesellschafter eine einheitliche Meinung ohne Wenn und Aber und ohne geheime Vorbehalte bilden. Die Stadt Rastatt ist bei der Streitschlichtung nicht gefragt.

 

Worum derzeit in Rastatt gestritten wird, ist dagegen die vom Klinikum ausgegebene Präferenz für einen Klinikstandort am Rastatter Münchfeldsee. Diese steht wiederum im Gegensatz zu einem Ratsbeschluss vom 25.01.2021, der den Standort Merzeau präferiert. Soweit es die beiden Rastatter Grundstücke betrifft, mit denen sich die Barockstadt mit Beschluss vom 30.09.2021 beim Klinikum beworben hat, fällt auf, dass dieses Vorgehen von der immer noch aktuellen Beschlusslage des obersten Gemeindeorgans nicht gedeckt zu sein scheint. Am 25.01.2021 hat der Rastatter Gemeinderat beschlossen, die städtische Entwicklung für die Errichtung eines Zentralklinikums auf dem ehem. Kasernengeländes Merzeau voranzutreiben. Ein Planungsbüro wurde mit der Erstellung eines Rahmenplans für diesen Zweck (und nicht für die Fläche am Münchfeldsee) beauftragt. Ob der Beschluss umgesetzt wurde, weiß ich nicht. Die formale Standortentscheidung für das Kasernengelände Merzeau wollte die Verwaltung im Februar 2021 nachholen lassen. Hierzu ist es nicht gekommen, aber auch nicht zugunsten eines anderen Standortes. Am 30.09.2021 wollte man im Gemeinderat hierzu keine Bewertung abgeben. Dies ist alles in den Gemeinderatsunterlagen der Stadt Rastatt wohl formuliert nachzulesen.

Tatsächlich ist bis heute in Rastatt keine von Merzeau abweichende Standortentscheidung gefallen. Nicht einmal zwei Monate nach der Einleitung der Entwicklungsmaßnahme zugunsten des Standortes Merzeau beschloss der Rastatter Gemeinderat am 22./23.03.2021 zu meiner Überraschung «die Ausarbeitung einer Bewerbung der Stadt Rastatt als Klinikumstandort für die Flächen ‚RSC/DJK‘ und ‚südlicher Stadteingang‘» (Quelle: Ergebnisprotokoll der Sitzung zu TOP 4). Damit sollte eine in der Öffentlichkeit nicht nachvollziehbare Kehrtwendung eingeleitet werden, als Klinikstandort das Gelände am Münchfeldsee zu entwickeln, ohne die Bürgerschaft eingebunden zu haben. In der Sitzung am 30.09.2021 hieß es (den wahren Sachverhalt verschweigend), dass mit der Bewerbung der beiden Grundstücke keine Bewertung der Standorte verbunden sei. Gespräche zur Verlegung des betroffenen Fußballvereins wurden gleichwohl aufgenommen.

Folge ist, dass die betroffenen Bürger die Kehrtwendung nicht akzeptierten und trotz einer Medienkampagne von OB Pütsch, allen Fraktionsvorsitzenden und befangenen Aufsichtsratsmitgliedern 4.100 Unterschriften für ein Bürgerbegehren / Bürgerentscheid zusammenbrachten. Das sind weit mehr als rechtlich notwendig. Die Rastatter Wahlberechtigten haben nun im Rahmen des Bürgerentscheids am 07.05.2023 Gelegenheit, mit einem JA darüber zu entscheiden, dass das Gelände am Münchfeldsee zumindest für die kommenden drei Jahre nicht mit einem Bebauungsplan beplant werden darf. Ein Schaden für die Menschen in Rastatt wäre dies nicht, sondern Raum für eine besonnenere Stadtplanung gewonnen. Das Thema hätte es verdient. Ich meine, eine besser erreichbare Zentralklinik auf Merzeau ist wichtiger als eine Landesgartenschau mit Wohnungen, die auch woanders gebaut werden können. Vor weiterem politischem Druck kann ich nur warnen. Bebauungspläne, die nicht rechtswirksam zustande gekommen sind oder gegen Recht und Gesetz verstoßen, bleiben angreifbar. Also gemach, gemach.

Zweifel kommen auf, wenn ich sehe, dass Mitglieder des Aufsichtsrates mit enormer Verve für einen Klinikneubau in die Schlacht um den Münchfeldsee ziehen und nicht hinterfragen, ob die Klinikum Mittelbaden gGmbH satzungsrechtlich überhaupt eine Klinik errichten und deren Bau ohne öffentliche Beteiligung ihrer Gesellschafter vorbereiten darf. Mich macht ferner stutzig, mit welcher Heftigkeit die Stadt Rastatt gegen die Bürgerinitiative zu Felde zieht und wie einseitig die Position des Klinikums in manchen Medien kolportiert und wie wenig auf die Sorgen und Fragen von Bürgern in der Öffentlichkeit eingegangen bzw. diese verbreitet werden. So wundere ich mich zB, dass zwar auswärtige Ärzte aus einer CDU-Veranstaltung ausführlich zitiert werden, sich aber Rastatter Bürger mit ihren Meinungen und Fragen bei der Auftaktveranstaltung der Bürgerinitiative am 30.03.2023 medial nicht wiederfinden können.

Verdächtig ist die Materialschlacht um den Münchfeldsee. Wer finanziert eigentlich den Straßenkampf in Rastatt und in den geschützten Räumen der 3 Klinikstandorte? Die Klinik eine politische Arena? Und wer trägt eigentlich die Kosten der Initiatoren der Bürgerinitiative? Wenn die Demonstration der Staatsmacht, die in Rastatt jede Meinungsbildung im Keim zu ersticken droht, zulässig wäre, kann der Gesetzgeber die Möglichkeit von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden aus der Gemeindeordnung streichen. Die Matadoren vergessen: der Bürger ist nicht ihr Feind.

Klaus-Eckhard Walker, M.A. rer.pol.
Oberbürgermeister a.D.
Rastatt


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