Leserbrief

Leserbrief „Meine Meinung“ – „Quo vadis Baden-Baden?“ – „Vergleich mit Pyramiden von Gizeh hat etwas von Hochstapelei“ – „Ineffizienz der Rathausspitze, wie Stadtrat Gernsbeck in goodnews4 anprangerte“

Baden-Baden, 03.03.2023, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leser Wolfgang Holstein Stellung zu dem goodnews4-Bericht CDU-Fraktionschef Ansgar Gernsbeck ungeduldig mit Baden-Badener Rathausspitze – «Wir beschließen unglaublich viele Dinge und bekommen diese dann nicht oder viel zu langsam umgesetzt».

Baden-Baden ist ein Potemkinsches Dorf mit der Attitüde eines Hochstaplers, was sich in zwei bezeichnenden Aussagen bekundet. Der Oberbürgermeister Späth spricht in einem Interview von «einer mondänen Weltstadt» und im BT werden die Pyramiden von Gizeh und Baden-Baden in einem Atemzug benannt mit dem Hinweis «Die Touristenattraktion in Ägypten und die Bäderstadt an der Oos haben etwas gemeinsam: Beides sind Welterbestätte.» Das stimmt, aber sich mit einer Attraktion zu vergleichen, die jährlich von 14 Millionen Touristen besucht wird, im Vergleich zu Baden-Baden mit einem Bruchteil dieser Zahl an Touristen, hat schon etwas von Hochstapelei an sich, ebenso wie die Behauptung bei Baden-Baden würde es sich um eine mondäne Weltstadt handeln.

In alle Welt verbreitet wird Werbung mit herrlichen Bildern von einer blühenden Lichtentaler Allee nebst Oosflüsschen, sowie einigen Gebäuden wie das Kurhaus, die Trinkhalle, das Festspielhaus, das Theater, das Thermalbad, usw., (wobei bei einigen jedoch blanke wirtschaftliche Not herrscht).

 

Das alles macht einen ruhigen gediegenen Eindruck, wirkt beruhigend auf die Nerven des Betrachters und hat Baden-Baden als eine von 51 Städten in Deutschland den Titel UNESCO Welterbe eingebracht. Die UNESCO hat ihre Entscheidung vorrangig mit dem Vorhandensein «Mineralischer Quellen» erklärt, die schon zu Römerzeit genutzt wurden. Damit wird nochmal ausdrücklich bestätigt, dass Baden-Baden durch seine Thermalbäder bekannt wurde und im 19. Jahrhundert Weltberühmtheit durch das Thermalwasser und die dadurch angelockten erlauchten Gäste aus ganz Europa erlangte, die wiederum dazu beigetragen haben, dass hier das Spielcasino und andere heute noch halbwegs gut erhaltenen Gebäude errichtet wurden. Das Stadtmuseum würdigt diese Entwicklung mit einer eigenen Ausstellung.

Wenn sich aber der durch diese Werbung angelockte Tourist vor Ort befindet, wird er plötzlich mit der Kehrseite dieses Potemkinschen Dorfes konfrontiert, nämlich mit den katastrophalen Verkehrsverhältnissen, den vielen dringend sanierungsbedürftigen Straßen und Gebäuden sowie den leerstehenden Geschäften. Touristen müssen also feststellen, dass auch in Baden-Baden entgegen den großspurigen Werbesprüchen nur mit Wasser gekocht wird. Als Beispiel sei nur das Thermalbad benannt. Die Caracalla-Therme, einst das Aushängeschild Baden-Badens, kann heute dem Vergleich mit Thermalbädern im näheren Umkreis nicht mehr standhalten. Wer die Badewelt Sinsheim als drittgrößte Therme Deutschlands oder das Spaßbad Rulantica im Europa-Park in Rust kennt, kann von der Caracalla-Therme nur enttäuscht sein. Aber selbst kleinere Thermen wie die in Bad Rotenfels oder Bad Herrenalb laufen der Caracalla-Therme mittlerweile den Rang ab. Kein Wunder, dass die Besucherzahlen der Therme in Baden-Baden ständig abwärts tendieren.

Vielleicht haben sich die Entscheider für das Welterbe durch die Potemkinschen Bauten täuschen lassen, die eine «historische Kultur» vortäuschen. Tatsache ist jedenfalls, dass man für die Erhaltung dieser Historischen Kultur weder Geld noch Interesse hat, denn Baden-Baden entwickelt sich immer mehr zur «Festspiel-, Festival- und Event-Stadt». An allen Ecken der Stadt und während des ganzen Jahres finden Veranstaltungen statt, die großspurig entsprechend der üblichen Selbstüberschätzung als Festspiele, Festivals und Events bezeichnet werden und nicht unbedingt zur Freude der Bewohner oft tagelang die Innenstadt blockieren und neben der Geräuschentwicklung auch mit anderen unschönen Begleiterscheinungen verbunden sind. Nicht zu vergessen dabei auch die diversen Fress- und Sauf-Orgien, die unter wohlklingenden Namen um die darbende, ausgehungerte und in Baden-Baden mit 498 Gastro-Betrieben völlig unterversorgte Bevölkerung buhlen. Gehört so etwas auch zu den Auflagen der UNESCO für den Welterbe-Titel oder ist diese Entwicklung eher kontraproduktiv? Für die vielen Niedrigniveau-Veranstaltungen hätte es jedenfalls keines hochtrabenden Welterbe-Titels bedurft. Endlich findet in Baden-Baden auch eine Kunstmesse statt, die hoffentlich ein höheres Niveau aufweist, wie die vielen sogenannten Flohmärkte, bei denen Händler billigen Ramsch unter das gutgläubige Volk bringen wollen, die aber weder die Bekanntheit der Stadt heben, noch ihr wirtschaftlichen Nutzen bringen.

Seitens der Baden-Baden-Touristik versucht man verzweifelt auf allen Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen, will Jung und Alt in allen Bereichen etwas bieten. Dafür wären aber andere Kaliber mit internationaler Erfahrung und entsprechenden Verbindungen erforderlich, als die derzeit verantwortlichen Aktiven, die sich zwar redlich bemühen, die es aber nie schaffen werden den bekannten Namen, den Baden-Baden immer noch hat, durch Veranstaltungen von Weltrang aufzupolieren.

Was waren das früher noch für Zeiten, als die mit Weltstars, die sich auf der Höhe ihres Ruhms befanden, besetzten Festspiele unter dem verdienten Leiter Mölich-Zebhauser stattfanden oder die Richter- und Nolde-Ausstellungen im Burda-Museum, die viele Tausend Besucher aus aller Welt angelockt haben. Und heute? Heute erlebt man nur noch einen Abklatsch dieser ehemals glorreichen Veranstaltungen. Zwar treten im Festspielhaus immer noch Künstler auf, die man wegen ihres berühmten Namens als Weltstars bezeichnet, obwohl sie den Zenit ihres Ruhms bereits lange überschritten haben. Ein 82jähriger Tom Jones hat in Las Vega lange Zeit gegen Millionengagen die Säle gefüllt; heute tingelt er durch die Provinz und nimmt halt noch mit was er kriegen kann. Ähnlich wie Peter Kraus, der mit 83 Jahren noch auf Tournee geht. Und im Burda-Museum werden Ausstellungen mit Häkelkunst etc. gezeigt statt Gemälde renommierter Künstler. Einzig die Baden-Badener Rennwoche hat es dank privater Initiativen in eine bessere Zeit und zu internationalem Ansehen gebracht, aber sonst?

Generell lässt sich feststellen, dass sich Baden-Baden nur durch staatliche Zuschüsse, sowie die großzügigen Mittelgewährung privater Initiativen und Sponsoren die derzeitige Außendarstellung leisten kann. Wenn die klamme Stadt auf sich allein gestellt wäre, dann würde Baden-Baden in trostlose Bedeutungslosigkeit versinken. Hier ist man ja noch nicht einmal in der Lage ein Schlagloch ohne staatliche Zuschüsse auszubessern. Aber das liegt offensichtlich daran, wie man vor kurzem lesen konnte, dass ein Großteil der Einnahmen der Stadt für Personalkosten ausgegeben wird und demzufolge kaum etwas übrig bleibt für dringend erforderliche Investitionen. Es gibt hier doch kaum ein öffentliches Gebäude, welches nicht dringend der Sanierung bedarf. Hinzu kommt die Ineffizienz der Baden-Badener Verwaltung und hier speziell der Rathausspitze, wie der Stadtrat Gernsbeck in den goodnews4 vom 28.2. zurecht anprangerte.

Quo vadis Baden-Baden?

Wolfgang Holstein
Baden-Baden


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