Leserbrief

Leserbrief „Meine Meinung“ – „Stephanienstraße fordert Verkehrsberuhigung“ – „Wer Westachse mit Fieserbrücke und Kreuzstraße ‚autofrei‘ gestalten will braucht tragfähiges Verkehrskonzept für Innenstadt-Ostachse …!“

Baden-Baden, 24.04.2021, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leserin Michaela Schorpp Stellung zu dem goodnews4-Bericht Fieser-Brücke wird für Autoverkehr geschlossen − Einjährige Testphase − Für Berufsverkehr und Lieferanten morgens 6 bis 11 geöffnet.

Stephanienstraße fordert Verkehrsberuhigung – wer die Westachse mit Fieserbrücke und Kreuzstraße «autofrei» gestalten will braucht auch ein tragfähiges Verkehrskonzept für die Innenstadt-Ostachse …!

Nach eingehender Durchsicht der Beschlussvorlagen für Bauausschuss/Gemeinderat (21.135) sowie des Verkehrsgutachtens, komme ich zu dem Schluss, dass diese Entscheidungsgrundlagen die Verkehrsrealität in der Innenstadt Baden-Badens, nicht ganzheitlich und ausreichend berücksichtigen. Die Nachteile wurden bewusst verschwiegen und in Nebensätze verpackt. Es gab keine Einbindung der von den zu erwartenden Verkehrsverlagerungen negativ betroffenen Bürgern aus der Neustadt. Stattdessen wurden verbale Euphemismen sowie romantische Verklärungen eines Tourismus-Hochglanzprospekts zugrunde gelegt.

Außerdem fehlt ein praktikables Worst-Case-Szenario für eine Sperrung des Michaelstunnels in den Entscheidungsgrundlagen. Mit einem Tunnelausfall ist jederzeit durch Brand, Unfälle, Attentate (ohne den Teufel an die Wand malen zu wollen…) zu rechnen. Wie soll künftig der Verkehr – ca. 15.000 - 20.000 Kfz/Tag - im Falle einer Sperrung des Tunnels durch die Innenstadt fließen? Der kilometerlange Umweg über die offizielle Umleitung – die U1 – ist eine Strecke, die von ortskundigen Autofahrern nicht akzeptiert und genutzt wird! Wer die einjährige Sperrung des Michaelstunnels 2011-2012 in Erinnerung hat, als sich Tag und Nacht die Fahrzeugkolonnen, Stoßstange an Stoßstange durch die schmalen Seitenstraßen der Innenstadt geschoben haben – einschließlich Fieserbrücke, Kreuz-, Friedrich-, Stephanien-, Eich- und Sophienstraße – weiß was Verkehrshölle für die Anwohner bedeutet. Leopoldsplatz und Allee waren zum Flanieren, für die Busse und den Rettungsdienst gesperrt. Schon damals haben sich die Verantwortlichen aus Stadtverwaltung und Gemeinderat weggeduckt, die Augen vor den Problemen verschlossen und die leidgeplagten Anwohner mit leeren Phrasen abgespeist.

 

Wer jetzt die Westumfahrung des Innenstadtbereichs (Fieserbrücke, Kreuzstraße) für den Autoverkehr sperren will, braucht auch gleichzeitig eine Strategie wie die Ostumfahrung über Sophienstraße, Eich- und Stephanienstraße entlastet wird. Bereits im Stadt- und Kurortentwicklungsplan von 1974 S.13 (damals waren nur 1/3 der KFZ von heute auf den Straßen), wurden Leopoldsplatz, Sophien- und Stephanienstraße als die Innenstadt-Bereiche mit den höchsten Lärm- und Schadstoffbelastungen ausgewiesen. Für die aktuellen Verkehrs-Entscheidungsgrundlagen, wurden die Anwohner der Neustadt – insbesondere der betroffenen Stephanienstraße - noch nicht einmal eingebunden! Die Verkehrssimulationen - auf Basis von Zählungen im Zeitraum 2019/2020 – erfolgten zu Zeiten, als der Kreisel am Bertholdsplatz gebaut und die Lichtentaler Straße stadteinwärts gesperrt war. Mit der Folge, dass deutlich weniger Verkehr über die Stephanienstraße abfloss. Trotz dieser Sperrung kommt das Gutachten zu einer deutlichen Verkehrszunahme in Sophien- und Stephanienstraße. Und der verschwindet bekanntlich weder an den Pollern des Leopoldsplatzes, noch im Bäderviertel, geschweige denn in den Parkhäusern – wie die schönen Grafiken suggerieren!

Wo bleibt in einer «zusammenhängenden Innenstadtlandschaft als Geschäfts-Freizeit-Erlebnis-Erholungs-Raum» (Zitat aus der BV 21.135) der Lebensraum zum Wohnen für die Bürger? In einer lebendigen, multifunktionalen Stadt des 21. Jahrhunderts, braucht es aber einen anderen strategischen Denkansatz. Und zwar so, dass Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Freizeit und Erholung qualitativ hochwertig auf kurzen Wegen miteinander verzahnt sind. Wo Bürger und Touristen sich gleichermaßen und gleichberechtigt wohlfühlen! Und nicht nur Teilbereiche davon profitieren und optimiert werden.

Übrigens – ich wohne in der Stephanienstraße, deren Wohn- und Lebensqualität - als Straße von Bürgern ohne Lobby - seit Jahrzehnten durch einseitige Verkehrs-Entscheidungen systematisch kaputt gemacht wird. Ich besitze seit 20 Jahren kein Auto mehr, nutze gelegentlich CarSharing und bin ganzjährig mit Kind&Kegel auf dem Fahrrad unterwegs… ich weiß also was «autofrei» praktisch bedeutet.

Michaela Schorpp
Baden-Baden


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