Leserbrief

Leserbrief „Meine Meinung“ zum Bericht „Armut und verfehlte Baupolitik machen Baden-Baden zu schaffen“ - Arme Stadt - Reiche Stadt - Die Gegensätze werden größer!

Baden-Baden, 29.10.2018, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leser Kurt Krause Stellung.

Es weihnachtet sehr! Am 31.10. ist Halloween, pardon: Reformationstag! Und dann kommen in schneller Folge die Ehrentage von St. Martin, St. Nikolaus und St. Silvester, die Adventssonntage und natürlich Weihnachten. So «echt» schön wird das Ganze durch den Christkindlesmarkt. Die Parkhäuser sind mit auswärtigen Besuchern überfüllt, was Baden-Badener Bürgern das Einkaufen in der Innenstadt unmöglich macht.

St. Martin ist mein Lieblingsheiliger, steht der Tag doch für Barmherzigkeit und Tugendhaftigkeit. Erinnern wir uns: Martin ging, als es furchtbar kalt war, draußen vor der Stadt. Da traf er einen Armen, der hatte nichts an und war nackt und fror. Da nahm der Heilige sein Schwert und schnitt seinen Mantel in zwei Teile und schenkt dem Bettler die Hälfte. Frage: Warum hat er dem Armen nicht den ganzen Mantel gegeben? Hat er den Mantel längs geteilt? Wohl nicht! Aber wenn er ihn quer teilte, wer hat dann den unteren Teil bekommen? Hat er den Armen dann doch angeschmiert? Ich weiß, man muss nicht alles so wörtlich nehmen, was in der Bibel steht.

Viele der innerstädtischen Einzelhandelsgeschäfte wissen nicht, ob sie den nächsten Winter noch überstehen, denn es wird weiter gebaut. Aber: die Steuereinnahmen der Stadt Baden-Baden sprudeln wie selten zuvor. Überall wird gebaut. Aber: Es entstehen mehr als 500 Luxus-Wohnungen, die niemand braucht und bezahlen kann. Und wenn doch, dann sind es Investoren aus dem Ausland und die Rollladen bleiben ganzjährig unten.

In Baden-Baden leben 5.000 Menschen, die statistisch als arm gelten, weil sie Sozialleistungen beziehen; darunter ca. 1.500 Kinder. Also vermutlich jeder 10. Bürger der Stadt. Aber: Brot und Spiele halten sie bei Laune. Und der Christkindlesmarkt wird ihnen die Herzen und den Magen wärmen, und die letzten Euro aus der Tasche ziehen.

Baden-Baden ist auch die Stadt der Millionäre − sei es aus gewerblicher Tätigkeit, aus Vermietung und Verpachtung, aus Erbschaft oder einfach um den Ruhestand zu genießen. Aber: mit Ruhe ist es in der Stadt nicht mehr weit her und es gibt Parallelen zum Heilwasser, das auch keines mehr ist.

Es gibt Wohlhabende, die Mäzene sind, also keine Sponsoren. Die sind z.B. bei den Stiftern und Förderern des Festspielhauses zu finden oder im karitativen Gebiet bei Kindergärten und Altersheimen engagiert. Aber: es gibt auch Millionäre, die Geld von Ärmeren einsammeln, um sich dann im Lichte des «Wohltäters» zu sonnen.

Dabei denke ich besonders an die Aktion «BT-Leser bereiten Weihnachtsfreude», bei der jedenfalls nicht ersichtlich ist, dass das Ergebnis der Sammlung durch die Verlegerfamilien des Badischen Tagblatts, also die Damen Ertl, Hambruch-Piesker oder Richters entsprechend ihrem Reichtum erhöht wird.

Da wird drei Monate lang gesammelt, gekocht, musiziert, man spannt sogar die mit dem «BT» geschäftlich verbundene Volksbank zur Unterstützung ein und bekommt einen Teil der Kreditzinsen, Buchungsgebühren, etc. erstattet. Und das in aller Breite im BT publizierte Ergebnis der Aktion? 2017 wurden 1.501 bedürftige Menschen in Baden-Baden zu Heiligabend mit insgesamt 164.120 Euro beschert. Die Spenden wurden in Zusammenarbeit mit sieben Baden-Badener Hilfsorganisationen an 395 Alleinstehende, 339 Familien und 16 Obdachlose ausgezahlt.

164.120 Euro für 1.501 Arme: das macht nach Adam Riese weniger als 110 EUR für jeden Bedürftigen/pro Jahr. «Das ist der Pfennig und wo ist die Mark?» würde Bert Brecht jetzt fragen. Aber: Was ist mit den anderen 3.500 Armen, die es über die 1.500 Bedürftigen hinaus gibt, deren Los vom 2. Bürgermeister Kaiser so wortreich, wenn auch in schlechtem Deutsch, beklagt wird?

Ist es vermessen, eine Verdoppelung des Sammlungsergebnisses durch die Verlegerinnen des BT zu fordern? Zur Reduzierung der Armut in dieser Stadt würde beitragen, wenn das «BT», bzw. dessen Tochterfirma, die «TOP Presse-Service GmbH», den 1.072 Teilzeitbeschäftigten (Zeitungsboten) bessere Stundenlöhne zahlen würde. Wenn 2017 mit einem gezeichneten Kapital von EUR 51.150,00 ein Jahresgewinn von EUR 85.733,12 (also eine Profitmarge von 167,5 %) erzielt wurde, nennt man das Turbo-Kapitalismus?

Die vom Verleger Hambruch und seiner Tochter Eva Ertl vor 60 Jahren begonnene Aktion «BT-Leser bereiten Weihnachtsfreude» erinnert mich peinlich an die Sammlungen, die seit 1933 im Dritten Reich von den Nazis unter dem Titel «Winterhilfswerk» durchgeführt wurden. Das Winterhilfswerk verfolgte vordergründig die Bekämpfung der Folgen von Armut und Arbeitslosigkeit. Tatsächlich sollte das Winterhilfswerk den vermeintlich sozialfürsorglichen Charakter des NS-Regimes unterstreichen. Zugleich zielte die Spendensammlung auf die Zusammengehörigkeit der Volksgemeinschaft ab. Wenn man jetzt «Volksgemeinschaft» durch «Leser-Gefolgschaft» ersetzt, macht die Sammlung wohl auch heute Sinn, um den Zusammenhalt der Abonnenten mit der Zeitung zu festigen, d. h. die Abonnements beizubehalten.

Halloween ist auch von der Art. Einst versuchten sich die irischen Kelten vor den umherirrenden Seelen Verstorbener zu schützen. Dazu brachten sie am 31. Oktober ein Menschenopfer dar, das sie lebendig verbrannten. Die Opfer waren meistens Kinder, die die Priester von der verängstigten Bevölkerung forderten. Dazu stellten sie vor die Häuser derer, die das Opfer bringen mussten, eine ausgehöhlte, erleuchtete Steckrübe, später einen Kürbis.

Das war damals und ist heute eine üble und menschenverachtende Tradition. Sie entspricht der Verbrennung der Synagoge auf dem Grundstück der heutigen «Alleineigentümerinnen» Xenia Richters, Yvonne Hambruch-Piesker und Eva Ertl, geb. Hambruch. Denn: Welche Tradition muss erhalten bleiben!?

Kurt Krause
Baden-Baden


Wenn Sie auch einen Leserbrief an die Redaktion senden möchten, nutzen Sie bitte diese E-Mail-Adresse: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

In Ausnahmefällen veröffentlicht goodnews4.de Leserbriefe auch unter einem Pseudonym. Die tatsächliche Identität des Verfassers ist goodnews4.de in jedem Fall bekannt.

PDF «Spielregeln» für Leserbriefe an goodnews4.de


Zurück zur Startseite und zu den weiteren aktuellen Meldungen.