Leserbrief

Leserbrief „Meine Meinung“ – Zum Ende der Amtszeit Margret Mergen – „Sie hat nicht alles schlecht gemacht …“

Baden-Baden, 09.05.2022, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leserin Tina Tischer Stellung.

Bald ist sie von uns gegangen. Niemand weint ihr eine Träne nach. Was sag ich niemand? Nein, da hinten in der Ecke sitzt Stadtratlegende und CDU-Urgestein Klaus Bloedt-Werner und weint vergangenen Zeiten nach. Zeiten, in denen die Menschen noch in zwei Klassen eingeteilt waren. In die herrschende Klasse, welche in Politik und Verwaltung verortet war, und die Klasse der Untermenschen, die im Volk und der arbeitenden, steuerzahlenden Bevölkerung verankert waren. Der Mann, der Margret Mergen einst die Amtskette um den Hals legte, die sie acht Jahre nicht mehr los wurde, muss den Sittenverfall machtlos mit ansehen. In rebellischen Zeiten, in denen jeder frei Schnauze seine Meinung sagen kann, auch wenn er nicht einmal vorher um Erlaubnis gefragt hat und noch dazu kein CDU-Mitglied ist.

Früher, da hat die Demokratie im Weltbild von Klaus Bloedt-Werner noch funktioniert. In Zeiten, in denen man noch nach Gusto missliebige Meinungsäußerer von oben herab durch das Ordnungsamt sanktionieren lassen konnte, oder man einfach politische Gegner strammstehen ließ. So gesehen bei seinem politischen Zögling Thomas Gönner von den Grünen. Hatte der um markige Worte nie verlegene Klaus Bloedt-Werner von den Grünen doch stets schriftliche Entschuldigungen eingefordert, wenn ihm die Meinung irgendeines Grünen-Parteimitgliedes nicht wohlfeil genug war. Selbstredend kam Thomas Gönner in devoter Haltung der Forderung nach Satisfaction seines Mentors gerne in devoter Haltung nach. Hatte er, der Altmeister und Politstratege, die Grünen doch fulminant auf ihren Platz verwiesen, als er Sie in einer historische Rede mit den Worten «so Unnütz wie Hämorrhoiden» im Weltbild seiner CDU richtig einordnete.

Für einen Träger des Bundesverdienstkreuzes ist es sicher nicht einfach, im Dienst einer Partei wie der CDU zu stehen. Eine Partei die, wie sein politischer Protegé, der Bundestagsabgeordnete und CDU-Kreisvorsitzende Whittaker im BT kürzlich kundtat, «Klientelpolitik» betreibt und sich, wie man hört, auf «zwielichtige Netzwerke» stützt.

Aber zurück zur scheidenden Amtsinhaberin, der man als brave Parteisoldatin zugestehen muss, dass Sie zwar stets bemüht war, aber aus einem Ackergaul wird eben kein Rennpferd. So wurde aus ihrem in Eigenlob proklamierten Fleiß oft nur banale «Gschaftlhuberei». Gefangen in einem reaktionären, moralinsauren, antisemitischen und rassistischen Weltbild aus dem vorletzten Jahrhundert ist sie im Rausch der trügerischen Macht hart auf dem Boden der Realität aufgeschlagen. Sowohl bei Mergen als auch Bloedt-Werner sind Parallelen zum Fall Boris Becker erkennbar, wo auch ein chronischer Mangel an Einsicht, Lernfähigkeit und Demut zum Scheitern führte.

 

Wird man dann schizoid? Man weiß es nicht. Dennoch wünscht man sich, dass Gott ihrer Seele gnädig sein möge. Nun, die Nachwelt flicht der Mimin keine Kränze. Aber Klaus Bloedt-Werner hatte zuletzt noch private Anzeigen für Mergens Wiederwahl bezahlt. Nun ist der «Strippenzieher» zwischen Verwaltung und Bauwirtschaft verzweifelt – all seine Träume sind geplatzt. Wird er sich jetzt ganz aus der Politik zurückziehen? Die Bürger des Reblandes sind ihm, dem ungekrönten Platzhirsch in den Rücken gefallen: Sie haben mehrheitlich Dietmar Späth gewählt. Einen in seinen Augen leichtlebigen Hallodri. Das wurmt ihn so sehr, dass er sich als «elder statesman des Gemeinderats» weigern soll, Dietmar Späth mit der Amtskette zu krönen. Teile des Volkes sind in großer Sorge, dass er, der vom System und der parlamentarischen Demokratie enttäuscht wurde, sein Bundesverdienstkreuz zurückgeben könnte.

Wird der verdiente Autokrat Klaus Bloedt-Werner jetzt nur noch der Förderung des Alkoholismus frönen? 10.000 Euro Unterstützung sind aus dem Stadtsäckel auf Anweisung von OB Mergen für seinen Verein der Weinfreunde des Reblands (oder wie immer das heißt) geflossen. Diese sollen verbraten – pardon: vertrunken worden sein!

Von der Bauwirtschaft ist es nur ein Schritt zur städtischen Bauverwaltung. Wen wundert es, dass in einer alten Römerstadt immer noch lateinische Grundsätze gelten: „Manus manum lavat “ oder „Pecunia non olet“? Für die Nicht-Lateiner: «Eine Hand wäscht die schmutzige Hand des Anderen» und «Geld stinkt nicht» – vor allem, wenn es einen daran mangelt.

Tina Tischer
Baden-Baden


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