Leserbrief

Leserbrief „Meine Meinung“ – Zum goodnews4-Interview mit Klinikchef Thomas Iber – „Wer soll das bezahlen, wer hat das bestellt“

Baden-Baden, 24.03.2023, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leserin Rita Maria Hirsch-Ursinus Stellung zu dem goodnews4-Bericht Baden-Badener Klinik-Chef Thomas Iber sieht «Gefahr» bei Klinik-Planung – «Dass wir an allen drei Standorten Level 1 bekommen».

Wer hat so viel Pinkepinke, wer hat so viel Geld… Finanzposse vom Feinsten! Wir alle, die Bürger von Baden-Baden und Rastatt, wünschen uns die beste Krankenversorgung, die wir bei unserer Finanzsituation realisieren können. Dazu gehören zwangsläufig auch Schulden, aber ganz sicher und zwangsläufig auch deren Tilgung! Wir wollen ein Klinikum, das gut aufgestellt ist und nicht weiterhin einen Kostenzuschuss wie z.B. in den Jahren 2017 bis 2019 in Höhe von über 35 Mio. Euro benötigt.

Das ist mit einem neuen Klinikum Neubau oder einem Klinik Erweiterungs-Neubau wahrscheinlich erreichbar, aber für ein positives Bilanzergebnis gibt es dennoch keine 100-prozentigeige Garantie. In der heutigen Zeit gleichen jeder Leistungsvergleich und jede Vorhersage über die Entwicklung von Materialkosten, Unterhaltungskosten, Löhne u.s.w. dem Lesen im Kaffeesatz.

Seien Sie sicher, dass wir verstehen, dass sich die verschiedenen Level I-III eines Klinikums zwangsläufig auch auf die Gehaltsstufen der Ärzte, Chefärzte und der Klinikleitung auswirken. Doch für die Bürger ist die medizinische Versorgung und eine bezahlbare Klinik immer noch das Allerwichtigste.

Die Vorgehensweise des Klinikvorstandes und des Beirates in dieser so wichtigen Zukunftsfrage betrachten wir in vielen Bereichen als verwerflich, als Missachtung der Baden-Badener Bürger und gleichwohl von so etwas wie Hochmut und leichtem Größenwahn geprägt.

 

Wir wissen doch zwischenzeitlich alle durch welche unlauteren Machenschaften von Politikern dieses «Alibi-Gutachten» zustande kommen konnte. Wo «NEUTRAL und UNABHÄNGIG» draufsteht, steckt «BESCHISS UND BAUERNSCHLÄUE» drin.

Zum Glück konnte das Gutachten nicht, wie von den Politikern gewünscht, bis nach einer finalen Standort-Entscheidung geheim gehalten werden. Dem «Durchstecher/in» sei nochmals herzlichen Dank.

Herr IBER schreibt: «Wir haben ein komplett fertiges Raum- und Funktionsprogramm des neuen Zentralklinikums mit 700 Betten, mit modernem Zuschnitt der Fachabteilungen hin zu Zentren, die jetzt mittlerweile auch gefordert werden vom Bundesgesundheitsminister im Rahmen der Krankenhausreform…» Auffällig ist auch hier, kaum als Diskussionsthema für die Krankenhausreform ausgesprochen, noch nichts beschlossen, aber schon gekauft! Unter der Hand werden von heute auf morgen aus 666 Betten 700 Betten und Fachabteilungen mit Zuschnitt hin zu Zentren stecken auch schon in der Tüte. Die Bedarfsliste wird anscheinend täglich aktualisiert.

Doch was den Bürger interessiert, sind die Kosten, die der Wunschzettel nach sich zieht. Warum wird uns nicht endlich die Rechnung präsentiert? Wohl aus Angst vor der Quittung? Veröffentlichen Sie bitte schnellstens eine aktuelle Berechnung der Bau- und Nebenkosten, dann wird die Druckluft aus der Standortdebatte sowieso entweichen... Man könnte jetzt spekulieren, warum Sie uns keine Kostenrechnung offenbaren. Entweder Sie haben noch KEINE, das wäre schon schlimm genug, oder aber, Sie haben EINE und wissen, dass bei Bekanntgabe die Öffentlichkeit aufschreit, weil kein Bürger damit leben kann.

Genau dieses Verhalten ist es, das uns zur Vorsicht mahnt und zum Widerstand antreibt. Eine andere Möglichkeit wäre noch die gleiche Einstellung wie OB Pütsch, der einem Bürger zurief «das geht sie garnichts an».

Nun, da Sie bisher nicht über die zu erwartenden Kosten sprechen wollen, können oder vielleicht nicht dürfen, klären wir auf:

Vom Ortenaukreis, der seit vielen Jahren mit Hochdruck an seiner Agenda 2030 arbeitet, was diesem Kreis 4 Klinikstandorte sichert (das heißt pro 100.000 Bürger ein Klinikum), war in der Presse zu lesen, dass schon derzeit 50 Prozent, also die Hälfte der Finanzreserven aufgebraucht sind, bevor es überhaupt richtig los geht. Dies liegt darin begründet, dass jedes Jahr eine 15-prozentige Kostensteigerung eingetreten ist. Glück für den Ortenaukreis, dass man zumindest eine Finanzreserve hat!

Unter dem gleichen Damokles-Schwert wie im Ortenaukreis (+15 Prozent jhrl.), entwickeln sich die Baukosten unseres Klinikums folgendermaßen:
Ermittelt Baukosten in 2020: 338.000.000 Mio. Euro
Heute, nach Kosten-Steigerung 2023: 514,055,750 Mio. Euro
Zum ehemals geplanten Fertigstellungsdatum 2029: 1.189.042.187 Euro
Bei 6 jähr. Bauzeit, ab heute 2030: 1.367.398.515 Euro
Bei 9 jähr. Bauzeit, ab heute 2032: 1.808.384.536 Euro

Wer zudem öffentlich einen Zuschuss in Höhe von 60 Prozent in den Raum stellt, sollte zumindest auch erwähnen, dass das Gesundheitsministerium erklärt hat, dass es im jetzigen Bearbeitungsstadium der Krankenhausreform zu den möglichen Auswirkungen auf Einzelvorhaben in Baden-Württemberg noch keine Aussage treffen wird. Das Ministerium betont, es sei zunächst wichtig, die angefangenen Bauvorhaben zu Ende zu bringen. Es wäre für die Bürger auch interessant zu erfahren, wo in der jüngsten Vergangenheit ein 60-prozentiger Zuschuss gewährt wurde?

Da nach Aussage des Herrn IBER, die Planungen schon im Juli 2022, final fertiggestellt waren, es sogar schon Zeichnungen eines Klinikbaus am Münchfeldsee gab, sollten die Verantwortlichen endlich zugeben, was eh schon alle wissen, dass schon in 2021 in Rastatt feststand, dass das Klinikum in jedem jeden Fall nach Rastatt soll.

Abgesehen von dem indiskutablen Gutachten, haben die GRÜNEN den kapitalste Fehler in Sachen Standortsuche Zentralklinikum gemacht. Durch Erzeugen von Angst haben sie den wahrscheinlich von beiden Seiten akzeptabelsten Klinikstandort «Segelflugplatz» in der entscheidenden Ratssitzung verhindert. Kurz vor der Abstimmung über die Einreichung der Standortofferten wurde der Segelplatz mit einer Falschaussage der GRÜNEN vom Tisch gewischt. Die Aussage war, dass ein Gutachten belegt, dass unter dem Platz die einzigen Wasseradern mit sauberem Trinkwasser zusammenlaufen, was eigentlich den Bau eines Klinikums verbietet. Aber auch dieses angeblich «saubere» Trinkwasser, ist ebenfalls, wie viele andere Wasser und Gewässer in unserer Region, mit PFC verunreinigt, so dass man die Bürger in Sandweier sogar bitten musste, ihre Gärten nicht mehr mit Brunnenwasser zu gießen. Beides, Segelflugplatz und Klinikum, hätten nebeneinander existieren können. Doch für die GRÜNEN ist zwar ein Klinikum, aber kein Segelflugbetrieb Grund für Bedenken.

Das ganze Fehlverhalten unserer Politiker, wie auch der ausgeübte Druck, sowie die Dimensionen der derzeitigen Kostenentwicklung machen uns Bürgern mächtig Angst, auch wenn Herr Iber das nicht verstehen kann oder will. Wir haben in keinem Fall die Absicht, unsere Stadt mit einem «Milliarden-Defizit-Klinikum» in eine Kostenfalle und in Konkurs treiben zu lassen. Dieses Horror-Szenario hätte nur eine Quintessenz, und zwar die, die ein angesehener Rastatter Bürger schon mal vorab verbal skizziert hat: Auch ein «Pleite-Klinikum am See» kann super an einen privaten Betreiber verscherbelt werden, was zwar den Steuerzahler nicht rettet, aber nichts desto trotz, wahrscheinlich etliche Taschen stopft. Das unterstützt dann noch den bundesweiten Trend, wonach privatwirtschaftliche Einrichtungen schon in der Mehrzahl sind und von 15,5 auf 38,8 Prozent gewachsen sind (freigemeinnützige 32,2 Prozent und öffentliche 29 Prozent). Im Bereich der Klinikbetten stieg inzwischen der Anteil im privatwirtschaftlichen Bereich von 8,9 auf 20 Prozent.

Doch, bis es so weit kommen könnte, werden die Baden-Badener mit aller Macht für ein wirklich neutrales Gutachten und den Verbleib des Klinikums in ihrem geliebten Baden-Baden/Balg kämpfen. Herr Iber und das KMB sollten sich zunächst überlegen, ob ein Neubau als Erweiterung von Balg nicht sinnvoller ist als kein Ein-Standort Klinikum.

Rita Maria Hirsch-Ursinus
Baden-Baden


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