7-Tage-Inzidenz über 300

Nachts durch Pforzheim spazieren geht nicht – Verwaltungsgericht lehnt Eilantrag gegen nächtliche Ausgangsbeschränkungen ab

Pforzheim, 11.12.2020, Bericht: Redaktion Als infektionsschützende Maßnahme hält ein Pforzheimer Einwohner die Ausgangssperre in der Goldstadt für ungeeignet, da sich die Menschen vermehrt tagsüber im Stadtgebiet aufhalten würden.

Er wolle gerade nachts durch die Stadt spazieren, da er zu dieser Zeit kaum Menschen treffe, argumentierte er gegenüber dem Verwaltungsgericht Karlsruhe. Ohne Erfolg. Das Gericht lente einen Eilantrag gegen die nächtliche Ausgangssperre ab. Die Stadt Pforzheim hatte in den letzten Tagen bei der 7-Tage-Inzidenz Werte von über 300 erreicht. Bei einem Wert von über 200 greifen die Auflagen der Corona-Verordnung, nach denen unter anderem nächtliche Ausgangssperren verhängt werden.

Die Erklärung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe von gestern im Wortlaut:

Die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe hat mit Beschluss vom 10.12.2020 einen Eilantrag gegen die Allgemeinverfügung des Landratsamtes Enzkreis hinsichtlich der nächtlichen Ausgangsbeschränkungen im Stadtgebiet Pforzheim abgelehnt.

Der Antragsteller wohnt in Pforzheim und wollte mit seinem Antrag die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die in Ziff. 1 der Allgemeinverfügung des Landratsamtes Enzkreis vom 04.12.2020 angeordneten Ausgangsbeschränkungen erreichen. Hierzu machte er im Wesentlichen geltend, dass er durch die Ausgangsbeschränkung in seinem Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt werde. Sie sei als infektionsschützende Maßnahme ungeeignet, da sich die Menschen vermehrt tagsüber im Stadtgebiet aufhalten würden. Er wolle gerade nachts durch die Stadt spazieren, da er zu dieser Zeit kaum Menschen treffe.

Dem ist die 2. Kammer im den Beteiligten bereits übermittelten Beschluss vom heutigen Tag – 2 K 5102/20 – nicht gefolgt. Zwar bestünden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angeordneten Maßnahme hinsichtlich der gewählten Handlungsform einer Allgemeinverfügung. Eine Allgemeinverfügung müsse einen hinreichend – beispielsweise räumlich und zeitlich – abgegrenzten Sachverhalt regeln, wohingegen allgemeinere Regelungen in Form von Rechtsnormen ergehen müssten. Durch den weiten Anwendungsbereich, der sich räumlich auf das gesamte Stadtgebiet Pforzheims und inhaltlich auf verschiedenste Verhaltensweisen im öffentlichen Raum erstrecke, seien die Grenzen für den Erlass einer Allgemeinverfügung wohl überschritten.

 

Dies führe jedoch nicht zum Erfolg des Eilantrages. Die hierfür maßgebliche Abwägung der Interessen des Antragstellers und des öffentlichen Vollzugsinteresses falle trotz der Zweifel an der Rechtmäßigkeit zugunsten des Antragsgegners aus, da sich die Zweifel lediglich auf einen formellen Fehler bezögen und die Maßnahme der Abwehr einer erheblichen Gefahr diene. In der Sache seien die Voraussetzungen für die Anordnung einer Ausgangsbeschränkung nach überschlägiger Prüfung gegeben. Eine weitgehende Kontaktbeschränkung sei angesichts einer hohen Inzidenz von aktuell mehr als 300 Corona-Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern in Pforzheim und einem diffusen Infektionsgeschehen erforderlich. Die Maßnahme sei auch geeignet, dieses Ziel zumindest im Sinne eines «Schritts in die richtige Richtung» zu fördern. Ein Ausweichen der Bevölkerung auf die Tagesstunden sei nicht zu befürchten, da der Aufenthalt im öffentlichen Raum tagsüber häufig anderen Zwecken diene als zur Nachtzeit und es insbesondere darum gehe, unkontrollierte private Zusammenkünfte zu unterbinden. Angesichts einer drohenden akuten Überlastung des Gesundheitssystems sei die Maßnahme auch verhältnismäßig, zumal in der Verfügung substantielle Ausnahmen vom Verbot bei Vorliegen von triftigen Gründen vorgesehen seien.

Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten haben die Möglichkeit, hiergegen Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim einzulegen.


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