Gastkommentar

Retten uns die Gerichte? – Gastkommentar von Franz Alt

Bild Franz Alt Gastkommentar von Franz Alt
27.05.2024, 00:00 Uhr



Baden-Baden In unregelmäßigen Abständen veröffentlicht goodnews4.de Beiträge von Gastkommentatoren. Zum engeren Kreis gehören der Baden-Badener Bestsellerautor Franz Alt und Thomas Bippes, Professor für Medien- und Kommunikationsmanagement an der SRH Fernhochschule – The Mobile University sowie Gesellschafter einer Online Marketing Agentur in Baden-Baden, der sich insbesondere den Themen der Digitalisierung, IT und Künstlichen Intelligenz zuwendet.

Franz Alt ist Journalist und Bestsellerautor und lebt in Baden-Baden. Er ist Herausgeber von www.sonnenseite.com.


Kommentar: Franz Alt Klimaschutz – das sind wir alle. Für eine klimaneutrale Welt, für ein klimaneutrales Europa und für ein klimaneutrales Deutschland braucht es nicht nur Gesetze, sondern jeder Einzelne und jede Einzelne ist dafür verantwortlich.

Wir sind jetzt acht Milliarden Menschen auf der Erde. Jede und jeder ist ein Teil des Problems. Allerdings sind wir in den reichen Industriestaaten ein weit größeres Problem als die armen Menschen, die viel weniger Energie verbrauchen als wir. Ein Afrikaner und eine Afrikanerin verbraucht etwa ein Zwanzigstel der Energie gegenüber einem Europäer oder einer Europäerin.

 

Deutschland ist bereits auf halbwegs guten Weg zur Klimaneutralität. Bis Ende dieses Jahrzehnts werden und sollen wir bereits zwei Drittel weniger Treibhausgase emittieren als noch 1990. Bis 2040 sollen es 88 Prozent weniger sein und bis 2045 100 Prozent. Dazu musste erst das Bundesverfassungsgericht durch ein zukunftsweisendes Urteil im Jahr 2021 die damalige große Koalition drängen. Die Klage hatten die Fridays-for-Future-Freunde zusammen mit anderen Umweltverbänden angestrebt und gewonnen.

2021 war die rot-grün-gelbe Ampel-Regierung als „Koalition der Zukunft“ angetreten. Doch auch sie muss ihre Klimaschutzziele durch juristischen Nachhilfeunterricht nachbessern. Bei einer Klage der Deutschen Umwelthilfe hat das Oberlandesgericht Berlin-Brandenburg soeben entschieden, dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichen, um die Klimaziele bis 2030 beziehungsweise 2045 zu erreichen. Durch die bisherigen Maßnahmen klaffe eine Gesamtlücke von 200 Millionen Tonnen Kohlendioxyd-Äquivalent.

Soviel CO2 müsse bis 2030 zusätzlich eingespart werden, belehrten die Richterinnen die Bundesregierung. Und sie ergänzten, dass vor allem mehr für die nasse Bewirtschaftung und Wiederverwässerung der Moore und Wiesen sowie für die Reduktion des Holzeinschlags der Wälder mehr getan werden müsse. Eine Klatsche für eine Regierung, an der die Grünen beteiligt sind. Die Juristen und die klagenden Umweltverbände fragen zu Recht: Was nützen die schönsten Ziele, wenn die entsprechenden Maßnahmen zur Umsetzung ignoriert werden?

Tempolimit jetzt

Dieses Urteil ist eine verdiente Ohrfeige für die teilweise Schein-Klimapolitik der Bundesregierung. Als nächstes muss die Ampel-Regierung ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen beschließen, das schnell umsetzbar und kostenlos wäre, sowie die steuerliche Förderung von Dienstwagen einstellen. Jeder eingesparte Liter Diesel und Benzin hilft im Kampf gegen die Klimakrise und die Abhängigkeit von fossilen Importen. Und mit Tempo 100 auf der Autobahn, 80 außerorts und 30 innerorts können wir einfach und schnell über 11 Millionen Tonnen CO2 und 3,7 Milliarden Liter Sprit pro Jahr vermeiden – das hat die Deutsche Umwelthilfe errechnet. Es ist ein Trauerspiel, dass solche Beschlüsse hierzulande per Gericht gegen einen Porsche-Verkehrsminister Wissing durchgesetzt werden müssen.

Ob uns letztlich die Gerichte retten? Zurzeit zumindest sind sie in vielen Ländern eine fundamentale Hilfe beim Klimaschutz. Die Bürgergesellschaft zwingt ihre Regierung per Gericht zu mehr Klimaschutz. Schließlich haben 12.000 Bürgerinnen und Bürger die Deutsche Umwelthilfe bei ihrer Klage vor dem Oberlandesgericht Berlin-Brandenburg unterstützt.

Klimagerechtigkeit für die künftigen Generationen? Regeln das künftig die Gerichte? Ganz in diesem Sinn hat der Internationale Seegerichtshof in Hamburg im Mai 2024 einen historischen Beschluss gefasst. Erstmals befasste sich ein internationales Gericht mit diesem Thema. Angestrebt hatte dieses Verfahren eine Gruppe kleiner Inselstaaten, denen das Wasser bereits heute bis zum Hals steht. 70 Prozent unseres Planeten sind von Wasser bedeckt. 90 Prozent der Hitze, die von CO2-Emissisonen verursacht wurde, haben die Ozeane aufgenommen. Die Weltmeere sind zugleich Kühlsystem und Lunge unseres Planeten.

Das Gericht einstimmig: Die Meere erhitzen sich, versauern und die Meeresspiegel steigen. Mit katastrophalen Folgen für die Menschen auf den kleinen Inseln und für die Meeresökologie. Deshalb seien alle Staaten verpflichtet, die Meere und das Klima zu schützen. Der Klimaanstieg müsse bei 1.5 Grad gestoppt werden. Auf dieses Urteil werden sich auch andere Gerichte beziehen – überall auf der Welt. Richter als Klimaschützer – eine gute Nachricht. Aber die Politiker dürfen sich jetzt nicht hinter den Richtern und Richterinnen verstecken. Sonst könnte nicht nur das Klima Schaden nehmen, sondern auch die liberale Demokratie mit ihrer Gewaltenteilung.




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