goodnews4-Sommergespräch

Vision von Ortenau-Landrat Scherer vom Europa der Basis - Längst Realität: Nahverkehrsticket für Ortenau-Strasbourg - "Gut, dass der Bundesfinanzminister hier seinen Wohnsitz hat"

Vision von Ortenau-Landrat Scherer vom Europa der Basis - Längst Realität: Nahverkehrsticket für Ortenau-Strasbourg - "Gut, dass der Bundesfinanzminister hier seinen Wohnsitz hat"

Bericht: Christian Frietsch

goodnews4-LogoVIDEO anschauen!
goodnews4-Sommergespräch von Christian Frietsch mit Frank Scherer

Baden-Baden, 13.09.14, 00:00 Uhr Gemeinsam mit Roland Ries, Oberbürgermeister von Strasbourg, regiert Frank Scherer, Landrat der Ortenau, auch den Eurodistrikt Strasbourg/Ortenau. So liegt es nahe, dass sich der Landrat mehr als andere Kommunal- und Landespolitiker mit dem politischen Europa und dessen Wirkung bei den Bürgern auseinandersetzt. Im goodnews4-Sommergespräch machte Frank Scherer angesichts der derzeit aufgewühlten Weltlage auf Europa «als Friedensmodell» aufmerksam, das auch «funktioniert».

Eine militärische Lösung sei nicht zwangsläufig, glaubt Frank Scherer, Voraussetzung sei aber, dass man sich «fair und auf Augenhöhe begegne». Dieses soziologische Prinzip gelte auch im Kleinen, im Privatleben etwa, erinnert der nachdenkliche Landrat an die Erfahrungen, die jeder Mensch im unmittelbaren Zusammenleben mit den Nächsten erlebt. Aufgabe der Politik sei es, «religiöse und wirtschaftliche Unterschiede so auszutarieren, dass dies den Frieden erhält oder schafft». Es sei in der grenznahen Ortenau «der Auftrag nach dem Zweiten Weltkrieg» gewesen, «den Frieden zu wahren und dann Freundschaft entstehen zu lassen». Heute jedoch sei der Auftrag, dass «im Bewusstsein bleibt, dass Frieden keine Selbstverständlichkeit ist». Die Motivation aus der «unmittelbaren Schreckenserfahrung» sei nicht vorhanden und «man muss den Menschen vermitteln, was der Frieden bringt, denn erst war der Frieden da und dann kam der Wohlstand».

Die Rolle der Ortenau innerhalb des Oberrheins hält der Landrat naturgemäß für herausragend. Die Ortenau sei nicht nur die industriestärkste Region des Oberrheins, sondern auch touristisch herausragend. Jeder siebte Arbeitsplatz lebe vom Tourismus. Und was in Baden-Baden, Rastatt, Karlsruhe und dem nahen Elsass noch in weiter Ferne liegt, ist dort schon längst Realität: «Ein Nahverkehrsticket für die ganze Ortenau und Strasbourg.» Und Frank Scherer hat eine klare Vision für ein erkennbares Europa an der Basis bei den Bürgern. «Identitäten müssen von unten wachsen bei Gemeinden, Städten, Kreisen und in Eurodistrikten wie Strasbourg/Ortenau», bewegt sich Frank Scherer dicht an der Linie der Erfahrungen bei seinen Bürgern in der Ortenau und den Nachbarn im Elsass − «dort müssen Dinge bewegt werden, die bei den Menschen spürbar sind». Der Eurodistrikt Strasbourg/Ortenau sei bisher ein Erfolgsmodell. «Wir müssen aber einen draufsetzen», blickt er ohne Pathos über das bereits Erreichte nach vorne. «Das Budget von 800.000 Euro ist nicht viel, aber es ist etwas, über das wir mit den Gremien selbst entscheiden können. Dann folgt die Frage nach der nächsten Dimension, der Zukunft, dafür brauchen wir Kompetenzen und ich bin in guten Gesprächen auch mit dem baden-württembergischen Europaminister Friedrich.» Man könne noch viel mehr tun, «aber dafür muss zuerst das Bewusstsein geschaffen werden was es bedeutet, die Europahauptstadt mit dem Europäischen Parlament hier zu haben.» Die Bedeutung gehe über den wirtschaftlichen Nutzen für Gastronomie, Hotelerie und Einzelhandel hinaus. Und Frank Scherer spricht von dem unterschätzten emotionalen Effekt, dass man zusammen mit Strasbourg ein Zentrum Europas ist.

Zu den Politikern und Eliten in der Ortenau hat Frank Scherer ein gutes Verhältnis. Diese reichen von der der Verlegerfamilie Burda bis zum Europaparkgründer Roland Mack. Von Klüngelei hält er aber nichts. «Es ist gut, dass der Bundesfinanzminister hier seinen Wohnsitz hat. Ich habe auch ein herzlich gutes Verhältnis zu ihm, aber wir haben uns kein einziges Mal so abgestimmt, dass er den Lokalpatrioten der Ortenau in Berlin spielte.»

Und der Rheinländer Frank Scherer zeigt schließlich dem weinbanausigen süddeutschen Sommergesprächspartner wo der Bartl den Most holt und empfiehlt für den Rest des Sommers einen Ortenauer Weißburgunder: «Den kann man − wie Sie − mit Wasser verdünnen, wenn es denn sein muss.»

goodnews4-LogoVIDEO anschauen!
goodnews4-Sommergespräch von Christian Frietsch mit Frank Scherer