Aus dem Rathaus Baden-Baden

Neues aus dem Stadtmuseum – Apothekengefäße aus dem Kloster Schwarzach

Neues aus dem Stadtmuseum – Apothekengefäße aus dem Kloster Schwarzach
Apothekentopf aus Schwarzach, um 1760. Foto: Stadtmuseum/Stadtarchiv Baden-Baden

Baden-Baden, 15.04.2020, Bericht: Rathaus In Zeiten, in denen es keine Museums- und Archivbesuche gibt, stellen Heike Kronenwett und Dr. Katja Mikolajczak in lockerer Folge einige Objekte aus dem Stadtmuseum und der Sammlung vor..

Heute: Apothekengefäße aus der Klosterapotheke Schwarzach

Im Bestand des Stadtmuseums Baden-Baden befindet sich ein Ensemble von historischen Apothekengefäßen, das der Stadtrat Hugo von Boemble den Städtischen Sammlungen in ihrem Gründungsjahr 1892 gestiftet hat. Es handelt sich dabei um 54 Apothekenstandgefäße aus Fayence, davon 20 Kannen und 34 Töpfe, die aus der ehemaligen Klosterapotheke der Benediktinerabtei Schwarzach stammen.

Die barocke Offizin (Apothekeneinrichtung) des Klosters stammt aus den 1720er Jahren und gelangte nach der Säkularisation zu Beginn des 19. Jahrhunderts in den Besitz des örtlichen Apothekers, wo sie über mehrere Generationen in Gebrauch blieb. Bei einer Modernisierung der Schwarzacher Apotheke im Jahr 1961 wurde sie entfernt und dem Deutschen Apotheken-Museum in Heidelberg übergeben. Dort ist sie seit nunmehr 60 Jahren Bestandteil der Ausstellung. Während die Einrichtung erhalten blieb, wurden die zugehörigen Apothekengefäße in alle Winde verstreut. Schon Ende des 19. Jahrhunderts gab der Besitzer Stücke in den Kunsthandel oder verkaufte sie. So befinden sich heute etliche Gefäße in verschiedenen Museen und Privatsammlungen. Den größten Bestand an Schwarzacher Apothekengefäßen besitzt jedoch das Stadtmuseum Baden-Baden, das einen Teil dieser Arzneibehältnisse zuletzt bei der großen Medizin-Ausstellung 2013 der Öffentlichkeit präsentierte. Alle Exemplare stammen aus der Produktion der Fayence-Manufaktur Durlach und wurden dort um 1760 hergestellt.

Gemeinsam ist ihnen die Bemalung in Blau. In einer Rocaillekartusche steht in Schwarz eine Inschrift, die Auskunft über den Inhalt des jeweiligen Gefäßes gibt. Bekrönt wird die Kartusche vom Wappen des Klosters Schwarzach: Abtsmitra, eine Hand mit Blütenzweig und Krümme eines Abtsstabes. Während in den Kannen vorwiegend Sirup und Öle aufbewahrt wurden, dienten die Töpfe unterschiedlicher Größe der Aufnahme von Salben, Latwerge (eine eingedickte Saft-Honig-Zubereitung) oder Mus. Das Spektrum der Arzneien reicht von Gänseblümchensirup gegen Husten und Leberleiden, über Ameisenöl, das gegen Rheuma und Gicht, aber auch als Aphrodisiakum helfen sollte, bis zu Menschenfett, mit dem kranke Glieder eingerieben wurden.

Das hier vorgestellte Gefäß trägt die Aufschrift ELECT MITHRID, was nichts anderes als Electuarium Mithridatis bedeutet und nur ein anderer Name für das seit der Antike bekannte Universalheilmittel Theriak ist. Das erste Wort steht für brei- oder musartige Beschaffenheit des Arzneimittels, der Name Mithridates bezeichnet einen kleinasiatischen Herrscher des 2./1. Jahrhunderts vor Christus, der über das an der südlichen Schwarzmeerküste gelegene Königreich Pontos gebot. Die ursprünglich als Antidot gegen Schlangengift entwickelte Arznei enthielt auf Honigbasis zahlreiche Ingredienzien wie Anis und Fenchel, aber auch Opium und Schlangenfleisch. Mithridates soll die Rezeptur erweitert und das Mittel aus Angst vor Giftanschlägen eingenommen haben. Während des ganzen Mittelalters und noch bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts galt Theriak als Wundermittel gegen alle möglichen Krankheiten und wurde auch vorbeugend eingenommen. Klinische Studien konnten allerdings keine therapeutische Wirksamkeit von Theriak nachweisen, sodass die «Königin der Arzneimittel», die für die Medizin zwei Jahrtausende lang unentbehrlich schien, im 19. Jahrhundert allmählich aus dem Arzneischatz verschwand.


Zurück zur Startseite und zu den weiteren aktuellen Meldungen.