Aus dem Rathaus Gernsbach

Serie Gernsbacher History – Spannender Blick ins Stadtarchiv – Radfahrerverein „All Heil“ Gernsbach

Serie Gernsbacher History – Spannender Blick ins Stadtarchiv – Radfahrerverein „All Heil“ Gernsbach
Mitglieder des Radfahrervereins Gernsbach mit dem Banner von 1894 bei einem Umzug in den 1920er Jahren. Foto: Stadtarchiv Gernsbach

Gernsbach, 22.04.2020, Bericht: Rathaus «All Heil» - unter diesem für heutige Ohren etwas seltsam klingenden Namen gab es seit 1892 in Gernsbach einen Radfahrerverein. Seine Blütezeit lag im Kaiserreich und in den Jahren der Weimarer Republik.

Mit Freizeitsport und geselligen Veranstaltungen bereicherte er mehrere Jahrzehnte lang das Vereinsleben der Stadt.

Der früheste Vereinsstempel zeigt noch ein Hochrad. Diese Radform entsprach allerdings schon damals nicht mehr dem Stand der Technik. Seit der zweiten Hälfte der 1880er Jahre hatte sich nämlich das «Sicherheitsniederrad» in kurzer Zeit durchgesetzt. Dennoch ist wahrscheinlich, dass auch in Gernsbach zunächst Hochräder das Straßenbild bereicherten.

Im Juni 1894 feierte der junge Verein seine «Bannerweihe». Die reich bestickte Fahne gehört heute zu den textilen Schätzen des Stadtarchivs. Die Vorderseite ist mit dem Wappen der Stadt Gernsbach und dem Vereinsnamen, die Rückseite nochmals mit einem Hochrad und dem Schriftzug «All Heil» bestickt.

Für das im Rahmen der Feierlichkeiten geplante Tanzvergnügen auf dem Turnplatz neben der damaligen Turnhalle (heutiger hinterer Teil der Stadthalle) wurde eigens die Polizeistunde aufgehoben. Die sportlichen Aktivitäten umfassten eine Preisfahrt und mehrere Straßenrennen zwischen Gernsbach und Hörden. In den Folgejahren standen unter anderem ein «Velociped-Wettrennen» zwischen Gernsbach und Hilpertsau sowie ein abendliches «Lampen-Corso-Fahren» auf dem Programm des seinerzeit um die 35 Mitglieder zählenden Vereins.

Die wenigen weiteren Nachrichten zur Vereinshistorie legen nahe, dass wenigstens zur Kaiserzeit das Gesellige breiten Raum einnahm, so gab es Tanzkränzchen und zur Fastnachtszeit wiederholt Maskenbälle, für die die Polizeistunde auf vier und sogar sechs Uhr morgens verlängert wurde.

Natürlich wurde auch fleißig Rad gefahren. 1925 gewann der Verein den «1. Preis mit goldener Medaille» bei einem Wertungsfahren des benachbarten Radfahrervereins «Immermunter» Rotenfels. Dass einzelne Radler auch stolze Strecken zurücklegten, belegt eine Auszeichnung des Süddeutschen Radfahrer-Bundes für Ernst Kugel, der 1933 während einer Saison bestätigte 549 Kilometer abstrampelte, darunter als Königsetappe 177 Kilometer über Karlsruhe nach Speyer und zurück.

Danach verlieren sich die Nachrichten. Sicher ist nur, dass der Radfahrerverein nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der damit zunächst verbundenen Sistierung aller Vereinsaktivitäten nicht wiedergegründet wurde.


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