Aus dem Rathaus Baden-Baden

Ein bisschen Kultur in der Corona-Krise – Schwalbenfliesen aus dem Kaiserin-Augusta-Bad

Ein bisschen Kultur in der Corona-Krise – Schwalbenfliesen aus dem Kaiserin-Augusta-Bad
Blick in den Heißluftraum des Kaiserin-Augusta-Bades, Foto: Stadtmuseum/Stadtarchiv Baden-Baden

Baden-Baden, 31.03.2020, Bericht: Rathaus In Zeiten, in denen die Menschen auf Museums- und Archivbesuche verzichten müssen, stellen Dr. Katja Mikolajczak und Heike Kronenwett in lockerer Folge einige Objekte aus dem Stadtmuseum und der Sammlung vor. Heute die Schwalbenfliesen aus dem Kaiserin-Augusta-Bad.

Dieses Fliesenbild aus der Dauerausstellung des Stadtmuseums zählt zu den wenigen erhaltenen Ausstattungsstücken, die noch heute von einem der prunkvollsten Badepaläste der Kurstadt zeugen: dem Kaiserin-Augusta-Bad. Errichtet unter der Leitung des badischen Baudirektors Josef Durm im Stil des Historismus öffnete es 1893 seine Pforten.

Bereits 70 Jahre später wurde das Bad als veraltet angesehen und abgerissen. Die reich verzierte Architektur der Kaiserzeit passte nicht zum Zeitgeschmack der 1960er Jahre.

Die geretteten Fliesen zeigen in leuchtenden Blautönen auf weißem Grund Schwalben und Bienen umgeben von Laubwerk, dessen Blätter, Zweige und Früchte nach dem Vorbild einer Platane gestaltet sind. Ursprünglich zierten sie einen Heißluftraum, von denen das Augustbad gleich zwei besaß. Außerdem verfügte das Bad über mehrere Wannenbäder, ein Warmwasserbad, ein Schwimmbad, ein Dampfbad, einen Massageraum und Säle für die sogenannte Heilgymnastik.

1885 begannen die Planungen zur Errichtung der Badeanstalt am Römerplatz als nur für weibliche Besucher bestimmtes Gegenstück zum Friedrichsbad. Ehrengäste der feierlichen Eröffnung am 28. Juni 1893 waren Großherzog Friedrich I. von Baden und seine Gemahlin Großherzogin Luise, Tochter der Namensgeberin Kaiserin Augusta.

Das Vestibül war sehr aufwendig mit Reliefs, Malereien und Skulpturen ausgestattet. Der runde Schwimmsaal war überkuppelt sowie mit bunten Fliesenbildern dekoriert, welche Pfauen zeigen und heute ebenfalls in der Dauerausstellung des Stadtmuseums bewundert werden können. Das Aussehen dieser beiden besonders repräsentativen Räume überliefern zahlreiche Druckgrafiken und Fotografien.

Zu dem Heißluftraum hingegen, den die Schwalbenfliesen zierten, existieren kaum Bildquellen. Im Stadtarchiv findet sich lediglich ein Schwarz-Weiß-Foto des leeren Raumes. Es verdeutlicht die ursprüngliche Dimension der Schwalbendarstellung, die sich in einem breiten Streifen über alle vier Wände zog. Ebenso ist in einer Ecknische ein Trinkwasserbrunnen zu erkennen. In dem Raum konnten die Badegäste wie in einer Sauna bei hohen Temperaturen ruhen, dazu war er mit hölzernen Liegen und Lehnstühlen ausgestattet. Diese Einrichtung des Heißluftbades dokumentieren seltene Filmaufnahmen, die vom damaligen Südwestfunk kurz vor Abbruch des Gebäudes gemacht wurden.

Die gefliesten Wandbilder und Friese des Kaiserin-Augusta-Bades wurden von der Firma Utzschneider und Cie. aus Saargemünd aus Steingut gefertigt. Das Unternehmen war bekannt für die Herstellung prachtvoller, großformatiger keramischer Fresken und unterhielt für deren Entwürfe seit den 1880er Jahren ein Atelier in Paris.

Dass die Schwalbenfliesen, die sich großflächig über einen ganzen Raum erstreckten, seriell produziert wurden, ist an der Wiederholung des Musters zu sehen. Das Dekor setzt sich so aus neun unterschiedlichen Teilen zusammen, dass es beliebig erweitert werden kann.

Die ornamentale Darstellung der Vögel, Blätter und Zweige mit geschwungenen Umrissen lassen Einflüsse asiatischer Kunst erkennen. Dieser Exotismus entspricht der Mode ihrer Entstehungszeit. Nachdem sich Japan in den 1860er Jahren für den Westen öffnete und das Land auf mehreren Weltausstellungen vertreten war, entwickelte sich in Europa eine förmliche Japanbegeisterung. Sie fand ihren Niederschlag in zahlreichen Werken der bildenden Kunst und des Kunsthandwerks.


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