Aus dem Rathaus Baden-Baden

Kunstprojekt Großherzogin von Baden Stéphanie de Beauharnais – Thilo Westermann und Deniz Ohde neue Baldreit-Stipendiaten

Kunstprojekt Großherzogin von Baden Stéphanie de Beauharnais – Thilo Westermann und Deniz Ohde neue Baldreit-Stipendiaten
Arbeit des Bildende Künstlers Thilo Westermann. Foto: Thilo Westermann

Baden-Baden, 24.04.2020, Bericht: Rathaus Die Auswahl ist getroffen: Bereits Ende Februar hat sich die 12-köpfige Jury des Baldreit-Stipendiums aus einer großen Zahl von Bewerbungen für zwei Stipendiaten entschieden. Über 140 Bewerbungen aus den Bereichen Literatur, Bildende Kunst und Komposition sind eingegangen.

Zur persönlichen Vorstellungsrunde wurden neun Künstler eingeladen, die sich in 30 Minuten der Jury präsentieren konnten.

Der Bildende Künstler Thilo Westermann wird nun am 1. Mai nach Baden-Baden kommen. Er arbeitet mit Hinterglasmalerei. Aus schwarz grundierten Glasplatten ritzt er in konzentrierter und meditativer Arbeit kostbare, barock anmutende Blumenstilleben heraus. Das hört sich alles nach hoch perfektionierter Handwerkskunst an. Doch in Wahrheit geht es Thilo Westermann um Auseinandersetzungen mit dem Diskurs des Bildes, des Bild- und Abbildhaften. Denn die kleinen Glasplatten werden fotomechanisch reproduziert und zum Teil stark vergrößert, bis hin zu überdimensionalen Ausschnitten, bei denen das Konkrete ins Abstrakte vergeht. Gleichzeitig arrangiert der Künstler mit Hilfe des Computers Präsentationsarrangements seiner Glasbilder, die wiederum Bild- und Raumszenarien werden. Wie solche Bilder wahrgenommen werden, hängt eben immer auch von ihren Kontexten ab. Insofern kann man Westermanns Arbeiten als Kontextkunst und konzeptuelles Vorgehen begreifen. Für seinen Stipendiums-Aufenthalt in Baden-Baden wird er sich wiederum mit einer lokal gegebenen Bildgröße befassen, dem Porträt der Großherzogin von Baden, Stéphanie de Beauharnais (1789 bis 1860), das er bei einem früheren Baden-Baden-Aufenthalt entdeckt hat. Mit seinen Bildmethoden und -techniken wird er dabei die sozialen Rollen und Funktionen sowie die Geschlechterrollen und -identitäten als Bildkonzeptionen befragen.

Ab Oktober wird die Autorin Deniz Ohde ins Baldreit einziehen. In ihrem Debütroman «Streulicht», der im August im renommierten Suhrkamp Verlag erscheint, erzählt die 1988 in Frankfurt am Main geborene und heute in Leipzig lebende Autorin von den Herausforderungen eines Arbeiterkindes, das sich aus seinem Milieu herauszuarbeiten versucht und dennoch von einer verinnerlichten Abwertung des eigenen Umfelds geprägt ist. Es geht in Ohdes literarischen Arbeiten um die feinen Unterschiede in der Gesellschaft, in der zwar ein Bildungsversprechen propagiert, aber oft nicht eingelöst wird. Ruppig sind die Verhältnisse, in denen die Protagonisten der jungen Schriftstellerin leben, feinsinnig hingegen ihre Sprache. In Baden-Baden wird Deniz Ohde an ihrem zweiten Roman arbeiten, der von einer Beziehung erzählt, die von Gewalt geprägt ist. Ein ernstes Thema, das mit der Frage verknüpft ist, ob möglicherweise auch der Weg in ein Kloster helfen könnte, sich aus dem Gewaltzusammenhang zu befreien. Deniz Ohde ist eine vielversprechende literarische Stimme, von der man noch viel hören wird. 2016 war sie Finalistin des 24. «open mike», des «10. poet bewegt»- Literaturwettbewerbs und 2017 Stipendiatin des 21. Klagenfurter Literaturkurses. 2019 stand sie auf der Shortlist für den Wortmeldungen-Förderpreis. Beide Stipendiaten bekommen zur Begrüßung ein Starter-Paket zum freien Eintritt in verschiedene kulturelle Einrichtungen. Die Stadt freut sich über künstlerische Begegnungen mit beiden Stipendiaten.

Das 1988 erstmals ausgeschriebene Baldreit-Stipendium zählt inzwischen zu einer festen Größe im kulturellen Betrieb der Stadt Baden-Baden. Auch über die Landesgrenzen hinaus ist es sehr beliebt. Mehr als 30 Künstler lebten und arbeiteten hier seither – einige davon sind inzwischen sehr erfolgreich. Bereits von Beginn an unterstützt die Sparkasse Baden-Baden Gaggenau das Stipendium mit dem monatlichen Stipendiat. Die Stadt Baden-Baden stellt eine Wohnung im Baldreit kostenfrei zur Verfügung. Für jeweils sechs Monate haben die Künstler die Möglichkeit, sich hier ihrem künstlerischen Schaffen zu widmen und hier zu leben.


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