Diskussion um Windkraft in Baden-Baden geht weiter

Schlagabtausch zur Windkraft in Baden-Baden - „Frau Böhlen irrt sich gewaltig“ - Erklärung der Bürgerinitiative „Windkraftfreies Grobbachtal"

Baden-Baden, 13.01.2018, Bericht: Redaktion Weiter bläst bei der Diskussion um die Windkraft in Baden-Baden eine steife Brise.

Während die grüne Stadträtin und Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat Bea Böhlen der CDU in einem Statement von gestern den nötigen Sachverstand abspricht, meldete sich die Bürgerinitiative «Windkraftfreies Grobbachtal» mit einer umfassenden Erklärung zu Wort.

Die Erklärung der Bürgerinitiative «Windkraftfreies Grobbachtal» vom 12. Januar im Wortlaut:

Die durch Beate Böhlen aufgeworfene Frage, ob das neu anzuwendende Interimsverfahren tatsächlich zu höheren Abständen von Windkraftanlagen, WKA zu Wohngebäuden in Baden-Württemberg führen wird, ist eine unnötig gezündete Nebelkerze. Wir als Bürgerinitiative «Windkraftfreies Grobbachtal» lassen seit unserer Gründung vor drei Jahren wissenschaftliche und nachprüfbare Fakten sprechen, jederzeit nachzulesen auf www.windkraftfreiesgrobbachtal.de. Damit konnten wir die Mehrheit des Baden-Badener Gemeinderats sowie die Gemeinderäte in Bühl und Bühlertal überzeugen.

Vorweg: In Baden-Württemberg wird die Anwendung des neuen Interimsverfahrens in den meisten Fällen zu weitaus größeren Abständen zwischen WKA und Wohngebäuden führen. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand. Zum einen hat Baden-Württemberg weltweit bislang mit die geringsten Abstandsregelungen, nur 700 Meter, in Einzelfällen sogar noch weniger, zum anderen stehen in Baden-Württemberg aufgrund der geringen Windhöffigkeit die höchsten Windenergieanlagen, bis zu 240 Meter hoch. Da diese aufgrund der schwachen Windverhältnisse auch auf Bergen in der Vorgebirgszone errichtet werden, breitet sich der Lärm der Anlagen sehr ungünstig für die in den Tälern wohnenden Menschen aus.

Dies alles ist der Wissenschaft längst klar. Die Politik in Baden-Württemberg braucht jedoch offenbar erst Gerichtsurteile, um ihr Handeln zu ändern. Der TÜV-Nord erläutert die Auswirkungen des neuen Interimsverfahrens für die Planungen von WKA sehr deutlich. So ist grundsätzlich bei Windkraftanlagen mit bis zu 3-6 db,A, höheren Lärmpegeln zu rechnen. Diese Feststellung deckt sich im Übrigen mit Untersuchungen des Verbandes der deutschen Ingenieure, VDI, aus dem Jahr 2016. Der TÜV-Nord führt aus, dass dies in der Praxis eine Verschiebung der Abstände von Windkraftanlagen zu Wohngebieten um bis zu 700–800 Metern bedeutet. Wenn nun die Stadträtin und Landtagsabgeordnete Böhlen öffentlich behauptet, dass sich an den Abständen nichts oder nur geringfügig etwas ändert, kann man sich nur wundern. Es darf bezweifelt werden, ob Beate Böhlen eine höhere Fachexpertise als Wissenschaftler und der TÜV-Nord für sich reklamieren kann. Da die Gerichte bereits einschlägige Urteile zugunsten der Auffassung des TÜV-Nord gesprochen haben, ist es schlussendlich aber auch egal, was Frau Böhlen als wahr erachtet. Glücklicherweise arbeiten die Gerichte unabhängig.

Zitat aus einem uns vorliegenden Gerichtsurteil: «Die LAI, Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz, hatte in den Hinweisen zum Schallimmissionsschutz bei Windkraftanlagen aus dem Jahr 2005 für die Schallausbreitungsrechnung von Windenergieanlagen das nach Nummer A.2.3.4 der Anlage zur TA-Lärm anzuwendende ‘Alternative Verfahren’ der DIN ISO 9613-2 empfohlen. Dies gilt für die Berechnung der Schallausbreitung bei bodennahen Quellen, bis 30 m mittlere Höhe. Zur Anpassung des Prognoseverfahrens auf hochliegende Quellen hat der Normausschuss Akustik, Lärmminderungen und Schwingungstechnik, NALS, auf Basis neuerer Untersuchungsergebnisse und auf Basis theoretischer Berechnungen ein ‘Interimsverfahren’ veröffentlicht. Für WKA als hochliegende Schallquellen, > 30 m, sind diese neueren Erkenntnisse im Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen. Das ‘Interimsverfahren’ verzichtet in Abgrenzung zum ‘Alternativen Verfahren’ im Kern auf die Berücksichtigung von Bodendämpfungen und kann so zu höheren Immissionswerten führen. »

Bei all den Diskussionen, die sich mehr um grüne Ideologien als um den Schutz der betroffenen Bürger drehen, darf man folgendes nicht außer Acht lassen: Nach wie vor haben wir eine veraltete TA-Lärm, die völlig ungeeignet ist, den von Windenergieanlagen verursachten Lärm richtig zu bewerten. Für die Menschen gesundheitlich äußerst gefährlicher, nicht hörbarer Infraschall wird von der TA-Lärm überhaupt nicht berücksichtigt. Dies sind keine Horrorfantasien, sondern ist mittlerweile wissenschaftlich belegt. Man kann nur hoffen, dass es nicht wie beim Thema Asbest und PFC Jahre dauert, bis die Politik von Gerichten gezwungen wird, die Menschen ausreichend zu schützen.

Die Baden-Badener Bürger haben zurecht die Erwartung, dass politische Verantwortungsträger − insbesondere auf kommunaler Ebene − den Schutz der Gesundheit und Lebensqualität der hier lebenden Menschen in den Mittelpunkt ihres politischen Handelns stellen.


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