Aus dem Landratsamt Karlsruhe

Resümee zur Corona-Situation in Karlsruhe – Landrat Schnaudigel sieht Personalbedarf im öffentlichen Gesundheitsdienst vor zweiter Welle

Resümee zur Corona-Situation in Karlsruhe – Landrat Schnaudigel sieht Personalbedarf im öffentlichen Gesundheitsdienst vor zweiter Welle
Vlnr: Dr. Wagner, Leiter der Abteilung Infektionsschutz im Gesundheitsamt, Landrat Schnaudigel und OB Mentrup während der Pressekonferenz zur aktuellen Lage. Foto: Landratsamt Karlsruhe

Karlsruhe, 05.06.2020, Bericht: Redaktion Die Corona-Pandemie ist weiterhin das beherrschende Thema. Nach den zahlreichen Lockerungen der vergangenen Woche zogen Landrat Christoph Schnaudigel und Oberbürgermeister Frank Mentrup gestern ein Resümee.

Ulrich Wagner, Leiter der Abteilung Infektionsschutz im Gesundheitsamt, gab einen kurzen Überblick über die aktuelle Lage: die Zahl der Neuinfektionen im Stadt und Landkreis Karlsruhe hat sich aktuell auf einem niedrigen Niveau stabilisiert, der Fokus der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheitsamtes liegt weiterhin auf der Nachverfolgung von Kontaktpersonen. Um das sogenannte Containment weiterhin effektiv betreiben zu können, soll dieser Bereich kurzfristig personell verstärkt werden, wie Landrat Christoph Schnaudigel mitteilte. Lokal und zielgruppenspezifisch schnell zu reagieren, ist bei einem Wiederanstieg der Corona-Infektionszahlen das Gebot der Stunde. Darin waren sich Oberbürgermeister Frank Mentrup und Landrat Christoph Schnaudigel einig. «Jüngste Erkenntnisse einer Wissenschaftsgruppe des KIT zur Dynamik der Infektionsentwicklung auf Basis der bekannten Infektionszahlen in unserem Stadt- und Landkreis lassen den Schluss zu, dass wir vor Ort deutlich unterhalb der 35er und 50er Grenze zügig Maßnahmen ergreifen müssen, um weiterhin vergleichsweise gut durch die Krise zu kommen», betonte Oberbürgermeister Frank Mentrup. Daher werde man die 35/50er Grenze, bezogen auf positive Testungen/100.000 Einwohner/sieben Tage, für den Stadt- und Landkreis entsprechend anpassen. Für dieses Vorgehen hatte sich Oberbürgermeister Frank Mentrup auch in einem Schreiben an Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Gesundheitsminister Manfred Lucha letzte Woche im Nachgang eines Austauschs von Oberbürgermeistern und Landräten mit der Landesspitze zu aktuellen Themen zur Corona-Pandemie eingesetzt. «Ich erwarte, dass eine solche Vorgehensweise von der Landesregierung dann mitgetragen wird», hatte der Oberbürgermeister mit Verweis auf die lokalen Erfahrungen das Land um die politische Unterstützung für diese Strategie gebeten. «Dies kann jedoch nur gelingen, wenn wir ausreichend Personal zur Verfügung haben. Für die Stärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes müssen jetzt sofort die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden und nicht erst nach der Sommerpause, denn dann wird die zweite Welle erwartet und wir können nicht erst dann in die Personalgewinnung einsteigen», appellierte Landrat Christoph Schnaudigel eindringlich an die Landespolitik.

«Wir müssen sofort und umfassend lokal beziehungsweise zielgruppenspezifisch bei neuen Hotspots mit Gegenmaßnahmen reagieren können», bekräftigten die beiden. Bei einer diffusen Infektionsentwicklung müsse bereits spätestens ab der 20er Grenze mit allgemein gültigen Einschränkungen reagiert werden. «Die mit Zahlen des Gesundheitsamtes gespeiste, modellhafte Betrachtung des KIT belegt, dass es etwa drei Wochen dauert, bis eine exponentiell ansteigende Infektionsentwicklung wie im März/April durch ein Gegensteuern ausgebremst wird», so Frank Mentrup. Für eine 50er Grenze hieße dies, dass am Peak des Geschehens «unsere aufgebauten Krankenhauskapazitäten am Limit, aber gerade noch ausreichend wären».

Die Auswirkungen auf das Gesundheitsamt skizzierte der Landrat folgendermaßen: «Die Zahl von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen bedeuten für den Landkreis ein Eingreifen bei 222 Neuinfektionen, für die Stadt Karlsruhe bei 157 Neuinfektionen. Nimmt man die durchschnittliche Zahl an Kontaktpersonen pro infizierter Person hinzu, wären das wöchentlich 2.800 Kontaktpersonen. Zusammen mit den neu Infizierten ergibt das eine Summe von 3.200 Fällen, die jede Woche neu bearbeitet werden müssen. Das ist mit dem derzeitigen Personalbestand nicht zu leisten», so die klare Botschaft des Landrats. Er fordert deshalb das Land auf, schnellstmöglich die finanziellen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit das erforderliche Personal zeitnah gewonnen werden kann.

Unterstützung erwarten Stadt und Landkreis vom Land auch für die hiesigen Kliniken, so etwa das Klinikum Karlsruhe – neben dem Gesundheitsamt weitere wesentliche Akteure an der Krisen-Front. So müssen kommunale Krankenhäuser der Maximalversorgung wie das Städtische Klinikum Karlsruhe ähnlich gefördert werden im Kontext von Corona wie dies für die Universitätskliniken vorgesehen ist, fordert OB Mentrup für den Stadt- und Landkreis. Das Städtische Klinikum Karlsruhe hat sich im März in ein «Normal-Krankenhaus» und ein «Corona-Krankenhaus» umstrukturiert. «Es erfüllt denselben medizinischen Qualitätsstandard in der Patientenversorgung wie eine Uni-Klinik», so Mentrup: «Im Bedarfsfall hätten wir unsere Beatmungskapazitäten mehr als verfünffachen können. Auch bei schwierigstem Verlauf hätten wir nicht Notzelte oder kurzfristig geschaffene Übergangskapazitäten für Intensivpatienten gebraucht, allenfalls für die Anschlussbehandlung.» Zu wissen, dass genügend Betten vorgehalten werden, ist für die Menschen im Stadt- und Landkreis beruhigend – durch jedes leere «Corona-Bett» entstehen aber auch Kosten. «Der Bund zahlt jedoch nur einen Ausgleich von rund 550 Euro, es entstehen aber Kosten von rund 750 Euro», sehen Mentrup und Schnaudigel hier politischen Handlungsbedarf. «Die Kliniken im Stadt- und Landkreis haben in dieser herausfordernden Zeit Herausragendes geleistet und waren bestens vorbereitet. Glücklicherweise ist der worst case nicht eingetreten. Es kann jedoch nicht sein, dass die Kliniken dafür die Kosten zu tragen haben», monierte der Landrat.

Die allgemeine finanzielle Situation nahm Landrat Christoph Schnaudigel in den Blick. «Die beschlossenen Entlastungen für die Kommunen zeigen in die richtige Richtung, insbesondere der angekündigte Verzicht auf die Gewerbesteuerumlage sowie die Beteiligungen an den Kosten der Unterkunft. Sollten zudem spezielle Förderprogramme aufgelegt werden, muss auf den kommunalen Eigenfinanzierungsanteil verzichtet werden. Ebenso benötigen wir Erleichterungen im kommunalen Wirtschaftsrecht, insbesondere im Hinblick auf Verschuldung und Erwirtschaftung von Abschreibungen, damit die Kommunen handlungsfähig bleiben», so seine Forderung.


Zurück zur Startseite und zu den weiteren aktuellen Meldungen.