Gastkommentar

Grundsteuer zeigt wie schwerfällig der deutsche Tanker in Sachen Digitalisierung dümpelt – Gastkommentar von Thomas Bippes

Grundsteuer zeigt wie schwerfällig der deutsche Tanker in Sachen Digitalisierung dümpelt – Gastkommentar von Thomas Bippes

Bild Thomas Bippes Kommentar von Thomas Bippes
03.02.2023, 00:00 Uhr



Baden-Baden In unregelmäßigen Abständen veröffentlicht goodnews4.de Beiträge von Gastkommentatoren. Zum engeren Kreis gehören der Baden-Badener Bestsellerautor Franz Alt und Thomas Bippes, der sich insbesondere den Themen der Digitalisierung, IT und Künstlichen Intelligenz zuwendet.

Thomas Bippes war in der Zeit von 1998 bis 2006 Pressesprecher von Fraktion und Partei der CDU Rheinland-Pfalz und ist heute Professor für Medien- und Kommunikationsmanagement an der SRH Fernhochschule – The Mobile University sowie Gesellschafter einer Online Marketing Agentur in Baden-Baden. Das Handwerkszeug für professionelles Online-Marketing lernte der Kommunikationsexperte im Presse- und Informationsstab des Bundesministeriums der Verteidigung, als Referent und Pressesprecher von Landtagsfraktionen sowie als Chefredakteur und Verleger von Mitgliedermagazinen für Institutionen und Verbände.

Kommentar: Thomas Bippes Anhand der Reform der Grundsteuer zeigt sich gerade exemplarisch, wie schwerfällig der deutsche Tanker in Sachen Digitalisierung dümpelt – mit dramatischen Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit des Landes und den Wirtschaftsstandort Deutschland.

Seit Jahren stehen sich wechselnde Koalitionen in Sachen digitaler Verwaltung und digitalem Fortschritt gegenseitig auf den Füßen, fehlen klare Zuständigkeiten und Prioritätensetzung auf dieses wichtige Zukunftsthema. Tatsächlich zerfleddert die – eigentlich gar nicht vorhandene – Digitalstrategie der Bundesregierung zwischen allen Ressorts, die irgendwie vor sich hin wurschteln und in der Summe nichts zustande bringen.

 

Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen erledigen Aufgaben der Verwaltung

Um es zu veranschaulichen: Fast ein Drittel der eingeforderten Erklärungen zur Grundsteuer sind bisher nicht eingegangen. Bayern sah sich genötigt, die Frist zur Abgabe kurz vor Toresschluss nochmals hektisch zu verlängern. Auch in Baden-Württemberg schließt sich nach der offiziellen Frist eine Kulanzzeit an. Wer seine Erklärung noch nicht abgegeben hat, der kann das also noch nachholen.

Wer die Grundsteuererklärung ausgefüllt hat, puzzelt Daten zusammen, die bei den Behörden längst vorhanden sind. Wieder einmal muss der Datenschutz als vorgeschobenes Argument herhalten, damit die Eigentümerinnen und Eigentümer die Arbeit der Verwaltung erledigen. Mit dem notwendigen Verständnis und Engagement hätte man auf Basis der Datenschutzgrundverordnung längst einen Austausch von Daten zwischen Ämtern organisieren können. Zu Recht fragen sich viele Bürgerinnen und Bürger, warum sie eigentlich Steuern zahlen, wenn sie die Arbeit der Verwaltung erledigen müssen. Erst recht fragen sich das die Unternehmen im Land, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorhalten müssen, nur um die bürokratischen Anforderungen des Staates erfüllen zu können. Diese erwirtschaften nichts für das Unternehmen, sondern sind der verlängerte Arm der unzureichend digitalisierten Verwaltung. All das nährt das wachsende Gefühl, dass in diesem Land immer weniger funktioniert.

Das Megathema Digitalisierung ruht still zwischen Ressorts, Aktenbergen und Faxgeräten

Das Onlinezugangsgesetz, das 2017 beschlossen wurde, erweist sich ebenfalls als digitale Luftnummer. Eigentlich sollten demnach bis 2022 insgesamt 575 Behördengänge digital vonstattengehen können. Tatsächlich sind es gerade einmal etwas mehr als 30. Auch hier wird der Datenschutz als Totschlagargument angeführt. Der gesamtwirtschaftliche und gesamtgesellschaftliche Flurschaden, der durch die Manövrierunfähigkeit des Tankers Deutschland in Sachen Digitalisierung entsteht, ist enorm. Das Metathema Digitalisierung bleibt zwischen unklaren Zuständigkeiten, Aktenbergen und Faxgeräten liegen – und Deutschland hängt sich selbst immer weiter ab.


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