Aus dem Festspielhaus Baden-Baden

Echo Rising Stars und „Erfinder“ der Streichquartette im Festspielhaus – Goldmund Quartett am 2. Advent

Echo Rising Stars und „Erfinder“ der Streichquartette im Festspielhaus – Goldmund Quartett am 2. Advent
Streichquartette von Haydn, Tabakova und Schostakowitsch spielt das Goldmund Quartett am 2. Advent im Festspielhaus. Foto: Gregor Hohenberg

Baden-Baden, 28.11.2019, Bericht: Festspielhaus Streichquartette von Haydn, Tabakova und Schostakowitsch spielt das Goldmund Quartett am 2. Advent, dem 8. Dezember 2019.

In der Matinee um 11 Uhr spannen die Echo Rising Stars im Festspielhaus einen Bogen vom «Erfinder» der Streichquartette Joseph Haydn über Dmitri Schostakowitsch zu einer für sie erstellten Auftragskomposition von Dobrinka Tabakova. Drei Streichquartette wird das Goldmund-Quartett im Festspielhaus aufführen, je eins von Haydn und Schostakowitsch, dazu die Echo Rising Star Auftragskomposition für das Goldmund-Quartett von Dobrinka Tabakova.

Die britisch-bulgarische Komponistin hat ihr Stück «The Smile of the Flamboyant Wings» nach einem Gemälde von Joan Miró benannt. Das Bild soll nicht eins zu eins in Musik übersetzt werden, vielmehr verweist die Komponistin in ihrem Werk auf allgemeinere Analogien, etwa zum Wechselspiel zwischen bemalten und freien Leinwandflächen. Joseph Haydn und Dmitri Schostakowitsch sind als eminente Streichquartett-Komponisten bekannt geworden, als Musiker, die die Gattung in den Mittelpunkt ihres Denkens rückten, mehr noch: Joseph Haydn hat das Streichquartett als eigenständige Gattung erfunden. Wenn Schostakowitsch sein drittes Streichquartett in der Tonart F-Dur anlegt, dann beschwört er bewusst Haydns Epoche. Noch eine weitere Parallele sei hier vorweggenommen: Die klassizistische Anmutung der Tonarten F-Dur und D-Dur, die Tonart von Haydns Quartett Op. 76. Nr. 5, führt einerseits auf die richtige Spur, andererseits jedoch auch in die Irre. Die vermeintlich leichte, heitere Dur – Klangsprache bildet nur den Rahmen. Im Mittelpunkt der beiden in der Matinee zu hörenden Quartette steht ein tief empfundener langsamer Satz.

Man ist so gewohnt, die Streichquartette Beethovens als Höhepunkt der Gattung anzusehen, dass man vergisst, dass Joseph Haydn, der Erfinder dieser Gattung, bereits in vergleichbare Sphären vorgedrungen war. Seine sechs Streichquartette Op. 76 von 1796 sind absolute Meisterwerke. Haydn findet in ihnen zu einem sinfonischen Quartettstil, der andererseits höchst persönlich, ja geradezu intim werden kann. Das fünfte dieser Quartette und damit das, welches vom Goldmund-Quartett am 2. Advent im Festspielhaus vorgestellt wird, beginnt ausnahmsweise mit einem harmlos-klassizistischen Variationensatz im 6/8-Takt – jedoch nur, um den Boden zu bereiten für das Zentrum des Quartettes, den langsamen Satz. Dass dieser in Fis-Dur steht, bezeugt seine weltentrückte Stellung. Der Satz ist ein Gebet, in dem Haydn gegen Ende Mozart weniger zitiert als vielmehr beschwört – als eine alte Erinnerung an den verstorbenen jüngeren Freund. Haydns Satz ist so schön, dass er wiederum selbst beschworen wurde, von Beethoven im langsamen Satz seines Quartetts Nr. 7 Op. 59, 1.

Das «Harmlos-Klassizistische» prägt auch die Sprache von Schostakowitschs drittem Quartett. Wobei hier «harmlos» schon deshalb nicht stimmt, weil der sowjetische Komponist sich mit seinem Bezug auf die «dekadente Adelsmusik» in große persönliche Gefahr brachte. Das Quartett wurde 1946 vollendet, es ist das Schwesterwerk zu der ebenfalls «klassizistischen» neunten Sinfonie des Komponisten. Beide Werke wenden sich plakativ ab vom heroischen Tonfall, der nach dem Sieg gegen Nazi-Deutschland erwartet wurde. Eine solche Musik glich einer Befehlsverweigerung und wurde üblicherweise auch so geahndet. Nichts an ihr feiert den Kriegshelden Stalin, in Gegenteil: Der langsame Satz, ein Adagio, ist eine Totenklage. Bereits seit nunmehr 10 Jahren überzeugt das Goldmund Quartett in ihren Interpretationen der großen klassischen und modernen Werke der Quartettliteratur. Ihre Innerlichkeit, die unglaublich feine Intonation und die bis ins kleinste Detail erarbeiteten Phrasierungen finden weltweit ein Publikum. Das Goldmund Quartett ist Preisträger des Bayerischen Kunstförderpreises und des Karl-Klinger Preises des ARD-Wettbewerbs 2016. Das Goldmund Quartett erhielt 2018 Preise der International Wigmore Hall String Competition und der Melbourne International Chamber Music Competition und wurde von der European Concert Hall Organisation zu Rising Stars der Saison 2019/20 ernannt. Die Rising Star Tournee führt die vier Musiker in die großen Säle Europas wie die Philharmonie de Paris, Amsterdam Concertgebouw, Palais des Beaux-Arts de Bruxelles, Konzerthuset Stockholm, Wiener Konzerthaus und natürlich das Festspielhaus Baden-Baden. Weitere Höhepunkte der Saison sind Tourneen in Schweden und Australien sowie Auftritte bei den Frankfurter Museumskonzerten und der Streichquartett-Biennale Amsterdam. 2016 erschien die Debut-CD des Quartetts mit Werken Haydns und 2018 spielten sie Werke von Schostakowitsch bei Berlin Classics ein.

Weitere Informationen und Tickets: www.festspielhaus.de
Persönliche Beratung und Reservierungen: Tel. 07221 / 30 13 101


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