Folgen der PFC-Affäre

Bürgerinitiative "Sauberes Trinkwasser" erhebt Vorwürfe gegen Gesundheitsverwaltung – „Risikogruppen in Kuppenheim, Gernsbach, Gaggenau-Selbach und Rastatt-Förch sollen Trinkwasser meiden“

Bürgerinitiative "Sauberes Trinkwasser" erhebt Vorwürfe gegen Gesundheitsverwaltung – „Risikogruppen in Kuppenheim, Gernsbach, Gaggenau-Selbach und Rastatt-Förch sollen Trinkwasser meiden“
Im Stadtkreis Baden-Baden sind 331 Hektar Fläche mit PFC belastet. Foto: Archiv

Baden-Baden, 18.12.2019, Bericht: Redaktion In einer schriftlichen Erklärung erhebt die «Bürgerinitiative Sauberes Trinkwasser für Kuppenheim» Vorwürfe gegen die Gesundheitsverwaltung und macht die Bevölkerung auf Gefahren aufmerksam.

Das Schreiben der Bürgerinitiative im Wortlaut:

Die Bürgerinitiative Sauberes Trinkwasser für Kuppenheim e.V. (BSTK) sieht sich – nach Bestätigung durch das Umweltbundesamt – veranlasst, den Risikogruppen (Säuglinge, Kleinkinder, Jugendliche, Schwangere, stillende Mütter, Kranke) zu empfehlen, das Trinkwasser des Wasserversorgungsverbands Vorderes Murgtal zu meiden und vorläufig auf Flaschenwasser umzustellen.

Entgegen der Auffassung der Verantwortlichen des Wasserversorgungsverbands und des Leiters des Gesundheitsamts Rastatt hat der zuständige Toxikologe des Umweltbundesamts auf Anfrage der BSTK eindeutig und unmissverständlich erklärt: «Bis zur Verabschiedung neuer Leitwerte empfehlen wir die vorsorgliche Verwendung von Flaschenwasser für die von Ihnen angesprochenen Risikogruppen».

Hintergrund sind zum einen die kontinuierlich gestiegenen PFC-Werte im Trinkwasser des Wasserversorgungsverbands Vorderes Murgtal und zum anderen die Empfehlungen der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit), der sich das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) angeschlossen hat, wonach die wöchentlich tolerierbare Menge (TWI) an PFOA 6 Nanogramm pro Kilogramm Körpergewicht nicht überschreiten soll.

«Nach diesen Vorgaben haben wir mit den Trinkwasserwerten des Zweckverbands Berechnungen angestellt und sind zu dem besorgniserregenden Ergebnis gekommen, dass die TWI-Werte für Säuglinge (bei Flaschenzubereitung) um bis zu 900 Prozent überschritten werden», so Andreas Adam, der 2. Vorsitzende der BI. «Auch wenn die Leit- und Orientierungswerte von der Trinkwasserkommission des Umweltbundesamtes noch nicht angepasst wurden, ist allen mit der Materie vertrauten Fachleuten bewusst, dass eine drastische Verschärfung zu erwarten ist und dass die Werte für die genannten Risikogruppen deutlich zu hoch sind.»

«Trotz dieser Erkenntnisse sieht das Gesundheitsamt Rastatt keine Veranlassung zu reagieren und will lieber abwarten», kommentiert Ulrich Schumann, der 1. Vorsitzende der BSTK, die Antwort der Behörde, und weiter: «Man hält sich mit Interpretationen verschiedener bisheriger Bewertungen auf, anstatt sich bei der Stelle zu erkundigen, bei der die Trinkwasserkommission und die Humanbiomonitoringkommission angesiedelt sind, nämlich dem Umweltbundesamt.» «Dort haben wir innerhalb von zwei Tagen von dem zuständigen Toxikologen die Empfehlung erhalten, dass die Risikogruppen vorläufig das Netzwasser meiden und auf Flaschenwasser umstellen sollen», bestätigt Andreas Adam. «Das Umweltbundesamt hat unsere Berechnungen nicht angezweifelt und die Empfehlung ohne Wenn und Aber ausgesprochen».

Die BSTK kann das Verhalten der örtlichen Gesundheitsbehörde nicht mehr nachvollziehen. Hier geht es nicht um Panikmache, sondern um vorbeugenden Gesundheitsschutz, der sich nicht im Aussitzen von Problemen lösen lässt. Die Verantwortlichen nehmen in Kauf, dass sich bei den Einwohnern, aber insbesondere bei den Risikogruppen trotz der im Blut nachgewiesenen Vorbelastung die Kontamination noch weiter aufbaut.

Dass hier eine Bürgerinitiative eine Aufgabe übernehmen muss, die eigentlich einer mit Fachleuten besetzten Behörde zukommt, stimmt nachdenklich.

Vor diesem Hintergrund erscheint es erfreulich, dass sich der Wasserversorgungsverband in seiner jüngsten Verbandssitzung dazu entschlossen hat, Planungsaufträge für die Aktivkohlereinigung der Brunnen und hinsichtlich des Konzentrats der Umkehrosmoseanlage, zu erteilen, das bisher ungefiltert in den Gewerbekanal eingeleitet wird. Allerdings kommt diese Einsicht spät. Obwohl sich aus den Wasseranalysen der letzten 5 Jahre abgezeichnet hat, dass die PFC-Werte in Brunnen 5 und damit im Netzwasser stetig angestiegen sind, wurden keine geeigneten und frühzeitigen Gegenmaßnahmen getroffen. Vielmehr wurde jahrelang behauptet, das Netzwasser sei belastungsfrei bzw. enthalte nur noch Spuren von PFC. Jetzt, nachdem das Kind sprichwörtlich in den Brunnen gefallen ist, wurde mit Planungsaufträgen reagiert, die auch erst noch umgesetzt werden müssen. Mit dem nach der Trinkwasserverordnung gebotenen Minimierungsgebot ist das nach unserer Auffassung nicht vereinbar. Die Verantwortlichen des Zweckverbands müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, ein konfuses Risikomanagement geführt zu haben und notwendige Investitionen über Jahre verzögert zu haben. Leidtragende der falschen bzw. beschönigenden Informationen sind letztlich die Verbraucher. Die BI wird zeitnah über die weiteren Entwicklungen informieren.

Vielen Dank und beste Grüße im Namen
der Bürgerinitiative Sauberes Trinkwasser für Kuppenheim e.V.


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