Städte und Gemeinden in der Corona-Krise
Kommunen rufen nach finanziellem Schutzschirm – „Herausforderungen, deren enorme Dimensionen wir nur erahnen können“
Stuttgart/Baden-Baden, 07.04.2020, Bericht: Redaktion Städte, Gemeinden und Landkreise stehen aufgrund der Corona-Pandemie und deren Folgen vor enormen Herausforderungen, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung Gemeindetags Baden-Württemberg, des Städtetags Baden-Württemberg und des Landkreistags Baden-Württemberg.
Schon Ende vergangener Woche hatten die Vertreter von Städten und Gemeinden einen dringenden Appell an die Landesregierung und die zuständigen Ministerien gerichtet, einen finanziellen Schutzschirm über die Kommunen aufzuspannen.
Die Erklärung des Gemeindetags Baden-Württemberg, des Städtetags Baden-Württemberg und des Landkreistags Baden-Württemberg:
Die umgehende Umsetzung der von Bund und Land beschlossenen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus erfordert vor Ort sowohl erhebliche finanzielle als auch personelle Ressourcen. Nicht vergessen werden darf, dass die Kommunen auch in dieser Krisenzeit tagtäglich alle wesentlichen Leistungen der Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger aufrechterhalten. Völlig ungewiss sind aktuell noch die wirtschaftlichen Folgen der Krise, die sich auf alle staatlichen Ebenen auswirken werden, auch auf die Kommunen.
Gemeindetag, Städtetag und Landkreistag Baden-Württemberg haben deshalb Ende vergangener Woche einen dringenden Appell an die Landesregierung und die zuständigen Ministerien gerichtet, einen finanziellen Schutzschirm über die Kommunen aufzuspannen. Sie kommen damit auf das Angebot des Landes zurück, das nach der Freigabe von 100 Mio. Euro Soforthilfe für die Kommunen die Bereitschaft signalisiert hatte, weitere Gespräche mit den Kommunalen Landesverbänden über einen solchen Schutzschirm zu führen.
Neben den unmittelbaren Belastungen, die die Landkreise, Städte und Gemeinden aufgrund der Pandemiebekämpfung etwa bei der Beschaffung von Schutzmaterialien oder der Bereitstellung von Testungs- und weiteren Versorgungsstrukturen tragen müssen, rechnen sie in naher Zukunft mit erheblichen Einnahmerückgängen. Diese werden vor allem in den Bereichen Gewerbesteuer, Gemeindeanteil an der Einkommensteuer und auch in deutlich geringer ausfallenden Schlüsselzuweisungen im Kommunalen Finanzausgleich erwartet. Darüber hinaus müssen die Kommunen fehlende Einnahmen aufgrund der geschlossenen Einrichtungen im Sozial-, Kultur- und Gesundheitsbereich (u.a. Museen, Volkshochschulen, Bäder, Hallen) verkraften. Deren Fixkosten bleiben jedoch erhalten.
Städte, Gemeinden und Kreise sehen sich auch mit immensen Mehraufwendungen im Sozialbereich konfrontiert. Allein das Sozialschutzpaket des Bundes, das sie in der Sache ausdrücklich begrüßen, schlägt bei den baden-württembergischen Land- und Stadtkreisen mit einem dreistelligen Millionenbetrag zu Buche. Auch unabhängig davon wird die Belastung der kommunalen Sozialhaushalte massiv zunehmen, da hohe Fallzahlensteigerungen zu erwarten sind. Im Bereich der Krankenhäuser sind neben hohen Mehraufwendungen auch erhebliche Ertragsausfälle zu verzeichnen. Hinzu kommen weitere Leistungen der Daseinsvorsorge, insbesondere an soziale Träger, etwa in der Jugend-, Alten- und Eingliederungshilfe, sowie an Verkehrsunternehmen im Hinblick auf die notwendige Aufrechterhaltung des Öffentlichen Nahverkehrs einschließlich der Schülerverkehre.
Die für die Aufgabenerfüllung und Handlungsfähigkeit benötigte Liquidität in den kommunalen Haushalten, so die Sorge der Kommunalen Landesverbände, wird kurzfristig nicht mehr gewährleistet sein. Die Haushaltspläne, die die Kommunen für das Jahr 2020 aufgestellt haben, sind inzwischen Makulatur. Fast überall werden im weiteren Jahresverlauf Nachtragshaushalte notwendig.
Roger Kehle, Präsident des Gemeindetags Baden-Württemberg, Peter Kurz, Oberbürgermeister von Mannheim und Präsident des Städtetags sowie Joachim Walter, Landrat im Kreis Tübingen und Präsident des Landkreistags, wenden sich deshalb gemeinsam an die Landesregierung:
«Städte, Gemeinden und Landkreise stehen vor Herausforderungen, deren enorme Dimensionen wir nur erahnen können. Um bei wegbrechenden Einnahmen und den gleichzeitig anstehenden Ausgabenverpflichtungen handlungsfähig zu bleiben, muss auch über die Kommunen in Baden-Württemberg ein Schutzschirm aufgespannt werden. Wir schlagen der Landesregierung in unserem Schreiben deshalb bereits konkrete Maßnahmen zur finanziellen Unterstützung der Kommunen vor. Gerne stehen wir dem Land für konstruktive Gespräche zur Verfügung, um unseren Beitrag dazu zu leisten, dass Land und Kommunen in bewährter Weise gemeinsam die Krise und deren Folgen gut und effektiv bewältigen.»
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