Leserbrief
Leserbrief „Meine Meinung“ zu „Alle Macht an OB Mergen?“ – Alle Macht den Räten!
Baden-Baden, 01.04.2020, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leser Rudolf Rust Stellung zu dem goodnews4-Bericht Schlappe für OB Mergen − Keine «Ausweitung der Befugnisse der Oberbürgermeisterin» − Baden-Badener Gemeinderat wird seine Macht nicht abgeben.
Die Maßnahmen von Bund, Land und der Stadt Baden-Baden gegen die Ausbreitung von Covid-19-Infektionen, insbesondere die Ausgangsbeschränkungen, sind nach Auffassung von Juristen rechtlich fragwürdig und werden als unverhältnismäßig betrachtet.
Begründet werden diese Maßnahmen mit der zu geringen Kapazität der Intensiv-Stationen in Krankenhäusern. Der Verlauf der Pandemie soll zeitlich gestreckt werden. In Baden-Württembergs Krankenhäusern gibt es zwar 54.000 Betten, aber nur 2.200 Beatmungsplätze. Bei einer Verweildauer des Covid-19 Patienten von bis zu 4 Wochen, kann man sich ausrechnen, dass in wenigen Tagen die Belastungsgrenze erreicht sein wird. Dies gilt auch für das Klinikum Mittelbaden (KMB) in Balg.
Daran sind vor allem die Berufspolitiker schuld. OB Mergen (CDU) ist als Stellv. Vorsitzende des Aufsichtsrates des KMB und selbsternannte «Finanzexpertin» mitverantwortlich. Jetzt steht in Krankenhäusern nicht mehr der Mensch, sondern die Gewinnerzielung im Mittelpunkt. Im Geschäftsbericht 2018 des Klinikums heißt es: «In Anbetracht dieser Entwicklungen sehen sich die Krankenhäuser, gerade in Baden-Württemberg, auch zukünftig mit einem wachsenden Kosten- und Leistungsdruck konfrontiert. Ein noch stärker wirtschaftlich geprägtes Handeln ist daher unerlässlich. … Durch eine noch stärkere Einbindung der medizinischen Führungskräfte in die wirtschaftliche Verantwortung und einer Steigerung der Effizienz in der Leistungserbringung wird maßgeblich die Erreichung des für das Geschäftsjahr 2019 in der Klinikum Mittel-Baden gGmbH geplante Jahresergebnis in Höhe von -4,6 Mio. Euro [Verlust] abhängen.» Die Bürger erwarten, dass ein Verantwortlicher öffentlich sagt, dass hier Vorsorge versäumt wurde.
In den letzten Krisen waren vor allem Banken «systemrelevant», von denen es hieß «too big to fail». Heute sind es vor allem Ärzte, Pfleger*innen und natürlich – Politiker, die geschützt werden müssen. Deshalb werden Ausgangsbeschränkungen verschärft, kontrolliert und Verstöße mit drastischen Zwangsgeldern und Gefängnis bedroht. Für «Blockwarte» jeglicher Provenienz sind die neuen Regeln willkommener Anlass, ihre Kontrollgelüste auszuleben. Und OB Mergen? Hat sie nicht kürzlich in ihrer flapsigen Art sinngemäß gesagt: «Man muss die Bürger*innen dort packen, wo sie am empfindlichsten sind – am Beutel!»
Wenn man die Zahl der mit Covid-19-Infizierten zur Gesamt-Bevölkerung ins Verhältnis setzt, ergibt sich für Baden-Baden – wie auch für den Landkreis Rastatt – dass jeweils 0,15 Prozent der Bevölkerung vom Virus befallen sind. Mit anderen Worten: mehr als 99% Prozent unserer Bürger*innen sind nicht infiziert, werden aber ihrer verfassungsmäßigen Freiheits- und Versammlungsrechte beraubt. Was soll schlecht daran sein, wenn sich gesunde Menschen treffen? Schädlich ist vor allem, dass Staatsfernsehen und Rundfunk dazu beitragen, Panik und Hysterie in der Bevölkerung schüren.
goodnews4 berichtete, dass sich OB Mergen nun mittels einer «Selbstkastrierung» des Gemeinderates für die Zeit der Krise – also mindestens bis Mitte Juni 2020, eventuell auch länger – als «alleinige Herrscherin» ermächtigen lassen will. Das schlägt dem Fass die «Corona» ins Gesicht! Kennen Gemeinderäte eigentlich ihre Rechte?
• Der Gemeinderat ist gemäß § 24 Satz 1 und 2 der Gemeindeordnung die politische Vertretung der Bürgerschaft.
• Der Gemeinderat legt die Grundsätze für die Verwaltung der Gemeinde fest.
• Der Gemeinderat entscheidet über alle Angelegenheiten der Gemeinde, soweit nicht der Bürgermeister kraft Gesetzes zuständig ist.
• Der Gemeinderat hat die Aufgabe, die Gemeindeverwaltung zu kontrollieren.
• Der Gemeinderat hat die Aufgabe, die Verwaltung mit Entscheidungen über den Einzelfall anzuleiten.
Insofern ist der Gemeinderat rechtlich Verwaltungsorgan und leider, eben kein Parlament seiner Wähler. Diese fühlen sich zunehmend weniger repräsentiert und sind verdrossen.
§ 37 GemO sieht folgendes Verfahren vor: «Über Gegenstände einfacher Art kann im Wege der Offenlegung oder im schriftlichen oder elektronischen Verfahren beschlossen werden; ein Antrag ist dann angenommen, wenn kein Mitglied widerspricht.» Man nennt das schlicht «Umlaufverfahren».
In Zeiten der Pandemie sind Gemeinderäte eine privilegierte Spezies, denn ihre Sitzungen gelten nicht als Versammlung. Zusammen mit der Erteilung eines Blanko-Schecks an OB Mergen über 10,0 Mill. EUR zwecks Kreditaufnahme würde der Gemeinrat freiwillig auf absehbare Zeit auf Sitzungen und Willensbekundungen verzichten. So weit so schlecht! Aber gleichzeitig die Öffentlichkeit, die Kontrolle durch Bürger und Presse mit auszuschließen, das lässt sich aus dem Kommunalrecht nicht ableiten. Das geht GAR NICHT!
Macht kann korrupt machen – etwa auch in Baden-Baden? Fallstudien legen nahe, dass Machtmenschen Verhaltensweisen von Soziopathen an den Tag leben, dazu neigen, impulsiv zu handeln, riskante Entscheidungen zu treffen. Anders als zum Beispiel das Hungergefühl hat das Machtmotiv keine Sättigungsgrenze.
Machiavelli schreibt in «Il principe»: [Der Herrscher … ist oft gezwungen,] «gegen Treue, Barmherzigkeit, Menschlichkeit und Religion zu verstoßen, eben um die Herrschaft zu behaupten. Doch muss man sich darauf verstehen, … Meister in der Heuchelei und Verstellung zu sein. Die Menschen sind ja so einfältig und gehorchen so leicht den Bedürfnissen des Augenblicks, dass der, der betrügen will, immer einen findet, der sich betrügen lässt. … Denn der Pöbel hält sich immer an den Schein und den Erfolg; und in der Welt gibt es nur Pöbel …»
Vermutlich wird der Antrag im TOP 2 der Gemeinderatssitzung am 1. April 2020, «Nachtragshaushalt und Maßnahmen zur Sicherung der Handlungsfähigkeit in Zeiten der Corona-Krise» eine Mehrheit finden. Irgendein Kater, der nachts im roten Pullover herumstreicht und unter dem Fenster seiner Angebeteten Kanzonen singt, wird dem Antrag bestimmt die Mehrheit beschaffen.
Honni soit qui mal y pense!
Rudolf Rust
Baden-Baden
In eigener Sache – Falsche Tatsachenbehauptungen von grüner Stadtratskandidatin
goodnews4-Redaktion Die zuständige Medienbehörde Landesanstalt für Kommunikation, LfK, überprüfte die bei goodnews4.de veröffentlichten Leserbriefe und stellte fest, dass die journalistische Sorgfaltspflicht in allen Fällen eingehalten wurde. goodnews4.de berichtete.
Die von Frau Rita Hampp, grüne Stadtratskandidatin, in Facebook mehrfach getätigte Behauptung, dass es sich unter anderen bei diversen Leserbriefen von Rudolf Rust oder Gertrud Mayer um «Fakes», also Fälschungen, handeln würde, ist falsch. Diese Personen existieren und in jedem Fall eines Pseudonyms ist der goodnews4-Redaktion Identität und Klarname bekannt. Richtig ist, dass die beiden Leserbriefschreiber sich mit der Rolle des Baden-Badener Zeitungsverlages im Nationalsozialismus befassen, insbesondere in Zusammenhang mit den Eigentumsverhältnissen des alten Synagogen-Grundstücks in Baden-Baden, das sich im Eigentum der Baden-Badener Zeitungsverleger befindet. Das Grundstück der 1938 niedergebrannten Synagoge wurde jahrelang vertragswidrig als Parkplatz für das Badische Tagblatt benutzt.
In der Facebook-Gruppe mit falschen Behauptungen zu goodnews4-Veröffentlichungen ist auch die BT-Zeitungsverlegerin und Mitverantwortliche für die Entscheidungen der Eigentümerfamilie, Xenia Richters, als Mitglied aufgeführt. In keinem Fall gingen Rita Hampp und die Zeitungsverlegerin auf in den Leserbriefen dargelegte Fakten ein. Ein jüdischer Mitbürger, der dies forderte, wurde aus dieser Facebookgruppe mit dem Namen «Baden-Baden gegen Rassismus, Antisemitismus und Ausgrenzung» ausgeschlossen.
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