Besucher-Befragung im Theater

Baden-Badener Theater will mehr Besucher - Ticketverkauf bringt "ungefähr acht Prozent" der Kosten - Nicola May zu Faust II: "Dass wir es gewagt haben, dieses unspielbare Stück auf die Bühne zu bringen"

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goodnews4-VIDEO-Interview von Nadja Milke mit Nicola May

Baden-Baden, 20.01.2018, 00:00 Uhr, Kommentar: Christian Frietsch Das Baden-Badener Theater atmet, wie unsere Stadt überhaupt, die Pariser Luft. Ein Provinztheater war nicht nach dem Geschmack von Edouard Bénazet. Er ließ das Baden-Badener Theater nach der Vorlage der Pariser Oper bauen und auch für die Eröffnung des Theaters vor 156 Jahren, schöpfte der große Mäzen aus dem Vollen. Er beauftragte seinen Landsmann Hector Berlioz, eine Oper eigens für diesen Anlass zu schreiben. Im goodnews4-VIDEO-Interview mit Theater-Intendantin Nicola May wurde deutlich, dass das Erbe und die Erhaltung des prächtigen Theaters den Steuerzahlern einen gewissen Obulus abverlangen.

Aktuell liege man bei 6,4 Millionen Euro. «Der größere Teil kommt vom Land, das sind diese berühmten BKV-Verträge, der kleinere Teil, so um die 40 Prozent, kommt von der Stadt Baden-Baden», erläuterte die Theater-Chefin die Herkunft der notwendigen Zuschüsse. Zu dem mit der Finanzierung zusammenhängenden Selbstverständnis streut sich Nicola May keinen Sand in die Augen und nennt den Preis der Abhängigkeiten: «Wir sind ja so gesehen ein städtisches Amt, wir hängen ja ganz eng mit der Stadt zusammen, wir bekommen bestimmte Leistungen, wie die Honorarabrechnung oder das Rechtsamt von der Stadt gestellt.» Nur etwa acht Prozent der Kosten könnten durch den Verkauf der Tickets finanziert werden. «Das Theater Baden-Baden hat ungefähr so viele Zuschauer wie die Stadt Einwohner hat. Meistens haben wir so um die 56.000, 57.000 zahlende Zuschauer.»

Nicola May möchte für die Zukunft mehr wissen über die Besucher des Theaters Baden-Baden. Eine sogenannte Basisbefragung soll darüber erste Ausküfte geben. «Wie alt sind die Leute, woher kommen sie und wie haben sie über uns erfahren. Das sind die wichtigsten Dinge, damit wir unser Informationsmaterial besser einsetzen können», berichtet die Theaterintendantin über Inhalte und Nutzen der Befragung, die seit 1. November läuft und noch bis Ende der Spielzeit weiterlaufen soll. Zusätzlich wurde gestern Nachmittag eine Online-Befragung gestartet: theaterbadenbaden.polldaddy.com.

So liegen die Ergebnisse der Befragung zum Baden-Badener Theater noch in einiger Ferne. Auf einen Aufreger kann sich das Baden-Badener Theaterpublikum schon mal einstellen: «Wir fiebern der Premiere von Faust II entgegen, wir können es selbst kaum fassen, dass wir es gewagt haben, dieses unspielbare Stück auf die Bühne zu bringen»


Abschrift des goodnews4-VIDEO-Interviews mit Nicola May:

goodnews4: Das Theater möchte mehr wissen über sein Publikum. Deshalb haben Sie sich umgehört, eine sogenannte Basis-Befragung gestartet. Haben Sie denn schon erste Erkenntnisse über Ihr Publikum erlangen können?

Nicola May: Die Aktion läuft seit 1. November und soll auch noch bis Ende der Spielzeit weiterlaufen. Wir sind eigentlich noch in der Sammelphase dieser datenorientierten Basis-Befragung, die ja so ein erster Schritt für uns war.

goodnews4: Was sind denn die wichtigsten Daten, die Sie erfahren möchten von Ihren Gästen?

Nicola May: Wie alt sind die Leute, woher kommen sie und wie haben sie über uns erfahren. Das sind die wichtigsten Dinge, damit wir unser Informationsmaterial besser einsetzen können, damit wir vielleicht auch über Verkehrswege nachdenken können. Gibt es neue Wege wie man Menschen ermöglichen kann, das Theater zu besuchen? Wie verhalten sich die Bereiche digital und analog? Wir wissen natürlich, dass viele unserer Besucher älter sind und auch noch viele analoge Informationsmedien nutzen und es ist auf der anderen Seite so, dass wir natürlich inmitten einer wahnsinnig dynamischen Digitalisierung leben und die Informationen heutzutage eigentlich digital abgerufen werden. Auch darum geht es uns − wie setzen wir das Verhältnis unserer Mittel ein, wie wir die Menschen informieren?

goodnews4: Auf welchem Weg sammeln Sie denn die Daten?

Nicola May: Die sammeln wir ganz schlicht analog mit gedruckten Karten. Jeder, der eine Eintrittskarte kauft, bekommt diese Karte und einen Kugelschreiber dazu geschenkt und es stehen Sammelboxen dafür an der Trinkhalle im Ticket-Center und bei uns an der Abendkasse. Das sind Daten, die wir von Besuchern, also Menschen, die bereits zu uns in Theater kommen, sammeln. Auch wichtig ist die Unterscheidung, ist es ein Abonnent oder kein Abonnent, auch da stellen wir fest, dass der Trend zu einer stärkeren Flexibilisierung geht und diese Zuschauer sind natürlich schwieriger zu erfassen oder kennenzulernen als die Abonnenten, denen wir natürlich viel vertrauter sind und über die wir viel mehr wissen. Und auch das ist ein Hintergrund, wie kann man denn andere Zuschauer, die nur gelegentlich kommen − manche kommen auch oft, haben aber trotzdem kein Abo − wie kann man die noch besser informieren, speziell auch über Dinge, die sie vielleicht besonders interessieren könnten.

goodnews4: Darüber hinaus startet jetzt auch eine Online-Befragung und da wollen Sie mehr wissen von Ihren Gästen, richtig?

Nicola May: Genau, so ist es. Wir haben jetzt neu, heute Nachmittag wird das freigeschaltet, noch eine Online-Befragung inititiert, die auf unserer Homepage, auf der Homepage der Stadt Baden-Baden und auf Facebok beantwortet werden kann. Und diese Befragung stellt inhaltlichere, weichere Fragen. Konkretere Fragen, wie was Ihnen in letzter Zeit gut gefallen hat, was weniger gut und warum, was man sich mal wünschen würde im Theater zu sehen. Es gibt auch eine ganz offene Frage, was möchte man überhaupt gerne mal sagen, wo wir vielleicht gar nicht die Idee hatten, danach zu fragen. Es gibt auch konkrete Fragen zu unserer Website und dem ganzen Service-Bereich, wie dem Ticketig, dem Online-Shop, weil wir auch dabei sind, diese Dinge zu optimieren und zu verbessern. Das ist ein Prozess, der schon begonnen hat, für den wir dann hoffentlich auch die Haushaltsmittel genehmigt bekommen, um das in Angriff zu nehmen, und auch da ist es uns natürlich total wichtig, den Input von unseren Zuschauern zu bekommen.

goodnews4: Viele Baden-Badener interessieren sich für das Theater ihrer Stadt. Was sind die wichtigsten Kennzahlen − also wie viele Besucher hat das Theater pro Jahr, wieviel Geld benötigt das Theater und woher kommt das Geld?

Nicola May: Es gibt natürlich immer Schwankungen, es gibt ein Auf und Ab in jeder Spielzeit. Manche Spielzeit ist supertoll, andere sind weniger gut, aber man kann so über den Daumen eigentlich schon seit vielen Jahren stabil sagen, das Theater Baden-Baden hat ungefähr so viele Zuschauer wie die Stadt Einwohner hat. Meistens haben wir so um die 56.000, 57.000 zahlende Zuschauer. Wenn man die ganzen Angebote mitrechnet, was man eigentlich meiner Meinung nach tun müsste, denn wir sind ja ein öffentlich finanzierter Betrieb und kommen auch unserem Bildungsauftrag nach und bieten auch viele niedrigschwellige und auch Gratisangebote an, um eben viele Menschen zu erreichen mit den Matineen, mit den Workshops, mit den theaterpädagogischen Angeboten, mit Diskussionsreihen, mit dem Theaterfest, mit dem Adventskalender und viele Dinge mehr. Und da sind es dann deutlich über 70.000, wenn man das mitrechnet. Die Zahlen liegen aktuell bei 6,4 Millionen Euro. Der größere Teil kommt vom Land, das sind diese berühmten BKV-Verträge, der kleinere Teil, so um die 40 Prozent, kommt von der Stadt Baden-Baden, wobei man beim städtischen Anteil sagen muss, dass da auch noch bestimmte Kosten für allgemeine Umlagen abgezogen werden. Wir sind ja so gesehen ein städtisches Amt, wir hängen ja ganz eng mit der Stadt zusammen, wir bekommen bestimmte Leistungen, wie die Honorarabrechnung oder das Rechtsamt natürlich von der Stadt gestellt, wir haben aber auch wie alle Ämter einen bestimmten Obolus für Grundkosten der Verwaltung zu entrichten, so dass der Anteil der Stadt, der bei uns ankommt und direkt ins Programm fließt, deutlich weniger ist als diese 40 Prozent. Man muss vielleicht auch wissen, dass wir durch das Gebäude und durch die Struktur, wir haben ja auch viele Mitarbeiter aus dem öffentlichen Dienst und sehr, sehr hohe Fixkosten, eigentlich ungefähr 20 Prozent von dieser Summe, die erstmal sehr groß klingt, überhaupt direkt in das Programm fließen, also in die Regiegagen, in die für Aufführungen speziell benötigten über die Grundversorgung, die Grundgehälter, die Fixkosten hinausgehenden Gelder. Deswegen schreien wir auch immer sofort, wenn uns irgendwas gekürzt wird, weil wir von dem großen Brocken immer so wenige Möglichkeiten haben, wirklich einzusparen. Deswegen geht immer auch eine vermeintlich nicht so große Einsparung ganz schnell ins Programm und ins Angebot und dann natürlich letztlich auch zum Zuschauer.

goodnews4: Welche Rolle spielen bei dem ganzen Zahlenwerk die Erlöse aus den Ticketverkäufen?

Nicola May: Die liegen aktuell, glaube ich, bei ungefähr acht Prozent. Vor ungefähr fünf Jahren gab es mal eine Untersuchung vom Bund der Steuerzahler, der ja immer mal so einen Vergleich von Häusenr macht und den Zuschussbedarf pro Karte pro Zuschauer errechnet, da lagen wir bei 70 oder 75 Euro, was eher wenig ist. Man muss der Fairness halber auch sagen, wir sind ein Ein-Sparten-Haus − also auch der Vergleich mit Karlsruhe, der damals in der Presse war und gesagt hat, ach, das sind ja fast 200, ist auch ein bisschen ungerecht, weil wir natürlich eine viel kleinere Mannschaft als so ein Großbetrieb wie die Staatstheater sind.

goodnews4: Was ist das wichtigste Argument, dass man das Baden-Badener Theater unbedingt in diesem neuen Jahr besuchen muss?

Nicola May: Die Frage ist sehr schwer, weil wir wirklich wahnsinnig viele super interessante Produktionen haben. Ein großer Schwerpunkt ist natürlich der Faust. Wir fiebern der Premiere von Faust II entgegen, wir können es selbst kaum fassen, dass wir es gewagt haben, dieses unspielbare Stück auf die Bühne zu bringen, Faust I und II womöglich noch im Doppelpack ist im Moment das Thema, was uns am meisten beschäftigt, wo das ganze Haus mitfiebert wie diese auch ganz spezielle Aufführung ankommen wird. Ein Überraschungserfolg ist sicherlich «Fast normal&rauqo;, das Musical, «Biedermann und der Brandstifter» wird zum erstem Mal einen Bürgerchor in Baden-Baden haben, wir freuen uns auf das Freilicht am Ende der Spielzeit, ich bin selber gerade am Inszinieren einer herrlichen Kommödie − also wir sind eigentlich irgendwie gut drauf und freuen uns auf unsere Produktionen.

goodnews4: Vielen Dank für das Interview.

Das Interview führte Nadja Milke für goodnews4.de

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