Originalbrief und Übersetzung hier

Diskussionen um Strasbourg als Standort EU-Parlament – Landrat Frank Scherer schreibt Präsident Frédéric Bierry

Diskussionen um Strasbourg als Standort EU-Parlament – Landrat Frank Scherer schreibt Präsident Frédéric Bierry
Schon in den 90er Jahren kam Gilbert Bécaud nach Baden-Baden, um für Strasbourg zu kämpfen. Foto: Archiv

Bild Nadja Milke Bericht von Nadja Milke
20.01.2021, 00:00 Uhr



Straßburg/Offenburg Die Diskussionen um den Standort des Europäischen Parlaments flammen alle paar Jahre wieder auf. Die Befürworter eines Standortes in Brüssel führen dann meist ins Feld, dass die Kosten an einem Standort günstiger wären.

Bereits in den 90er Jahren ging es auf in der Initiative «Ja zu Strasbourg» des Fördervereins Coeur de l´Europe im Kurhaus Baden-Baden, zu der selbst Gilbert Bécaud nach Baden-Baden kam, darum, für den Standort zu werben. In flammenden Reden hatten deutsche Politiker und auch Catherine Trautmann, spätere französische Kultusministerin für Strasbourg, votiert. Der Gedanke des Standorts ging auf Winston Churchill zurück, der gleich nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem die symbolische Bedeutung Strasbourgs für den europäischen Frieden angeführt hatte. Um einen Standortwechsel zu vollziehen, müssten alle EU-Mitgliedsstaaten zustimmen. Nun schrieb Frank Scherer, Landrat der Ortenau, einen Brief an Frédéric Bierry, Präsident des Europäischen Parlaments. Hier im Original als PDF.

 

Die Übersetzung des Briefs im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Präsident der europäischen Gebietskörperschaft Elsass,
unser grenzüberschreitendes Gebiet ist ein echtes Labor der europäischen Integration auf lokaler Ebene. Unsere Bürgerinnen und Bürger empfinden sich als Europäerinnen und Europäer und sind sich der Vorteile bewusst, die die Europäische Union und die Strahlkraft des Europäischen Parlaments in Straßburg mit sich bringen.

Die Infragestellung des Sitzes des Europäischen Parlaments in Straßburg steht im Widerspruch zur Idee eines demokratischen und regionalen sowie völker- und bürgernahen Aufbaus Europas, deren Bedeutung im deutsch-französischen Vertrag von Aachen unterstrichen wurde.

Aufgrund ihrer Geschichte, ihrer täglich gelebten Interkulturalität, ihres Status´ als Hauptstadt der Menschenrechte in Europa und auch wegen aller europäischen Institutionen, die sie beherbergt, ist die Stadt Straßburg par excellence das Symbol des demokratischen Europas der Bürgerinnen und Bürger, das wir alle zu Recht verteidigen.

Die Wahl Straßburgs als Sitz des Europäischen Parlaments, einer Stadt, die die deutsch-französische Versöhnung und den Frieden zwischen den Völkern Europas verkörpert, steht für und erinnert an die Gründungswerte der Europäischen Union. Als Präsident des Eurodistrikts Straßburg-Ortenau und Landrat des Ortenaukreises habe ich mich stets für die deutsch-französische grenzüberschreitende Zusammenarbeit eingesetzt. In diesem Zusammenhang verstehe ich Ihre Sorge über die Tatsache, dass das Europäische Parlament seit fast einem Jahr nicht mehr in Straßburg getagt hat und ich billige und unterstütze Ihre Initiative beim Präsidenten des Europäischen Parlaments in Brüssel.

An Ihrer Seite bekräftige ich die Verbundenheit unseres Europäischen Verbunds mit der Stadt Straßburg und dem Sitz des Europäischen Parlaments in der Hauptstadt Europas.

Mit freundlichen Grüßen
Frank Scherer,
Landrat des Ortenaukreises und Präsident des Eurodistrikts Strasbourg-Ortenau


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