Beschlüsse unanfechtbar

Eilanträge gegen Ausgangssperre abgelehnt – Entscheidung zum Gassi gehen: „Allein der Umstand, Halter irgendeines Tiers zu sein, reiche mithin nicht aus“

Eilanträge gegen Ausgangssperre abgelehnt – Entscheidung zum Gassi gehen: „Allein der Umstand, Halter irgendeines Tiers zu sein, reiche mithin nicht aus“
Die Klagen gegen die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen wurden abgelehnt. Foto: Archiv

Mannheim, 19.12.2020, Bericht: Redaktion Der Verwaltungsgerichtshof hat drei Eilanträge gegen die von der Landesregierung mit der Corona-Verordnung angeordnete nächtliche Ausgangssperre abgelehnt.

Gegen die Ausgangssperre zwischen 20 Uhr abends und 5 Uhr morgens haben sich in drei Verfahren ein Bürger und zwei Rechtsanwälte gewandt, da sie die die Ausgangssperre für rechtswidrig halten. Einer der Rechtsanwälte begründete seine Klage damit, dass die angegriffene Vorschrift in beispielloser Art und Weise die freiheitliche Grundordnung aufhebe. Es bestehe kein Grund, weshalb er seine Wohnung nachts nicht mehr zu privaten Zwecken wie etwa der Pflege eines Schrebergartens, dem Beobachten von Hirschen, der Wahrnehmung sportlicher Aktivitäten oder dem Aufsuchen eines Zigarettenautomaten verlassen können solle.

Der zweite Rechtsanwalt argumentierte, dass,die angegriffene Vorschrift einen massiven Eingriff in sein Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit darstelle. Es werde ihm insbesondere untersagt, nachts den etwa 1.000 Meter langen Fußweg zu Freunden zurückzulegen, sich am Abend in seiner sechs Meter von seiner Wohnung in einem Nebengebäude entfernt liegenden Werkstatt aufzuhalten, um dort Bastelarbeiten und dergleichen durchzuführen, oder Abendspaziergänge zu unternehmen.

 

Der Bürger im dritten Verfahren machte unter anderem geltend, nach den Zahlen des Robert-Koch-Instituts seien zwischen dem 3. November und dem 8. Dezember 2020 70 Prozent der am Coronavirus gestorbenen Menschen älter als 80 Jahre gewesen. Diese Altersgruppe verlasse aber sehr selten abends das Haus. Tierhalter könnten ohne zeitliche, personelle oder örtliche Beschränkung das Haus verlassen. Dies sei nicht auf Hundehalter beschränkt, sondern gelte für jegliche Tierhaltung.

Der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs hat alle drei Anträge abgelehnt. Zur Begründung heißt es, dass für die Ausgangssperre eine ausreichende Rechtsgrundlage im Infektionsschutzgesetz bestehe. Die Ausgangssperre führe zu keinem unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte auf allgemeine Handlungsfreiheit aus und auf Freiheit der Person. Auch die Menschenwürde sei nicht verletzt.

Weiter heißt es in der Begründung des Gerichts, die nächtliche Ausgangssperre diene dem legitimen Ziel, die Anzahl der physischen Kontakte in der Bevölkerung umfassend und flächendeckend zu reduzieren. Angesichts der sehr hohen Infektionszahlen und des wieder exponentiellen Wachstums der Ansteckungen mit dem Coronavirus verfolge die Landesregierung zulässigerweise den Zweck, Leib und Leben der Bevölkerung und die Leistungsfähigkeit des stark belasteten Gesundheitssystems zu schützen.

Die Ausgangssperre sei ein geeignetes Mittel, um dieses Ziel zu erreichen. Der Einwand, nächtliches Spazieren berge keine Infektionsgefahr, greife nicht durch. Denn beim Spazieren könne es auch zu unbeabsichtigten Kontakten kommen. Die Ausgangssperre reduziere zudem den Anreiz, soziale und gesellige Kontakte im privaten Bereich insbesondere in den Abendstunden zu pflegen, die sich in der Vergangenheit in infektionsbezogener Hinsicht vielfach als besonders gefahrträchtig erwiesen hätten. Unbegründet sei auch das Argument, die besonders schutzbedürftigen älteren Menschen gingen abends selten außer Haus. Die Ausgangssperre diene dem Schutz der ganzen Bevölkerung und schütze somit auch ältere Menschen vor Ansteckungen durch jüngere Personen.

Die nächtliche Ausgangssperre sei auch verhältnismäßig. Die damit verbundenen Beeinträchtigungen seien angesichts der gravierenden Folgen der Weiterverbreitung des Coronavirus für Leib und Leben einer Vielzahl vom Coronavirus Betroffener und der damit verbundenen Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems Deutschlands zumutbar. Dies gelte auch für die von den beiden Rechtsanwälten geltend gemachten nächtlichen Aktivitäten wie z.B. Zigarettenkauf und Wildbeobachtung.

Unbegründet sei auch das Vorbringen, jeder Tierhalter dürfe trotz der Ausgangssperre nachts das Haus verlassen. Die Vorschrift der Corona-Verordnung gestatte das Verlassen der Wohnung in der Zeit zwischen 20 Uhr und 5 Uhr für «unaufschiebbare Handlungen zur Versorgung von Tieren». Allein der Umstand, Halter irgendeines Tiers zu sein, reiche mithin nicht aus.

Die Beschlüsse sind unanfechtbar.


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