Gastkommentar

Gastkommentar von Harry Müller – „Individualsport im Freien muss von der generellen Schließung der Sportanlagen und Sportstätten ausgenommen werden!“

Gastkommentar von Harry Müller – „Individualsport im Freien muss von der generellen Schließung der Sportanlagen und Sportstätten ausgenommen werden!“
Die Fitness-Station in der der Lichtentaler Allee/Klosterwiese ist mit rotem Absperrband umwickelt. Ein Schild verweist auf die Schließung dieser Sportstätte. Foto: Harry Müller

Baden-Baden, 25.03.2020, Bericht: Redaktion In unregelmäßigen Abständen veröffentlicht goodnews4.de Beiträge von Gastkommentatoren. Zum engeren Kreis gehören der Baden-Badener Bestsellerautor Franz Alt, der Künstler und Aktivist Gerd Weismann und Thomas Bippes, der sich insbesondere den Themen der Digitalisierung, IT und Künstlichen Intelligenz zuwendet.

Erstmals veröffentlicht Harry Müller ein Gastbeitrag auf goodnews4.de. Er wohnt in Baden-Baden und ist Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen.

Kommentar: Harry Müller Um eines gleich am Anfang klarzustellen: Die Corona-Krise erfordert außergewöhnliche Maßnahmen. Dafür sind auch Eingriffe in Bürgerrechte hinzunehmen, sofern diese einen Beitrag zum Infektionsschutz leisten. Die von der Landesregierung am 17. März erlassenen und danach verschärften Maßnahmen treiben mitunter allerdings seltsame Blüten und verursachen im Falle der undifferenzierten Schließung aller Sportanlagen und Sportstätten einen Verlust an Lebensqualität, der nicht in allen Fällen zur Infektionsbekämpfung beiträgt.

Ein besonders treffendes Beispiel dafür liefert die Fitness-Station in der der Lichtentaler Allee/Klosterwiese. Das Sportgerät ist mit rotem Absperrband umwickelt, am Balancierseil weist ein Schild auf die Schließung dieser Sportstätte hin. Liegestütze oder Situps auf der Klosterwiese bleiben erlaubt und man darf sich auf der Bank im Pavillon erholen. Aber wehe, man setzt einen Fuß auf die Slackline, dann drohen gemäß Paragraph 75 Infektionsschutzgesetz bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe, obwohl hier keinerlei Infektion möglich ist. Wer den Sinn solcher Regelungen versteht, der möge ihn bitte erklären!

Das kuriose Beispiel verweist auf ein grundsätzliches Problem der Corona-Verordnung des Landes, die in Paragraph 4 pauschal eine Schließung «alle[r] öffentlichen und privaten Sportanlagen und Sportstätten» verfügt, obwohl diese aus infektiologischer Sicht nicht gleichermaßen gefährlich sind. Übungen an der genannten Fitness-Station, aber auch Leichtathletik, Reiten, Tennis oder Golf können im Freien problemlos ohne Risiko betrieben werden, z.T. sogar völlig allein bzw. ausschließlich in Begleitung des häuslichen Lebenspartners. Umkleiden, Duschen und Vereinsräume müssten selbstverständlich geschlossen bleiben, aber das wäre wohl unproblematisch. Mit der undifferenzierten Schließung aller Sportanlagen greift die Corona-Verordnung an diesem Punkt zu weit und muss als unverhältnismäßig angesehen werden.

Derzeit ist davon auszugehen, dass wir uns eher auf Monate als auf Wochen mit Einschränkungen des Soziallebens einstellen müssen. Die Akzeptanz für die wichtigen und wirksamen Maßnahmen fördert man bestimmt nicht dadurch, dass die Sache an anderer Stelle solche Blüten treibt. Angesichts der Bedeutung des Sports im Freien für das physische und psychische Wohlbefinden der Bürger sollten die betroffenen Vereine, aber auch die Verantwortlichen der Stadt Baden-Baden, die gezwungen sind, widersinnige Vorgaben wie im Falle der Fitness-Station verwaltungsrechtlich durchzusetzen, sich gemeinsam an die Verantwortlichen in Stuttgart wenden, um hier eine Änderung herbeizuführen: Individualsport im Freien muss von der generellen Schließung der Sportanlagen und Sportstätten ausgenommen werden!


Zurück zur Startseite und zu den weiteren aktuellen Meldungen.