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Sondersitzung Bauausschuss und Gemeinderatssitzung

Großkampftag im Baden-Badener Gemeinderat - SWR-Tannenhof: Zweifel an Versprechungen des Investors - Nora Waggershausers ungeschickter Auftritt - Klaus Bloedt-Werner zu BKV-Verträgen: "Mehr war nicht drin"

Großkampftag im Baden-Badener Gemeinderat - SWR-Tannenhof: Zweifel an Versprechungen des Investors - Nora Waggershausers ungeschickter Auftritt - Klaus Bloedt-Werner zu BKV-Verträgen: "Mehr war nicht drin"
Der Bauausschuss befasste sich am Montagnachmittag mit dem Bebauungsplan "Wohnen am Tannenhof".

Baden-Baden, 15.05.2018, 00:00 Uhr, Kommentar: Christian Frietsch Die Baden-Badener Gemeinderäte hatten gestern einen arbeitsreichen Montag. Der Bauausschuss beschäftigte sich schon am frühen Nachmittag mit dem Wohnbauprojekt auf dem vom SWR verkauften riesigen Areal von über 50.000 Quadratmetern. Erst langsam scheint den Baden-Badener Stadträten klar zu werden, welche Auswirkungen das größte Wohnbauprojekt der Geschichte in der Baden-Badener Innenstadt auf Wohnungsmarkt und Stadtbild haben könnte.

383 geplante Wohnungen werden die Stadt verändern. Michael Mann, Bauingenieur bei der Epple GmbH, Investor des Mammut-Projektes, versuchte den schwarzen Peter für eine angeblich falsche Darstellung über die Zielgruppen zukünftiger Eigentümer und Mieter den Medien zuzuschieben. Entgegen der «Meldungen aus dem Internet» sei dort ein «Zuhause für alle Schichten» geplant, versuchte der Ingenieur den Baden-Badener Stadträten und der Öffentlichkeit weiß zu machen. Ob sich die Pläne der Heidelberger Investoren grundlegend geändert haben, darf bezweifelt werden. Die wirtschaftlichen Pläne und die Zielgruppen, mit welchen sein Geschäftsführer Hermann Stegschuster in Baden-Baden erfolgreich sein will, hörten sich anders an: «Paare über 50, Singles und Zweithaushalte ohne Kinder», nannte er 2015 im goodnews4-O-TON-Interview den potentiellen Zuschnitt der Kunden, die in Baden-Baden teuren Wohnraum kaufen sollen. goodnews4.de berichtete.

So fällt der Baden-Badener Stadtverwaltung die wenig ausgeprägte Neigung zum Diskurs auf die Füße. Ausnahmslos hatten alle Sachpreisrichter seitens der Stadtverwaltung und des SWR schon 2015 für den Entwurf des Heidelberger Investors und dessen Architekturbüro aus Berlin votiert. Eine dringend notwendige breite Diskussion zu den Auswirkungen auf den Immobilienmarkt, die Verkehrsinfrastruktur und Stadtbild fand nicht statt. Weder mit dem Gemeinderat und schon gar nicht mit den Bürgern. Die Ghettoisierung von zahlungskräftigen Singles und Familien versus normal- und geringverdienenden Familien und Singels geht auch in Baden-Baden unaufhaltsam seinen Weg. Den gesetzlichen Auftrag der sogenannten Daseinsvorsorge erfüllen die Stadtverwaltung und der Gemeinderat nicht. Die beiden Partner, einerseits das der Allgemeinheit verpflichtete Baden-Baden Rathaus und der eigentlich auch der Allgemeinheit verpflichtete öffentlich-rechtliche Rundfunk orientieren sich, folgt man den Ausführungen der Investoren, allein den Gesetzen des Marktes.

Dass nun Michael Mann für den Investor Epple gestern etwas zurückruderte, ist dem viel zu späten Erwachen mancher Stadträte zuzuschreiben. Auf Nachfrage von FBB-Stadtrat Martin Ernst räumte der Epple-Sprecher ein, dass die Quadratmeterpreise in der günstigsten Lage, der sogenannten Tallage, in der Reihenhäuser für Familien geplant seien, zwar noch nicht abschließend feststehen würden, sich aber um 4.000 Euro bewegen werden. Die Wohnungen in diesem Bereich seien in Größe und Zuschnitt so optimiert, dass dafür Fördergelder, beispielsweise der KfW, beantragt werden könnten. Der von etablierten Stadträten ansonsten viel gescholtene Martin Ernst rechnete ohne Widerspruch dann vor, dass bei 4.000 Euro je Quadratmeter eine 150-Quadratmeter-Wohnung 600.000 Euro kosten würde, dies könne sich keine Familie leisten. Er erinnerte an einen Antrag von FBB und Grünen, der zum Inhalt hatte, dass die Stadt das Gelände selbst kaufen sollte. Der Investor Epple baue nun 50 Prozent mehr als in der Auslobung vorgesehen. Die Chance, hier «etwas anderes zu machen», sei, so Martin Ernst, vertan.

Zu den längst verpassten Chancen und Gestaltungsmöglichkeiten blieb nur noch ein Scharmützel zwischen zwei Rebländern. Günter Seifermann warf Klaus Bloedt-Werner vor, «Sonntagsreden» zu halten. Seine Partei habe einen Antrag auf 30 Prozent sozialen Wohnbau bei solchen Großprojekten bereits im Jahr 2015 gestellt und die Verwaltung habe «akribische Prüfung» zugesagt. Er sehe Möglichkeiten für sozialen Wohnungsbau zum Beispiel in den Erdgeschossen der Wohngebäude. Vermutlich wird es auch zu diesem Feigenblatt nicht reichen. Es sei denn die Immobilienblase kommt zum Platzen, dann dürfte es zuerst im diesem teuren, nicht so ansehnlichen Betonviertel die ersten Leerstände geben. PDF Antrag der Grünen

Mehr: PDF Bebauungskonzept «Wohnen am Tannenhof».  Der Bau- und Umlegungsausschuss stimmte der Beschlussvorlage einstimmig, ohne Enthaltungen zu.

Am Abend kam es dann im Baden-Badener Rathaus bei der sich der Sitzung des Bauausschusses anschließenden Gemeinderatssitzung zu einiger Aufregung. Etwas ungeschickt hatte Nora Waggershauser über ihre Gespräche mit BKV-Chef Steffen Ratzel berichtet, dabei ging es natürlich nicht um die BKV-Verträge, sondern um den vergleichsweise unspektakulären Tagesordnungspunkt 5 «Verlegung der Tourist-Information und des Ticket-Services in die Kurhaus-Kolonnaden». Steffen Ratzel habe die Umgestaltung der Trinkhalle nur für den Fall zugesagt, wenn die Tourist-Information in die Kurhaus-Kolonnaden umziehe und ein anderer Standort deshalb nicht infrage komme. Mit diesen wohl gar nicht nötigen Details löste die Geschäftsführerin der stadteigenen Kur- und Tourismus GmbH im Stadtrat einige Turbulenzen aus. Von einem «Knebelungsantrag» sprach Reinhilde Kailbach-Siegle, CDU. Bald hatten sich die Gemüter wieder beruhigt und Nora Waggershauser wird in Zukunft vielleicht einen im Umgang mit der redseligen Tourismus-Chefin etwas vorsichtigeren Steffen Ratzel vorfinden. Schließlich stimmte der Gemeinderat bei sieben Nein-Stimmen für die Verlegung der Tourist-Information in die Kurhaus-Kolonnaden.

Einen Spielraum für Aufregung oder Empörung gab es für den davorliegenden Tagesordnungspunkt 4 nicht. Nach fünf Jahren wird der BKV-Vertrag durch das Land Baden-Württemberg überprüft. Voraussetzung für eine weitere Verlängerung um 5 Jahre ist eine «tragfähige und nachhaltige Tourismuskonzeption». goodnews4.de berichtete. Ein Warnschuss aus Stuttgart für die Baden-Badener Rathausspitze und die Aufforderung, beim Umgang mit den Millionen sorgfältig zu agieren. Da half es auch nichts, dass die beiden Baden-Badener Landtagsabgeordneten Beate Böhlen, Grüne, und Tobias Wald, CDU, Schulter an Schulter mit Oberbürgermeisterin Margret Mergen gegen die Stuttgarter Zweifler auftraten. Noch nie gab es ein so fragiles Verhandlungsergebnis für die BKV-Verträge. «Mehr war offensichtlich nicht drin», sah Klaus Bloedt-Werner ein. Schon vor seiner ersten Amtszeit, im Jahr 2011, hatte Winfried Kretschmann im goodnews4-VIDEO-Interview diesen Paradigmenwechsel für Baden-Baden angekündigt. PDF BKV-Vertrag Der Gemeinderat stimmte dem BKV-Vertrag bei einer Nein-Stimme und einer Enthaltung zu.


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