AUS DEM goodnews4-ARCHIV

HEUTE VOR EINEM JAHR: Auch Landtagsabgeordnete Beate Böhlen wurde abgehört – CDU-Fraktionschef Ansgar Gernsbeck: „Es gibt keinen Grund zur Beunruhigung" – „Tagtäglich gibt es Verfehlungen Einzelner"

HEUTE VOR EINEM JAHR: Auch Landtagsabgeordnete Beate Böhlen wurde abgehört – CDU-Fraktionschef Ansgar Gernsbeck: „Es gibt keinen Grund zur Beunruhigung" – „Tagtäglich gibt es Verfehlungen Einzelner"
Heute vor einem Jahr berichtete goodnews4.de über illegale Tonaufzeichnungen von Gesprächen mit Baden-Badener Gemeinderäten. Fotos: Archiv

Baden-Baden, 19.02.2020, Bericht: Redaktion Was war heute vor einem Jahr? Die Schnelligkeit mit der das Leben vergeht ist eine Erfahrung, die man gleich nach den Kindertagen macht. «Ach ja, das schon wieder ein ganzes Jahr her», werden Sie vielleicht sagen, wenn Sie diesen Bericht lesen, den wir vor genau einem Jahr als Aufmacher veröffentlicht haben. Viel Spaß bei dieser ganz kleinen Zeitreise.




Auch Landtagsabgeordnete Beate Böhlen wurde abgehört – CDU-Fraktionschef Ansgar Gernsbeck: "Es gibt keinen Grund zur Beunruhigung" – "Tagtäglich gibt es Verfehlungen Einzelner"

Baden-Baden, 19.02.2019, 00:00 Uhr, Bericht: Christian Frietsch «An diesem Termin wird das BT und die BNN teilnehmen, in dem die Missstände der letzten Tage aufbereitet werden», hatte Roland Weiss den Baden-Badener Fraktionen im Februar 2017 mitgeteilt und sie zu einem Gespräch in sein Büro eingeladen. Vertreter der Gemeinderatsfraktionen von CDU, SPD, Grüne und Freie Wähler ließen sich dann in sein Büro zitieren, um die bei goodnews4.de erhobenen Verdächtigungen aus der Welt zu schaffen. goodnews4.de berichtete.

Nur die zwei Kleinen im Gemeinderat, FBB und FDP, waren dem Ruf des mächtigen Bauunternehmers nicht gefolgt. «Diese Problematik kann nicht in einem Gespräch gelöst werden, zu dem Sie einladen. Deshalb bitten wir um Verständnis, dass wir Ihrer Einladung nicht Folge leisten», hatte FBB-Stadtrat Heinrich Liesen den Bauunternehmer wissen lassen. Nun scheint sicher, dass Roland Weiss auch dieses Gespräch in seinem Büro illegal aufgezeichnet hat. Danach war in den beiden von Roland Weiss ausgesuchten Zeitungen von «Gerüchten im Internet» zu lesen.

In einem aktuellen schriftlichen goodnews4-Interview ist Beate Böhlen, Fraktionsvorsitzende der Grünen, anzumerken, dass sie wohl in ihrer Arglosigkeit einen Fehler gemacht hat, denn auch sie folgte dieser Gesprächseinladung des Bauunternehmers. «Ich hatte in meinen Leben nur ein Gespräch mit Roland Weiss, ein zweites wird es nicht geben. Dieses Gespräch fand von meiner Seite nur statt, weil ich ein großes Interesse an der Asphaltlösung für den Leopoldsplatz hatte. Die Betonlösung lehne ich auch heute noch ab», so Beate Böhlen.

In der schriftlichen Befragung fiel die Antwort von SPD-Fraktionschef Kurt Hochstuhl kurz aus. Er will weiterhin die staatsanwaltlichen Ermittlungen «abwarten». Auch Schöpflin-Nachfolger CDU-Fraktionschef Ansgar Gernsbeck sieht derzeit keinen Grund für eine Beunruhigung: «Tagtäglich gibt es Verfehlungen Einzelner. Eine Straftat, wie es das illegale Aufzeichnen von Gesprächen darstellt, ist für mich nach wie vor eine Ausnahme und die Verfehlung einer Einzelperson. Der Rechtsstaat funktioniert. Darum gibt es keinen Grund zur Beunruhigung.» Neben den aktuellen Ermittlungen in Zusammenhang mit illegalen Tonaufzeichnungen ermitteln Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei wegen des Verdachtes illegaler Preisabsprachen, Korruption und Umweltverstößen in möglicherweise schwerwiegenden Fällen. goodnews4.de berichtete.


Die schriftliche Antwort von Kurt Hochstuhl, SPD-Fraktionsvorsitzender, auf die goodnews4-Interviewanfrage:

Kurt Hochstuhl: Ich glaube wir sind alle gut beraten, das Ende der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Baden-Baden abzuwarten und dann deren Erkenntnisse zu werten.


Das schriftliche goodnews4-Interview mit Ansgar Gernsbeck, CDU-Fraktionsvorsitzender:

goodnews4: Haben Sie persönlich noch Vertrauen in die Baufirma Weiss?

Ansgar Gernsbeck: Mögliche Verfehlungen einer Person sollte man nicht auf ein gesamtes Unternehmen übertragen. Bis belastbare Feststellungen der Ermittlungsbehörden und eines Gerichts vorliegen, beteiligen wir uns nicht an Spekulationen.

goodnews4: Ist denn den Mitarbeitern in der Stadtverwaltung weiter zuzumuten, in Sitzungen zu gehen, Telefongespräche zu führen nachdem nun klar ist, dass sie möglicherweise illegal abgehört wurden?

Ansgar Gernsbeck: Bisher kenne ich selbst diese Vorwürfe auch nur aus der Presse und aus einem persönlichen Gespräch mit einer betroffenen Person. Sollte es tatsächlich so sein, dass Gespräche illegal mitgeschnitten wurden, verstehe ich, dass MitarbeiterInnen der Stadtverwaltung sich vorsichtig verhalten. Die Gefahr besteht rein theoretisch in jedem Gespräch. Ich empfehle jedoch, das Grundvertrauen in Gesprächspartner nicht grundsätzlich in Frage zu stellen.

goodnews4: Halten Sie es für richtig, dass die Baufirma Weiss die derzeitigen öffentlichen Aufträge weiter ausführt? (u.a. Bertholdplatz, Lichtentaler Straße, Ooser Hauptstraße)

Ansgar Gernsbeck: Ob Aufträge nach einem ordentlichen und korrekt durchgeführten Vergabeverfahren zurückgezogen werden können, noch dazu, wenn Baumaßnahmen schon begonnen haben, haben zunächst Juristen zu beantworten.

goodnews4: Sind Sie selbst als Geschädigter auch betroffen von den illegalen Tonaufzeichnungen?

Ansgar Gernsbeck: Nein.

goodnews4: Ist denn jetzt nicht eine öffentliche Sitzung im Gemeinderat notwendig darüber, wie man die Geschäftsbeziehung weiter gestaltet, auch um die Öffentlichkeit einzubinden?

Ansgar Gernsbeck: Dazu möchte ich auf meine Antwort zu Ziffer 3 verweisen. Es macht nur dann Sinn, eine Beschlussfassung herbeizuführen, wenn es wirklich etwas zu entscheiden gibt.

goodnews4: Was sagen Sie denn der beunruhigten Bevölkerung über die Vorgänge?

Ansgar Gernsbeck: Tagtäglich gibt es Verfehlungen Einzelner. Eine Straftat, wie es das illegale Aufzeichnen von Gesprächen darstellt, ist für mich nach wie vor eine Ausnahme und die Verfehlung einer Einzelperson. Der Rechtsstaat funktioniert. Darum gibt es keinen Grund zur Beunruhigung.


Das schriftliche goodnews4-Interview mit Rolf Pilarski, Sprecher der FDP-Gruppe:

goodnews4: Haben Sie persönlich noch Vertrauen in die Baufirma Weiss?

Rolf Pilarski: Nein, aufgrund der bekanntgewordenen Verdächtigungen, beziehungsweise Anhaltspunkte tatsächlicher Art, muss man im Umgang mit diesem Unternehmen besonders vorsichtig sein.

goodnews4: Ist denn den Mitarbeitern in der Stadtverwaltung weiter zuzumuten, in Sitzungen zu gehen, Telefongespräche zu führen nachdem nun klar ist, dass sie möglicherweise illegal abgehört wurden?

Rolf Pilarski: Aus meiner Sicht ist das nicht mehr zumutbar, weil das im geschäftlichen Umgang erforderliche Vertrauen zerstört scheint. Wer will es den Mitarbeitern der Stadtverwaltung verdenken, wenn Sie nicht mehr an weiteren Fachgesprächen mit der Firma teilnehmen wollten, weil Sie befürchten müssen, sich nicht unbefangen äußern zu können. Artikel 10 Grundgesetz regelt das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis, wer Telefonate unerlaubt abhört / mitschneidet, verstößt u.a. gegen Grundrechte! Wie bereits in der Presse berichtet, verstößt auch der unerlaubte, heimliche Mitschnitt des gesprochenen Wortes gegen Gesetze und ist strafbar.

goodnews4: Halten Sie es für richtig, dass die Baufirma Weiss die derzeitigen öffentlichen Aufträge weiter ausführt? (u.a. Bertholdplatz, Lichtentaler Straße, Ooser Hauptstraße)

Rolf Pilarski: Hier berühren wir das Vertragsrecht. Ich habe keine Einsicht in die geschlossenen Verträge. Die Juristen der Verwaltung müssen prüfen, ob es aufgrund der vorliegenden Sachverhalte möglich ist, die Verträge ohne finanziellen Nachteil (Schadenersatz) für die Stadt zu kündigen. Die sich anschließende zweite notwendige Prüfung müsste dann folgende Fragen beantworten:
− Steht ein alternatives Unternehmen (mit entsprechendem Knowhow) kurzfristig zur Verfügung?
− Ist ein Wechsel zu vergleichbaren oder vertretbaren Kosten möglich?
− Wird die Fertigstellung durch einen Wechsel nicht oder nur unwesentlich verzögert?
Wird als Ergebnis der Prüfungen herauskommen, dass die Projekte mit der Firma Weiss zu Ende geführt werden müssen, ist festzulegen, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Managemententscheidungen das geschieht. Auf jeden Fall würde eine engmaschige Dienstaufsicht der OB erforderlich.

goodnews4: Sind Sie selbst als Geschädigter auch betroffen von den illegalen Tonaufzeichnungen?

Rolf Pilarski: Nein. Die FDP hat − im Gegensatz zu anderen Fraktionen − die Einladung der Firma Weiss seinerzeit nicht angenommen.

goodnews4: Ist denn jetzt nicht eine öffentliche Sitzung im Gemeinderat notwendig darüber, wie man die Geschäftsbeziehung weiter gestaltet, auch um die Öffentlichkeit einzubinden?

Rolf Pilarski: Die FDP unterstützt größtmögliche Offenheit in der notwendigen Debatte; besonders was die Frage 3 betrifft.

goodnews4: Was sagen Sie denn der beunruhigten Bevölkerung über die Vorgänge?

Rolf Pilarski: Die Vorwürfe beziehen sich auf die Geschäftsführung der Firma Weiss. Mir ist es wichtig zu betonen, dass es nicht um die Mitarbeiter geht, und ganz besonders nicht um die Männer und Frauen, die die Arbeiten auf den Baustellen ausführen. Die FDP fordert, die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen − auch im Interesse der Arbeitnehmer − zügig zu führen. Sollte es zur Anklage kommen, muss im Falle des Schuldspruches eine entsprechende Verurteilung erfolgen. Auf Seiten der Verwaltung wurde zwischenzeitlich die Hauptsatzung geändert, auch deshalb, damit in Vergabeverfahren von Bauprojekten der Gemeinderat besser eingebunden wird.


Das schriftliche goodnews4-Interview mit Beate Böhlen, Grünen-Fraktionsvorsitzende:

goodnews4: Haben Sie persönlich noch Vertrauen in die Baufirma Weiss?

Beate Böhlen: Nein.

goodnews4: Ist denn den Mitarbeitern in der Stadtverwaltung weiter zuzumuten, in Sitzungen zu gehen, Telefongespräche zu führen nachdem nun klar ist, dass sie möglicherweise illegal abgehört wurden?

Beate Böhlen: Auf keinen Fall.

goodnews4: Halten Sie es für richtig, dass die Baufirma Weiss die derzeitigen öffentlichen Aufträge weiter ausführt? (u.a. Bertholdplatz, Lichtentaler Straße, Ooser Hauptstraße)

Beate Böhlen: Nein, aber das ist wohl ein vergaberechtliches Problem bei einer Rückabwicklung. Dies wird gerade rechtlich geprüft.

goodnews4: Sind Sie selbst als Geschädigte auch betroffen von den illegalen Tonaufzeichnungen?

Beate Böhlen: Ja. Soweit mir bekannt ist, erfolgte die Aufzeichnung bei einem Treffen zusammen mit anderen Stadtratskollegen und einem Teil der örtlichen Presse.

goodnews4: Ist denn jetzt nicht eine öffentliche Sitzung im Gemeinderat notwendig darüber, wie man die Geschäftsbeziehung weiter gestaltet, auch um die Öffentlichkeit einzubinden?

Beate Böhlen: Ja.

goodnews4: Was sagen Sie denn der beunruhigten Bevölkerung über die Vorgänge?

Beate Böhlen: Immer noch das gleiche. Ich warte mit Spannung auf die staatsanwaltlichen Ermittlungsergebnisse. Ich hatte in meinen Leben nur ein Gespräch mit Roland Weiss, ein zweites wird es nicht geben. Dieses Gespräch fand von meiner Seite nur statt, weil ich ein großes Interesse an der Asphaltlösung für den Leopoldsplatz hatte. Die Betonlösung lehne ich auch heute noch ab.


Das schriftliche goodnews4-Interview mit Martin Ernst, FBB-Fraktionsvorsitzender:

goodnews4: Haben Sie persönlich noch Vertrauen in die Baufirma Weiss?

Martin Ernst: Die gesamte Bau-Vergabe am Leo war mehr als merkwürdig. Der damalige Baubürgermeister Werner Hirth wusste bereits im August 2016 von einer Kostensteigerung von mehr als 1 Million Euro, die Oberbürgermeisterin will es − nach ihren eigenen Angaben − erst Ende Januar 2017 aus der Zeitung erfahren haben. Der gesamte Vorgang stinkt zum Himmel. Wie will man da noch Vertrauen haben? Die neuesten Enthüllungen bzgl. Mitschnitt von vertraulichen Gesprächen und das ganze gleich 186 Mal wirft doch die Fragen auf: «Wofür will ich diese mitgeschnittenen Gespräche verwenden? Wen will ich zu einer späteren Zeit mit diesen Mitschnitten konfrontieren?» Das Vertrauen in die Firma Weiss ist bereits seit der Leo-Vergabe bei mir nicht mehr vorhanden − nicht erst seit dem vor wenigen Tagen bekannt gewordenen Abhörskandal.

goodnews4: Ist denn den Mitarbeitern in der Stadtverwaltung weiter zuzumuten, in Sitzungen zu gehen, Telefongespräche zu führen nachdem nun klar ist, dass sie möglicherweise illegal abgehört wurden?

Martin Ernst: Für mich ist es egal, ob jemand Mitarbeiter bei der Stadt oder Mitarbeiter bei einer Firma aus der freien Wirtschaft ist. Wenn Vertraulichkeit nicht mehr gegeben ist, wird jeder ordentliche Kaufmann sofort aufstehen und gehen. Das kann ich den Mitarbeitern der Stadt und der Stadtspitze auch hier nur dringend raten.

goodnews4: Halten Sie es für richtig, dass die Baufirma Weiss die derzeitigen öffentlichen Aufträge weiter ausführt? (u.a. Bertholdplatz, Lichtentaler Straße, Ooser Hauptstraße)

Martin Ernst: Ganz klares Nein.

goodnews4: Sind Sie selbst als Geschädigte auch betroffen von den illegalen Tonaufzeichnungen?

Martin Ernst: Nein, weder Kollegen aus der FBB-Fraktion, noch ich haben bisher einen derartigen Hinweis erhalten.

goodnews4: Ist denn jetzt nicht eine öffentliche Sitzung im Gemeinderat notwendig darüber, wie man die Geschäftsbeziehung weiter gestaltet, auch um die Öffentlichkeit einzubinden?

Martin Ernst: Die Vergabe von Bauaufträgen ist das Geschäft der lfd. Verwaltung. Wenn die Stadtverwaltung nicht von sich aus erklärt, die Geschäftsbeziehung zu beenden, muss dies selbstverständlich durch die Fraktionen im Gemeinderat auf die Tagesordnung gebracht werden. Ich habe als Geschäftsführer der FBB bereits am letzten Donnerstag einen Antrag an den zuständigen Baubürgermeister Alexander Uhlig gerichtet, die Geschäftsbeziehung mit der Baufirma Weiss schnellstmöglich zu beenden.

goodnews4: Was sagen Sie denn der beunruhigten Bevölkerung über die Vorgänge?

Martin Ernst: Das sind seit 70 Jahren gewachsene Strukturen, die langsam aufbrechen. Dass diese Dinge ans Tageslicht kommen, hat sicherlich auch mit der Anwesenheit der FBB im Stadtrat zu tun. Ich wünsche mir sehr, dass dies die Bürger bei der nächsten Wahl auch so sehen und uns den Rücken weiter stärken.


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