Leserbrief
Leserbrief „Meine Meinung“: „9/11“ – Happy birthday! Zum 107. Geburtstag von Dr. med. Otto Heinz Ertl!

Baden-Baden, 11.09.2018, Leserbrief Ein Leserbrief an die Redaktion von goodnews4-Leserin Gertrud Mayer.
An seine noch lebende Ehefrau: «Ihr Mann ist tot und lässt sie grüßen.» (Johann Wolfgang Goethe)
Dr. med. Ertl war, was seine Geburtsdaten und Vornamen betrifft, ein Chamäleon. Mal so, mal so, das gilt selbst für das Todesdatum im Friedhofsregister. Aber dafür kann er nichts, denn dafür war die Ehefrau Eva Ertl, geb. Hambruch zuständig. Nehmen wir an, dass die Angaben auf dem Grabstein stimmen: 9.11.1911 – 18.12.1970 Dr. med. Otto Heinz Ertl.
Die große Grabstätte der Familien Hambruch - Hoellischer – Ertl liegt an der höchsten Stelle des Hauptfriedhofs direkt neben der Kapelle. Selbst für die Gräber der Pfarrer galt: mehr nach rechts! So gesehen, muss der Betrachter davon ausgehen, dass die Verteilung der Gräber auf dem Friedhof auch Ausdruck der in Baden-Baden herrschenden Machtverhältnisse ist?
Darf man den Versuch einer Interpretation machen, was die letzte Ruhestätte des Dr. med. Otto Heinz Ertl bedeuten könnte? Über seinem Grab finden wir in Bronze die bekannte Darstellung von Jesus am Kreuz, zu seiner Rechten die Mutter Maria, zu seiner Linken die reuige Sünderin Maria Magdalena, die einst Jesus die Füße salbte. Ihre Handhaltung ist dem Salbengefäß angepasst, welches aber einen Liebhaber gefunden zu haben scheint. Sie trägt halb unter dem Gewand ein Buch, die Bibel. Die Heilige Maria Magdalena ist die Patronin der Frauen, der reuigen Sünderinnen und der Verführten.
Wie vereinbart sich das aber mit der Arbeit des Dr. med. Ertl, seiner gynäkologischen Dissertation von 1938 in Heidelberg, die letztlich die Verhinderung unwerten Lebens beinhaltet? Soll es etwa ein später Ausdruck von wirklicher Reue sein, so dass ihm alles vergeben war?
Sein Doktorvater, Professor Dr. Runge, knüpfte bei seinen Studenten und Assistenten kompromisslos die Mitgliedschaft in die NSDAP, SA oder SS. Spätestens mit der Kristallnacht vom 9. November 1938 wurde klar, dass Verfolgung auf Vernichtung hinauslaufen sollte. Am 30 Januar 1941 drohte Hitler öffentlich mit der «Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa».
Um 1940 erscheint Otto Heinz Ertl als Stabsarzt in Lübeck, wohnhaft in der Körnerstraße 16. Danach verliert sich seine Spur und Existenz - aber wohin? Wer füllt die große Lücke bis 1945? Wohl vorrangig seine spätere Ehefrau Eva, geb. Hambruch! Sie müsste schließlich das Vorleben ihres Ehemannes gekannt haben, oder? Nimmt sie die Befunde der Antisemitismus-Forscher aus gesellschaftspolitischen Gründen nicht zur Kenntnis?
Die Lücke in der Biografie des Dr. med. Otto Heinz Ertl bis 1945 lässt sich zurzeit nur mit Vermutungen füllen - bis die Archive die angeforderten Auskünfte geben. Begnügen wir uns für heute mit der eventuell wahrscheinlichen Wahrheit über diese Zeit, niedergeschrieben in „Die Akte Odessa“ von Frederick Forsyth im Januar 2000. Forsyth gibt in der „Akte Odessa“ Eduard Roschmann, alias F(r)ederico Wegener dem Schlächter von Riga, geb. 25.11.1908, der Kommandant des Rigaer Ghettos und des KZ in Riga war, folgenden Monolog:
«ODESSA: das ist die Organisation der ehemaligen SS-Angehörigen, die 1945 … über ein immenses Vermögen verfügt, das am Ende des Krieges nach Zürich verfrachtet wurde. Und wer ODESSA in die Quere kommt, wird gnadenlos gejagt … Und wir von der SS wir waren die Besten, die Elite und sind es auch heute noch. … Unser Volk konnte nur überleben. wenn unsere Feinde ausgeräuchert wurden. Und zu diesen Feinden, die für unser Unglück verantwortlich waren, gehörten vor allem die Juden. Und weil wir versucht haben, die Welt von dieser Pest zu befreien, macht ihr jetzt ein Geschrei. Es hat sie doch niemand nehmen wollen! Es gab eine Zeit wo wir sie verschenkt hätten. Aber keiner wollte sie! Wir Ehemaligen haben Deutschland wiederaufgebaut, seine Macht und seinen Reichtum gemehrt. Waren es etwa die Leute, die ihre Zeit damit vertun, sich ein paar kümmerlicher Juden wegen in wehleidigen Gemeinplätzen zu ergehen?»
Damit sind wir im Heute angelangt. Medizinalrat Dr. Otto Heinz Ertl, praktischer Arzt, wohnhaft in der Ebersteinstraße 28, taucht um 1950 in Baden-Baden auf. Wir verlangen heute mehr Transparenz und lehnen Verschleierungen ab. Vor allem dann, wenn der Geschichte von einer Tageszeitung Gewalt angetan wird, die sich selbst als «unbestechlich» bezeichnet. Wir halten es mit dem Geheimrat Goethe, der an seinem Lebensende forderte: «Mehr Licht!»
Das wird man alles hinterfragen dürfen und auf erhellende Antworten warten - oder?
Gertrud Mayer
Baden-Baden
Wenn Sie auch einen Leserbrief an die Redaktion senden möchten, nutzen Sie bitte diese E-Mail-Adresse: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
In Ausnahmefällen veröffentlicht goodnews4.de Leserbriefe auch unter einem Pseudonym. Die tatsächliche Identität des Verfassers ist goodnews4.de in jedem Fall bekannt.
PDF «Spielregeln» für Leserbriefe an goodnews4.de
Zurück zur Startseite und zu den weiteren aktuellen Meldungen.







