Leserbrief

Leserbrief „Meine Meinung“ – „Heute - an Fronleichnam - wird unsere kleine Straße von Gelben Tonnen und Säcken gesäumt“

Baden-Baden, 04.06.2016, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leser Marduk Buscher Stellung.

Aus meiner Kindheit kenne ich noch Fronleichnamsprozessionen ganz anderer Art.

Heute – an Fronleichnam – wird unsere kleine Straße von einer Reihe von Gelben Tonnen und Säcken gesäumt.

Dabei war gestern der monatliche Leerungstermin, den der städtische Umweltkalender schon im Vorjahr bekannt macht. Dabei ist es wichtig, daß Feiertage terminlich «umschifft» werden, und ein städtischer Ukas droht mit Strafe, wenn man die Tonnen früher als am Vortag hinausstellt.

Also machen die Bürger und Gebührenzahler das auch so, um die Verwaltung nicht zu erzürnen.

Gestern nun wurden unsere Gelben Tonnen bis mittags nicht -wie geplant- abgeholt. So, wie auch im letzten Monat nicht.

Damals standen sie drei Tage am Straßenrand, behinderten den Verkehr und forderten die Tiere des nahen Waldes (Füchse, eine Rotte Wildschweine und eine Dachsfamilie sind hier ansässig) heraus, die begleitenden Säcke aufzureißen und nach Fressbarem zu durchsuchen. Eine heftige Windböe reichte damals, alle Vorgärten vor-pfingstlich zu schmücken.

Nun also wieder?

Zum Glück gibt es ja die Abfallberatungsstelle der Stadt, die für so etwas zuständig ist! Bei meinem Anruf erfuhr ich, daß die zuständige Entsorgungsfirma schon verständigt sei und «nach Möglichkeit» noch einmal vorbeikomme.

 

Wegen des bevorstehenden Feiertags bat ich darum, aus der Möglichkeit eine Gewissheit zu machen, und lernte im Gegenzug die phlegmatische Lebensphilosophie der hilfsbereiten Dame kennen: «Leben und leben lassen! man muß doch miteinander auskommen, und jeder hat es heute schwer...»

Ja, gewiß, das weiß man, wenn man in anderem Zusammenhang mit städtischen Stellen zu tun hat: man hat als Bürger zu funktionieren und zu zahlen, und der Wortlaut des Gesetzes ist der einzige Maßstab. Daher bat ich um einen größeren Nachdruck gegenüber der Entsorgungsfirma, was man mir nicht zusagen wollte, obwohl ich auf den kapitalistischen Funktionszusammenhang von Zahlen und Bestimmen hinwies, sowie auf die Definition von Leistung als «Arbeit pro Zeit», was in diesem Fall auch die Pünktlichkeit meine.

Es kam, wie es bei soviel philosophisch begründeter Nachsicht kommen mußte:

Kurz vor 18 Uhr standen die Tonnen noch immer in Reih und Glied am Straßenrand. Ein dringlicher Anruf bei der Entsorgungsfirna ergab, daß nun alle Fahrzeuge im Depot, und alle Mitarbeiter im wohlverdienten Feierabend seien. Morgen sei ja Feiertag, ... und den wolle man wohl grillend einläuten, vermutete ich.

Die darauf keine Rücksicht nehmende Steigerung der Dringlichkeit ergab, daß über einen Rückruf von Mitarbeitern normalerweise nur die Geschäftsleitung entscheiden könne, die man nun anrufen werde. Ich bat darum, und las aus der Formulierung auch das Zugeständnis, daß dies wohl schon vorgekommen sei.

Der Geschäftsleitung scheint das wiederholt aufgetretene Problem dieses Mal jedoch keiner Beachtung wert gewesen zu sein, denn auch am heutigen Fronleichnam steht der Müll am Straßenrand und wartet auf die in der zweiten Nacht sicher aufkreuzenden Wildtiere... oder auch auf die Juroren des Weltkulturerbe-Siegels?

Warum nur, so frage ich mich als Unternehmer, kann sich der Geschäftsführer einer Entsorgungsfirma, die seit Jahren diesen Auftrag immer wieder erhält, so sicher sein, daß das Nichterbringen einer Leistung keine Auswirkung auf den Ausgang der nächsten Ausschreibung hat?

So etwas gibt es wohl nur in Baden-Baden...

Marduk Buscher
Baden-Baden


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