Leserbrief

Leserbrief „Meine Meinung“ – „Kollegah-Entscheidung“ unter „Rats-Kollegen“ – „Deutlich mehr als die wenigen AfD-Mitglieder?“

Baden-Baden, 28.10.2019, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leser Klaus-Eckhard Walker Stellung zu dem goodnews4-Bericht Kollegah-Konzert in Rastatt nicht erwünscht − Gemeinderat stimmt für Kündigung des Mietvertrags für die BadnerHalle.

Der Oberbürgermeister der Stadt Rastatt begründet in einer Pressemitteilung der Verwaltung die Streichung des Kollegah-Konzertes vom Veranstaltungskalender der Stadt Rastatt u.a. wie folgt: «Denn als aufrechte Demokraten tragen wir Verantwortung, das Erinnern an die Gräueltaten des Naziregimes am 09. November hochzuhalten. Und wir sind ebenso gefordert Vorbild zu sein und dem entgegenzutreten.» Aber bitteschön, möchte man hinzufügen, nur hinter verschlossenen Türen. Denn dort und nicht vor den Augen der Öffentlichkeit ist die Entscheidung, das Kollegah-Konzert vom Veranstaltungskalender der Stadt Rastatt zu streichen, erfolgt. Deshalb wird der Leser auch nie erfahren, wer und wie viele sich von den ‚aufrechten Demokraten‘ im Ratssaal authentisch für die Durchführung des Kollegah-Konzertes ausgesprochen haben. Waren es doch deutlich mehr als die wenigen AfD-Mitglieder? Der Leser wird nicht erfahren, mit welchen Gründen sich die Befürworter für die Durchführung des Konzertes am 09. November ausgesprochen haben. Der Leser kann ferner nicht nachvollziehen, wie und warum ein solcher Veranstaltungskalender mit Kollegah zustande kommen kann, für den genau jener die Verantwortung trägt, der auf Grund einer Anfrage der Presse gerade noch rechtzeitig genug die «antisemitischen, gewaltverherrlichenden und frauenverachtenden Texte» des ‚Künstlers‘ erkannt hat.

Die Debatte darüber, ob und wo ‚künstlerische Freiheit‘ endet, wäre freilich öffentlich zu führen gewesen. Eine Abstimmung darüber darf niemals im verborgenen Raum stattfinden. Das wäre der Anfang vom Ende. Hinter berechtigten Interessen Dritter (wer wäre das? Die AfD?) kann das einzelne Ratsmitglied sich in diesem Fall wohl nicht verschanzen, um die Öffentlichkeit aus dem Betrieb der Kommunalpolitik fern zu halten. Die Sondersitzung (!) des Gemeinderates hätte der Tag der Kontrolleure der Verwaltung werden können, wenn man denn die beschworenen Vorbilder im Rat hätte aktiv sehen und erleben dürfen. Das zum Ausdruck gebrachte politische Zeichen wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit somit bestenfalls halbherzig gesetzt. Das hat das Thema nicht verdient. Angst vor der öffentlichen Debatte lasse ich auch in diesem Fall nicht gelten. Eine vom Schauplatz der Demokratie fern gehaltene, noch so kritische Presse kann das Demokratieversagen nicht retten.

Mir klingen die Worte des Bundesverfassungsrichters a.D. Udo di Fabio mit seinem besonderen Anliegen im Ohr, als er ein Resumée zu «70 Jahren Demokratie» in der BRD zog. Er mahnte mit deutlichen Worten einen fehlenden öffentlichen Diskurs, öffentlichen Streit und das Ringen um Mehrheiten in unserer Demokratie an. Die Chance, Demokratie in der Revolutions- und Freiheitsstadt Rastatt zu wagen, wurde in diesem Sinn wieder einmal verpasst.

Klaus-Eckhard Walker, M.A. rer.pol.
Rechtsanwalt
Rastatt


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