Baden-Baden, 03.09.2022, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leser Stefan Gorny Stellung zu dem goodnews4-Bericht Friedensstifter Michail Gorbatschow ist tot – Gastkommentar von Franz Alt.

Herrn Alts Nachruf an Michail Gorbatschow ist ein Musterbeispiel für die bei uns weitverbreitete Russland-Romantik, die Eric Gujer von der NZZ in seinem Beitrag «Wer sich blenden lässt, den bestraft das Leben» so trefflich beschreibt.

Alts Eloge handelt vom «größten politischen Liebespaar», dem «größten Abrüster aller Zeiten» und davon, dass «Putin-Land» nicht Russland sei. Geht’s auch etwas kleiner? Gorbatschow, dem wir Deutsche viel verdanken, war in seiner Heimat stets umstritten. Glasnost und Perestroika entstanden, als die Sowjetunion politisch und wirtschaftlich mit dem Rücken zur Wand stand. Gegen ihn wurde (dilettantisch) geputscht und sein Nachfolger Jelzin revidierte seine Politik bereits.

Was ist schlimmer, fragt Eric Gujer: Furcht oder Verklärung? Beides trübt den Blick! Putin profitierte völlig unverdient vom Vertrauensvorschuss aus unserer «Gorbi-Mania». Und so ist unsere heutige Sicherheits- und Energiekrise die unmittelbare Folge von zu viel naiver Romantik und zu wenig nüchternem Realitätssinn.

Stefan Gorny
Baden-Baden

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