Leserbrief

Leserbrief Meine Meinung – „Offener Brief“ – Jüdische Gemeindemitglieder: „Wir sind zutiefst entmutigt und besorgt“

Baden-Baden, 23.11.2020, Leserbrief In einem Leserbrief an die goodnews4-Redaktion nehmen 42 Mitglieder der Israelitischen Kultusgemeinde Baden-Baden Stellung zu dem goodnews4-Bericht Vorwürfe in der Jüdischen Gemeinde Baden-Baden − Rami Suliman widerspricht − «Pandemiebedingt keine Gemeindeversammlung»− «Bis 30.06.2021 einen 1. Vorsitzenden bestellt».

Offener Brief

Es ist nicht in jüdischer Tradition, schmutzige Wäsche in der Öffentlichkeit zu waschen, aber nach nutzlosen Rechtsstreitigkeiten im Schiedsgericht und mit dem Oberrat haben wir keine andere Möglichkeit, als die Öffentlichkeit durch die Presse anzusprechen.

Rechtsverachtung

In diesem aktuellen Jahr haben wir immer öfter das Gefühl der Nichteinbeziehung. Zu Beginn der Pandemie fanden in unserer Gemeinde Wahlen statt, infolgedessen Herr Efim Vaismann zum ersten Vorsitzenden gewählt wurde. Es sind jedoch noch nicht einmal zwei Monate vergangen, als eine außerordentliche Vorstandssitzung von Herrn Alexander Ziv (Mitglied des Beirats) und Herrn Wladimir Baschmet (2. Vorsitzender) dringend einberufen wurde. Aus unserer Sicht wurde bei dieser Sitzung entgegen der Satzung und Wahlordnung abgestimmt, um den ersten Vorsitzenden aus dem Amt abzusetzen. Danach wurden die Posten der Vorstandsmitglieder so umverteilt, dass sich herausstellte, dass der erste Vorsitzende der Gemeinde plötzlich nur noch Mitglied des Beirates war und Wladimir Baschmet 1. Vorsitzender wurde. Dieses ganze Verfahren wurde geheim vor den Mitgliedern der Gemeinde durchgeführt und war geschlossen. Herr Efim Vaismann wurde fast zwei Monate nach den Wahlen abgesetzt, er hatte nicht einmal Zeit, sich zu beweisen, da die Gemeinde geschlossen war. Darüber hinaus wurden alle Änderungen mit Zustimmung des Oberrats vorgenommen. Herr Efim Vaismann äußerte öffentlich seine Unzufriedenheit und verließ den Beirat.

Nach einer langen Pause wurde die Entscheidung des Oberratsdelegierten der IRG Baden bekannt gegeben – es sollten Nachwahlen für die vakante Position durchgeführt werden, die nach dem Ausscheiden von Herrn Vaisman aus dem Vorstand freigeworden war. Die Nachwahlen wurden jedoch nie abgehalten. Genau nach der Ankündigung der Verschärfung der Corona-Verordnung fand, ebenfalls geheim, am 25. Oktober eine außerordentliche Vorstandssitzung statt, bei der eine völlig neue Person für die Gemeinde, der Geschäftsführer der Firma Badischer Sonnenschein – ein Pflegedienst für ältere und behinderte Menschen, Herr Dmitry Sudarev, ganz unerwartet zum ersten Vorsitzenden unserer Gemeinde ernannt wurde, mit einem neuen Nachnamen: Ginzburg. Die Gemeindemitglieder wurden erst nach 16 Tagen über diese Entscheidung nachträglich informiert. Niemand kennt Herrn Dmitry Sudarev-Ginzburg und er hat noch nie am öffentlichen Leben der Gemeinde teilgenommen. Er stellte den Gemeindemitgliedern weder seinen Lebenslauf zur Verfügung, noch stellte er seinen Tätigkeitsplan vor.

 

Wir sind zutiefst entmutigt und besorgt über diese Art von vorsätzlichen Handlungen. Alle oben beschriebenen Ereignisse sind aus unserer Sicht satzungswidrig und verletzten unsere Wahlordnung. Dort gibt es keine Rechtsnormen, nach denen es möglich ist, die Positionen der Vorstandsmitglieder neu zu verteilen und den ersten Vorsitzenden einer Person zu ernennen, die nicht an den Wahlen zum Vorstand der Gemeinde teilgenommen hat. So wurden bei uns allein im letzten Jahr vier Vorstandsvorsitzende gewechselt. Wir haben aufgehört, an Rechtsstaatlichkeit und Recht zu glauben. Es kommen völlig zufällige und interessierte Personen zum Amt des ersten Vorsitzenden, die noch nie am öffentlichen Leben der IKG Baden-Baden teilgenommen haben.

Wir sind alle gesetzestreue und gewissenhafte Menschen, die seit vielen Jahren in Deutschland leben. Wir sind an die Oberhoheit des Rechtes und Gesetzes gewöhnt. Die beispiellose Situation in unserer Gemeinde lässt uns jedoch an der Funktionalität des demokratischen und rechtlichen Systems des deutschen Staates zweifeln. Wir bitten den Zentralrat der Juden, das Kulturministerium sowie die Zivilgesellschaft, der anhaltenden Willkür große Aufmerksamkeit zu schenken, da unsere Gemeinde auf Kosten der Steuerzahler existiert, die die mögliche Gesetzlosigkeit leider indirekt tolerieren ohne es zu wissen.

Mit freundlichen Grüßen
42 Gemeindemitglieder der IKG Baden-Baden

P.S. Inzwischen hatte sich Herr Suliman über die jüngsten Vorfälle in der Gemeinde auf goodnews4.de geäußert. Wir möchten noch gerne dazu wie folgt Stellung nehmen:

− Herr Suliman vergisst, dass Artikel 15 der IRG-Satzung keine direkte Einmischung in die Ernennung des Vorstands einzelner Gemeinden vorsieht. Dies steht in direktem Widerspruch sowohl zu den Satzungen der einzelnen Gemeinden des Landes Baden als auch zur Satzung der IRG Baden, da alle Gemeinden den gleichen unabhängigen Status von K.d.ö.R haben.

− Die Wahlordnung sieht die Verteilung von Vorstandsämtern unmittelbar nach den Wahlen vor, sieht jedoch keine mehrfache Umverteilung von Ämtern vor. Bei dem Fall Vaismann wurden die Vorstandsposten erneut umverteilt und genau aus diesem Grund wurde Herr Vaismann aus dem Amt des ersten Vorsitzenden abgesetzt.


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