Leserbrief

Leserbrief „Meine Meinung“ – Pop-Up-Radspur in Rastatt – „So viel Mut, etwas fundamental Neues in Sachen Mobilität auszuprobieren“

Baden-Baden, 31.07.2021, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leser Oliver Haungs Stellung.

Rastatt hat vorläufig eine befristete Pop-Up-Radspur. So viel Mut, etwas fundamental Neues in Sachen Mobilität auszuprobieren, verdient unser aller Respekt. Wir können froh sein, dass die Politik in Rastatt nicht im Dornröschen-Dauerschlaf versinkt, wie in manch anderen vergleichbaren Städten.

Meine Radfernfahrten führten schon viele Male den Neckarradweg entlang. Bis vor Kurzem hatte man beim östlichen Ansteuern von Heidelberg als Radfahrer ganz schlechte Karten. Im Mix durfte man am rechten Fahrbahnrand ein kleines Reststückchen Asphalt als Streifen von ca. 40 cm Breite hinter einem breiten weißen Begrenzungsstreifen oder einen minderwertigen, viel zu schmalen Bürgersteig nutzen, der sowohl von Fußgängern als auch von Radfahrenden in beide Richtungen genutzt wurde. Das Wort Chaos trifft den damaligen Ist-Zustand genau. Es ging immer im Zentimeterabstand aneinander vorbei. Jede Passage von Radelnden oder zu Fuß Gehenden war eine potenzielle Unfall- und Gefahrenquelle.

Nicht so vor 4 Wochen. Ich staunte Bauklötze: Die Stadt Heidelberg hat ca. 3 km vor der Stadt bis in die Stadt die zweispurige B 37 auf eine Spur verengt und auf der freiwerdenden Fahrbahn eine Pop-Up-Radspur eingerichtet. Die Radfahrspur wurde mir Betonschutzwänden zur Fahrbahn hin für die Autos abgeschirmt. Die neue Situation ist ein Riesenfortschritt. Man fühlt sich als Radelnder endlich ernst genommen, es ist ein Hochgenuss dort zu radeln. Inzwischen tummeln sich unzählige Radfahrende auf der neuen Pop-Up-Spur. Langsamere können gefahrlos überholt werden. Trotz dem dortigen Gegenverkehr kein Problem, da kein Risiko. Hier wird Radfahren zum Vergnügen. Außerdem bemerkenswert: Heidelberg versinkt, entgegen allen Unkenrufen, nicht im Dauerstau oder Verkehrschaos, ganz im Gegenteil. Auch in Heidelberg waren mutige Kommunalpolitiker mit Pioniergeist am Werk und haben gezeigt, dass es funktioniert.

 

Ganz oben auf der Agenda steht leider immer noch (!) die Notwendigkeit, Radfahrende vor rücksichtslosen KFZ-Lenkenden zu schützen. Trotz der neuen Vorschrift, innerorts mindestens 1,5 m Seitenabstand zum Fahrrad einzuhalten (außerorts 2 m), wird diese weitgehend konsequent ignoriert. Auf meinen Radfahrten anlässlich des aktuell stattfindenden Stadtradelns durchquerte ich auch andere Städte. Als Beispiele kann ich hier Achern und Bühl nennen, wo vor Ampeln von rücksichtslosen KFZ-Lenkern der Fahrradschutzstreifen vorsätzlich blockiert wird, weil das Rad sonst an ihnen rechts vorbeifährt und die Stadt schneller durchquert als ihre antiquierten PS-Boliden. Solange bei den Verkehrsteilnehmern, die das Verkehrsgeschehen bestimmen, kein Umdenken stattfindet, ist es mehr als notwendig, zum Schutz der Radelnden eine möglichst dauerhafte Pop-Up-Radspur einzurichten. Ich bezweifle, in Anbetracht der kurzen Dauer der provisorisch angelegten Pup-Up-Spur sowie des Beginns der Hauptreisezeit, die Aussagekraft des am Ende stehenden Resümees im Herbst. Denn es sind nicht nur viele Fahrradaffine im Sommerurlaub, sondern auch die Zeit sich in eine oder besser mehrere Testfahrten hineinzuwagen und die neue Spur mehrfach auszuprobieren ist zu knapp. Ich wünschte mir eine Verlängerung bis Ende November 2021. Ich sage jedoch voraus, dass es keine nachhaltigen oder Dauerstaus in Rastatt geben wird. Die rechten Spuren waren bisher weitestgehend lediglich zum Ein- und Ausparken und geschäftlichen Anlieferverkehr und wurden ansonsten kaum genutzt. Mit der Pop-Up-Radspur und dem RSW gelingt Rastatt der verkehrspolitische Aufbruch an die Zukunft.

Oliver Haungs
Muggensturm


Wenn Sie auch einen Leserbrief an die Redaktion senden möchten, nutzen Sie bitte diese E-Mail-Adresse: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

In Ausnahmefällen veröffentlicht goodnews4.de Leserbriefe auch unter einem Pseudonym. Die tatsächliche Identität des Verfassers ist goodnews4.de in jedem Fall bekannt.

PDF «Spielregeln» für Leserbriefe an goodnews4.de


Zurück zur Startseite und zu den weiteren aktuellen Meldungen.