Leserbrief

Leserbrief „Meine Meinung“ zu den Marketing-Konzepten der Stadt Baden-Baden - The „BAD-BAD-MARKETING“ - Da schlägt’s dreizehn!

Baden-Baden, 26.02.2018, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leser Kurt Krause Stellung zu dem goodnews4-Bericht Nora Waggershauser präsentierte den Baden-Badener Gemeinderäten kreative Zielgruppen − «Die ‘neuen Reichen’, die Einkaufstouristin, der Designhotel-Fan, die Baden-Württembergerin».

Stellen wir uns doch mal ganz dumm: Nora Waggershauser geht ins Theater. Sie hat sich Goethes Faust angesehen. Warum sonst verfährt sie nach dem Motto: «Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen; Und jeder geht zufrieden aus dem Haus»?

Nora Waggershauser präsentierte − wie goodnews4 berichtete − am 19.2.2018 im Hauptausschuss das neue Tourismus-Marketingkonzept. Sie will das Konzept noch näher erläutern, aber einige kritische Bemerkungen kann man schon jetzt machen. Sie definierte 13 (dreizehn) verschiedene − teils exotische aber vorwiegend weibliche − Zielgruppen, die sie mit den spärlichen Budgetmitteln des BBTs zum Besuch Baden-Badens gewinnen will: «Die Wellnesstouristen, die Casinogänger, die Stammgäste, der Kongressbesucher, die ‘neuen Reichen’, die EinkaufstouristIN (!), der Designhotel-Fan, die ‘New Pop Festival’-BesucherIN (!), der Familientrip, die Kulturgenießer, die Kurgänger, die Internationalen, die Baden-WürttembergerIN (!).» Diese Definition macht Männer als Touristen unerwünscht und diskriminiert sie. # Me too!

Das Ganze liest sich wie aus einem klugen Marketing-Handbuch abgeschrieben, entspricht aber nicht den Erfahrungen in der Praxis. Weniger (Gruppen) wäre mehr gewesen! Die o. a. Streubreite des Marketings konterkariert das Konzept − der Werbe-Etat versickert. Nicht kleckern, sondern klotzen − ggf. nur mit einer Zielgruppe je Jahr!

Baden-Baden hat kein Alleinstellungsmerkmal, außer dass die Stadt vor 150 Jahren für den europäischen Adel Sommerhauptstadt war. Schlossruinen, Schlösser, Thermalquellen gibt es zu Hunderten, wenn nicht zu Tausenden. Gleiches gilt für Orchester, Theater und Museen − nicht einmal für das Casino. Das Stadtbild − nun ja − da gibt es seit Jahren eine einflussreiche Bau-Lobby, die Zug um Zug, Straße um Straße, sich daran abarbeitet, Baden-Baden zu zerstören.

Die kleine Stadt und ihre Hotellerie braucht nicht mehr Übernachtungs-Touristen und Tagesbesucher. Das alles geht vor allem zu Lasten der Lebensqualität der hier permanent wohnenden und Steuer zahlenden Bürger. Frau Waggershauser verfolgt aber im Tourismus das «Mehr-Mehr-Prinzip». Dann sollte sie sich auf 4, maximal 6 Zielgruppen konzentrieren, denn lt. BBT beträgt die durchschnittliche Verweildauer des Gastes ca. 2,5 Tage. Die «neuen Reichen» findet man wohl eher in Dubai oder Bali, und zum Shoppen verleitet die Innenstadt nicht einmal die Ortsansässigen. Dafür ist der Mix der Geschäfte nicht mehr ausreichend und das Sterben der Fachgeschäfte setzt sich ungebremst fort.

Im gleichen Ausschuss präsentierte Dr. Holl von der GMA «Baden-Baden auf dem Weg zur Shoppingmarke» − 1) eine Analyse des Ist-Zustandes der «Shoppingdestination», 2) Befragungsergebnisse zu Baden-Badens Position im Wettbewerb mit vergleichbaren (?) Städten, 3) der daraus abgeleiteten Schlussfolgerung, «Erlebnis und Premiumshopping» seien das Gebot der Stunde und schloss 4) mit der Forderung, die nächsten Schritte sollten «Konzept und Umsetzung» sein. Wovon eigentlich?

Die von ihm abgelieferte Power-Point Präsentation ist nur eine schlagwortartige Kurzfassung der «wirklichen Analyse» der GMA. Das hat die Stadt Baden-Baden 20.000,00 EUR gekostet. Kann man dafür schon Qualität erwarten, wenn sogar eine «umfangreiche» Befragung von Einwohnern und Touristen stattgefunden hat? Wie erfreulich, dass in Baden-Baden alles zum Besten ist, nur das Thema Parken stößt bei den Befragten übel auf. Und ob die von ihm in der SWOT-Analyse genannten internationalen Gäste wirklich aus dem «gehobenen Segment» sind, darf bei Hausbediensteten aus dem Orient füglich bezweifelt werden.

Die Präsentation einiger Bildchen verfehlten i. d. Regel das Thema, so z.B. bei «Gastronomie&rauqo;, dem «Beleuchtungskonzept» oder beim Schlussbild mit dem Bummerl-Haus, welches auch schon in älteren Präsentationen der Firma GMA benutzt wurde. Sie wissen nicht, was das «Bummerl-Haus» ist? Nun, es ist ein schönes Beispiel dafür, wie in anderen Städten mit dem kulturellen Erbe umgegangen wird und es liegt … in Steyr, Österreich.

Wenn man den Klagen des Vorsitzenden des Einzelhändlervereins Baden-Baden Innenstadt Herrn Vickermann folgt, begann das Sterben des innerstädtischen Einzelhandels ungefähr zu dem Zeitpunkt, als OB Mergen ihr Amt antrat. Seitdem purzeln die Geschäftsschließungen im Dutzend: Vogt Metzgerei, ArtDeco, McDonalds, Strenesse, Ballerina, Hirmer Schuhe, Café Beeg, Linea L, B.M. Company Blusenmanufaktur, Taake Modesalon, Scheyder, etc. Ein Immobilien-Portal nennt für Baden-Baden zurzeit 84 Gewerbeimmobilien-Angebote darunter 18 Ladenlokale, 39 Büros und Praxen.

Ist Erlebnis- und Premiumshopping alternativlos? Wenn der Textil-Einzelhandel sich bei der nächsten Order stärker an dem «modischen Outfit» von OB Mergen oder den Damen der Fraktionsvorsitzenden im Gemeinderat orientieren würde, gäbe es bestimmt einen deutlichen Umsatzsprung. Vielleicht würden dann auch 55.000 kaufkräftige Baden-Badener mal wieder gern durch Lange Straße und Gernsbacher Str. bummeln, − nicht um zu shoppen, aber zum Einkaufen. Baden-Badener Bürger und Bürgerinnen wollen ihre Stadt zurück und nicht mehr fremdbestimmt sein.

Kurt Krause
Baden-Baden


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