Leserbrief

Leserbrief „Meine Meinung“ zu „Erzürnter SPD-Stadtkreisvorsitzender Werner Henn - Was hat das Thema Synagoge mit der Brücke zu tun?“ – Sehr viel! Das sollten SIE eigentlich wissen, Herr Henn!

Baden-Baden, 28.01.2019, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leser Rudolf Rust Stellung zu dem goodnews4-Bericht Erzürnter SPD-Stadtkreisvorsitzender Werner Henn − «Was hat das Thema Synagoge mit der Brücke zu tun?».

Seit Wochen, seit Monaten wurde in Baden-Baden ein einziges Buch gelesen. In ganz Baden-Baden? Nein! Denn Gerhard Durlachers Buch «Ertrinken» über seine Kindheit in Baden-Baden im Dritten Reich wurde immer wieder in Häppchen vorgelesen und meistens nur für wenige Zuhörer. Dem «Badischen Tagblatt» war es immer wieder einen Bericht wert, lenkte es doch von der Frage der Restitution des ehemaligen Synagogengrundstücks in der Stephanienstr. 5 ab.

Werner Henn (SPD), noch Ratsherr und auch Mitarbeiter eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks, Ehrenamtler mit mehr als zwei Dutzend Funktionen, ist nicht jüdischen Glaubens. Er hat angeregt, eine kleine Brücke nach Gerhard Durlacher zu benennen. Erinnert er sich, dass die gute alte ES-PE-DE mit Ferdinand Lassalle einen jüdischen Gründer hatte und wesentliche Theoretiker wie Marx, Kautsky, Bernstein oder Rosa Luxemburg aus jüdischen Familien stammten? Nach dem zweiten Weltkrieg und dem Holocaust gibt es wieder jüdische Familien in Deutschland − auch in der SPD. Hier sei nur an Ludwig Rosenberg, (DGB-Vorsitzender), Herbert Weichmann (Hamburger Bürgermeister), Philip Rosenthal (Unternehmer) oder Egon Bahr (Journalist) erinnert.

Oder findet Henn, dies sei ein Beitrag zur Wiedergutmachung dessen, was Banater Schwaben wie er in Hitlers Wehrmacht verübt haben? Die Taten der 7. SS-Freiwilligen Gebirgs-Division Prinz Eugen sollen legendär gewesen sein − vor allem was die Kriegsverbrechen an Serben und Juden angeht. Die braven Banater Schwaben wollten auch möglichst viel von den Gütern abbekommen, die deportierten Juden geraubt wurden. Hier die passende Buchempfehlung, falls Baden-Badener*innen mal wieder lesen wollen: Mariana Hausleitner «Die Donauschwaben 1868 – 1948 − Ihre Rolle im rumänischen und serbischen Banat».

Werner Henn findet mit seinem Namens-Vorschlag Zustimmung bei den üblichen Verdächtigen von «Baden-Baden liest ein Buch», allen voran die Vollzeit-Aktivistin Rita Hampp, der «Mutter der Suppenküche für illegal ins Land geströmte Migranten». Auf die Frage von Ruben Schuster, ob er auch die goodnews4-Dokumentation «Die Würde des Ortes wiederherstellen» zum ehemaligen Synagogengrundstück kenne, antwortet Henn mit einer Frage: «Was hat das Thema Synagoge mit der Brücke zu tun?»

Das ist sowohl stilistisch als auch inhaltlich makaber und wirft ein schlechtes Licht auf die Diskursfähigkeit dieses ARTE-Mitarbeiters. Einerseits will Henn einen jüdischen Familiennamen für seine politische Arbeit instrumentalisieren. Andererseits leugnet er den offensichtlichen Zusammenhang Durlachers mit der zerstörten Synagoge, heute profan genutzt als Parkplatz für Mitarbeiter des «Badischen Tagblatts».

Per Zufall habe ich die Diskussion auf der Facebook-Seite der Voll-Aktivistin und Bloggerin Rita Hampp mitgelesen und war erschüttert, wie heute eine Gruppe von als Bürger*innen über einen Auskunft suchenden jüdischen Mitbürger herfallen, als wären sie ein Rudel rumänischer Straßenhunde − nur ganz ohne Beißhemmung! Sollten sich in der Baden-Badener Gesellschaft die Sünden der Väter bis in die heutige Zeit fortpflanzen? Haben wir es hier überwiegend mit Kindern und Enkelkindern von den früheren 8 Millionen Nazis im Großdeutschen Reich zu tun?

Die Essenz der «Diskussion» war jedenfalls wie einst in den USA: «Nur ein toter Indianer, ist ein guter Indianer». Der Jude Durlacher (der die Nazi-Zeit und das KZ überlebte) ist dieser Clique um Rita Hampp wichtiger als 6 Millionen Juden, die von Deutschen enteignet, vertrieben, in brutalster Weise erschlagen, vergast und auf jede erdenklich andere Weise ermordet wurden und auch wichtiger als die Probleme der heute in Baden-Baden lebenden Juden.

Ein Jude wie Durlacher lässt die Schoah von 6.000.000 Juden doch nicht einfach vergessen! Man leugnet einfach frech, dass zur Durlacher-Brücke dann nicht nur der benachbarte Hindenburg-Platz, sondern auch die von lokaler SS und dem Baden-Badener Mob niedergebrannte Synagoge gehört. Schlimmer freilich als die Leugnung von historischen Tatsachen ist Gewalt gegen Andersdenkende, wenn sie nur eine schlichte Frage stellen. Wehret den Anfängen!

So endete dann auch die «Diskussion» mit einem Juden auf der Facebook-Seite von «Lovely» Rita mit den Worten: «Man kann ihn auch einfach löschen.» «Mach ich nachher.» Sie meinte bestimmt nicht «Aus…löschen, wie beim Holocaust?»

Rudolf Rust
Baden-Baden


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