Leserbrief

Leserbrief „Meine Meinung“ – Zum Bahnstreik – „Ein Wunder, dass ich das geschafft habe mit 83 Jahren“

Baden-Baden, 08.09.2021, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leserin Marlis Knappe Stellung.

Unser schöner Urlaub in Cuxhaven war zu Ende und wir mussten mit der deutschen Bundesbahn nachhause. Fahrkarten hatten wir schon Wochen vorher für die Hin- und Rückreise gekauft, auch Sitzplätze haben wir reserviert.

Die Hinfahrt war schon mit Störungen verbunden, da eine Oberleitung von Bremen Richtung Hamburg gerissen war. So mussten wir mehrmals umsteigen und natürlich war unser bezahlter Sitzplatz auch futsch. Wir fanden aber immer Platz. Nur, wir sind Senioren und nicht mehr so beweglich beim Ein- und Aussteigen und natürlich auch nicht so schnell von einem Bahnhof zum anderen zu flitzen. Unbekannte Bahnhöfe können ja auch irritieren. Man muss lesen, laufen, schleppen. Ein Wunder, dass ich das geschafft habe mit 83 Jahren. Den Koffer hatte ich zwar aufgegeben, aber das Handgepäck ist schwer genug, weil man ja nicht einplanen kann, dass der Koffer pünktlich da ist. Wir kamen mit eineinhalb Stunden Verspätung am Cuxhavener Bahnhof an, mussten da aber auch den Bus suchen, weil alles Baustelle war. Es ist uns gelungen, unsere Wohnung war sehr schön mit direktem Blick zum Meer.

8 Tage mit durchwachsenem Wetter folgten und wir haben uns gut erholen können in der frischen Nordseeluft.

Nun kam die Hiobsbotschaft «die Bahn streikt wieder». Wenn einer eine Bahnreise tut, dann kann er was erzählen.

Niemals haben wir erwartet, dass es so intensiv treffen würde. Wir hatten einen Tag vorher schon bei der Bahn Auskunft eingeholt und wüssten nun, dass unser Zug fahren sollte. Da waren wir erst mal beruhigt. Es kam aber völlig anders. Am Bahnhof angekommen gingen wir zur Vorsorge noch mal zur Auskunft. Da wurde uns gesagt, dass wir mit einem Bus nach Hamburg-Harburg fahren sollten, denn unser Zug würde nicht fahren. An der Bushaltestelle sagte uns dann der Busfahrer, er fährt nicht nach Hamburg-Harburg, sondern nur bis Stade. Dann fuhren wir erst mal bis Stade. Auf dem Bahnhof hatte die Auskunft schon Feierabend gemacht, denn es war samstags und da gingen die Beamten schon in der Mittagszeit nachhause.

So, jetzt erst mal durchfragen. Der Eine wusste mehr als der Andere. Überall standen Menschen und suchten in ihren Handys nach Möglichkeiten der Weiterfahrt. Dann wurde gesagt, dass wir mit der S-Bahn Richtung Hamburg Hbf. fahren sollten. Wir stiegen in die S-Bahn und fuhren für uns völlig unbekannte Orte in einen Stadtteil von Hamburg. Von dort ging es dann wieder mit einem anderen Zug zum Hauptbahnhof in Hamburg. In einer Großstadt sich zurechtfinden und dann noch in dem Gewirr des Bahnhofes ist nicht leicht. Wir fanden aber auch die Auskunft und warteten vor der Türe bis wir reinkonnten.

Die Auskunft war neben dem Bahnhof und man sagte uns, dass in 8 Minuten ein Zug bis Köln fahren würde, der aber nicht in Koblenz hält. Natürlich konnten wir in 8 Minuten diesen Weg nicht schaffen, mussten also auf den nächsten Anschluss warten. Unsere Kinder zuhause wurden informiert, da wir, wenn wir erst mal in Koblenz sind, keine Busverbindung mehr nach Mayen bekamen. Es war schon Mitternacht vorbei. Die Kinder waren alle bereit uns in Köln abzuholen, immerhin aus dem Westerwald. Nun erst konnten wir in Hamburg erst mal hinsetzen und etwas essen und trinken. In dem Zug nach Köln hatte die Dame in der Auskunft zwei Sitzplätze reserviert. Der Zug kam pünktlich. Wir stiegen in Wagen 10 ein und da die nächste Überraschung «die Klimaanlage war ausgefallen, die Luft stand und es war sehr warm». Einigen Leuten wurde es schlecht und sie gingen in einen anderen Wagen. Wir blieben auf unserem Platz, da der ja reserviert war.

Nach 2 Stunden hatte die Bahn die Belüftung wieder schalten können. Sie lief von da an sehr schwach. (Und das alles in der Coronazeit.) Endlich Köln und wir wurden abgeholt.

Natürlich sind uns da auch noch viele Unkosten entstanden, wie z.B. das Essen in Hamburg Hauptbahnhof, die Fahrt vom Westerwald nach Köln und später über Mayen zurück zum Westerwald und die Parkgebühren im Parkhaus in Köln. Neben der großen Aufregung für ältere Menschen fragen wir uns, was ist von der Erholung der Ferien geblieben. Wird die deutsche Bundesbahn da uns Einiges ersetzen? Ich bin gespannt.

Ich sage nicht, nie mehr Bundesbahn, denn wie sollte ich sonst als Senior ohne Auto an die deutsche Nordseeküste kommen? Und nun könnt ihr sagen, wir haben uns das Streikrecht hart erkämpft – auf wessen Kosten? Es ist eine Zumutung zwei ältere Menschen soooo über die Bahnhöfe zu hetzen!!!

Marlis Knappe
Mayen


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