Leserbrief

Leserbrief „Meine Meinung“ - FBB mit dieser Forderung nicht konsequent! - 10.000 Euro zur Förderung des Alkoholismus – „In vino veritas“ - aber welche?

Baden-Baden, 18.01.2018, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leser Rudolf Rust Stellung zu dem Leserbrief von goodnews4-Leser Kurt Krause Leserbrief «Meine Meinung» − SPÄTLESE 2017: Ist Berlin nun doch Weimar?.

Der Leserbrief «Spätlese 2017» auf goodnews4 hat mich tief erschüttert. Nicht nur, weil in ihm deutlich wurde, dass der Bürger weder von den etablierten Parteien, noch von GroKo oder Jamaika eine wirkliche Lösung seiner Probleme erwarten darf. Hoffen darf man schon − und die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Warum ist das so? Weil der Bürger, sobald er ein Amt oder Mandat hat, sich vom Volk dadurch unterscheidet, dass er keine Bodenhaftung mehr hat. Man muss gar nicht die Landes- oder Bundespolitik bemühen, um das festzustellen. Das Aussitzen von Problemen, gleichbedeutend mit dem Schielen auf Stimmenfang bei der nächsten Wahl, beginnt schon im Gemeinderat.

Erschütternd die Darstellung des offensichtlich ungehemmten Zuspruchs zu Alkoholischem. Nicht der ab und an stattfindende Voll-Rausch, verbunden mit dem Absterben von einigen 10.000 Gehirnzellen ist das Gefährliche, sondern der regelmäßige Konsum des «Vierteles». Weil es nicht bei einem bleibt!

Baden-Baden war vor 150 Jahren eine schöne Stadt. Als europäischen Fürsten in Kutschen durch die Allee fuhren. Das war die «Sommerhauptstadt» Europas. Heute will Baden-Baden gleichzeitig Allen ALLES sein: Olympia-Stadt, Festspiel-Stadt, Kongress-Stadt, Event-Stadt, POP-Festival-Stadt, Wein-Stadt, Bäder-Stadt, Gipfel-Stadt, Christkind-Stadt und sowieso Weltkulturerbe. Hochstapelei! 1.000.000 Übernachtungen und ein Vielfaches an Tagestouristen führen zusätzlich zu den motorisierten Bürgern und den Einpendlern zu einer dauerhaften Belastung mit Feinstaub, Stickoxyden und Dauerstau. Die Zahl der Straßen hat sich aber in den letzten 50 Jahren nicht vermehrt − wie auch die Parkmöglichkeiten. Die verbliebene, reizvolle Baukunst der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wird durch «moderne» Architektur immer weiter verdrängt, und das Stadtbild wird zu beliebig, austauschbar mit vielen anderen Kleinstädten.

Die Event-Kultur unserer Spaßgesellschaft gibt immer wieder einen «legitimen» Anlass, Alkoholisches zu konsumieren. Wenn man dann so − zum Beispiel am Augusta-Platz − aus seinem Bürofenster guckt, dann kann einem der Alkoholkonsum der «Nichtsesshaften» auf dem Platz schon mächtig aufstoßen. Einer von denen soll sogar gegen ein ehemaliges Ratsmitglied übergriffig geworden sein. Der/die muss ihm wohl beim Fotografieren zu nahe auf den Pelz gerückt sein. Privatheit nicht beachtet? Nun, auf jeden Fall: der FBB macht sich mit einer Eingabe an die Stadtverwaltung dafür stark, den öffentlichen Alkoholkonsum in der Innenstadt zu verbieten. Auf der Straße! Natürlich nicht in der Außenrestauration der Cafés, Restaurants und umliegenden Kneipen oder gar in den Büros.

Mit dieser Forderung ist die FBB nicht konsequent! Außenbewirtung bei Amadeus, Leo’s, im Rizzi usw. sollen toleriert werden − aber wenn jemand sich eine Flasche mitbringt und auf der Parkbank süffelt nicht? Es ist bekannt, dass Alkoholkonsum und damit einhergehender Missbrauch in den sogenannten «besseren Kreisen» viel stärker ausgeprägt ist als bei der Handvoll «Nichtsesshafter», die auch respektlos als «Penner» bezeichnet werden. Auch deren Würde ist unantastbar! Also: Wenn schon Verbot des Alkoholkonsums im Freien, dann bitte richtig.

Zunächst einmal: kein Glühweinausschank mehr auf dem Christkindlesmarkt. Dann: kein Straßenverkauf von billigem Wein bei Karnevalsumzügen. Es soll da im Rebland ganz närrische Narren geben, die sich damit brüsten, der Straßenverkauf von Alkohol sei die finanzielle Haupteinnahmequelle des Karnevalsvereins. Besoffene und randalierende Jugendliche waren bei diesem «Brauchtum» in der Vergangenheit immer dabei. Ferner: Philharmonische Parknacht, Theaterfest, Weinfest auf dem Marktplatz, private Garten-Party und Sommerfest, Winzertag, Kirmes, Dinner in Weiß vor dem Kurhaus: ALL DAS GEHT GAR NICHT!

Und wenn man sich schon um die Gesundheit und den Feinstaub sorgt: Verbietet endlich die sinnlose Knallerei zum Jahresende in unserer Stadt, die Kurstadt sein will, wo Kirchen, Wohnstifte und Altenheime wie Perlen an der Kette aufgereiht am Wege liegen. Das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände in unmittelbarer Nähe dieser Einrichtungen ist lt. § 23 1. der Verordnung zum Sprengstoffgesetz BW verboten. Dagegen ist wieder einmal 1000-fach verstoßen worden, ohne dass der Ordnungsdienst der Stadt oder die Polizei eingeschritten wären. Die Feinstaubbelastung zu Sylvester entspricht einer Zweimonats-Belastung durch alle PKWs. 60.000 Todesfälle sollen jedes Jahr auf derartige Krankheitsverursacher zurückzuführen sein. Aber auch in diesem Fall gibt es Ratsherren wie Bloedt-Werner im Fall des 1000-Füßlers, die derartige Risiken für Anwohner leugnen.

Dies vorausgeschickt, wären es in dieser Form politische Vorschläge des FBB zur Steigerung der Gesundheit aller Bürger gewesen. Denn es geht um die Regelmäßigkeit der sündigen Angebote! Es gibt von der WHO, Weltgesundheitsorganisation, Grenzwerte, die liegen beim Mann bei ca. 60 Gramm Alkohol pro Tag. Das sind drei Halbe Bier pro Tag oder zwei Viertel Wein oder ein Gläschen Hochprozentiges. Wer Grenzwerte ständig überschreitet, steigert die Wahrscheinlichkeit von Schädigungen, nicht nur bei der Leber, auch im Nervensystem, auch im Gehirn. Es gibt Schätzungen, dass jeder Vierte Deutsche über dem Grenzwert liegt und somit Alkoholiker ist.

Alkohol beeinträchtigt das Frontalhirn, welches die Impulskontrolle steuert. Es reguliert auch tiefer liegende nicht aufgearbeitete Konflikte oder depressive Grundneigungen, erhöhtes prinzipielles Aggressionspotential. Ihre Kontrolle ermöglicht uns ein sozial verträgliches und realitätsangepasstes Verhalten zu haben und reguliert auch sehr stark die Affekte, also die Emotionen. Das Entscheidende bei Alkoholkranken ist, dass mit der Zeit die Frontalhirnfunktionen dauerhaft beeinträchtigt werden. Wer über Jahre zu viel Alkohol getrunken hat, ist selbst in nüchternem Zustand in den Funktionen beeinträchtigt. Letztlich ergibt sich dann nach Jahrzehnten die Alkoholdemenz.

Es soll selbst im Gemeinderat Protagonisten des übermäßigen Alkoholkonsums geben. Praktizierende Alkoholiker eben. Einer hat sich neulich sogar entbloedet und einen Förderverein für Rebländer Wein gegründet. «Ortenau» als Herkunftsbezeichnung ist den Separatisten des Reblandes nicht gut genug. Dank der Ratsherren Pilarski und Schindler von der FDP ist der städtische Doppelhaushalt 2018/2019 mit knapper Mehrheit verabschiedet worden. Eine Position darin: für den Neuweierer Verein unter Vorsitz des Ratsherrn Bloedt-Werner sind 10.000 EUR zur Förderung des Alkoholismus vorgesehen. Derartige großzügige Subventionen würden sich auch viele andere Verein innerhalb Baden-Badens wünschen.

Bei den immer wieder festzustellenden Pöbeleien eines Gemeinderates gegen FBB-Ratskollegen, neuerdings auch gegen die Kollegin Sperling-Theis von den Bündnisgrünen, muss man wohl davon ausgehen, dass die oben beschriebenen Folgen des Alkoholkonsums bei ihm schon ziemlich fortgeschritten sind. Würde er sonst ständig von «Premiumweinen» sprechen? Da will er uns schon wieder Sand in die Augen streuen. Premiumwein hat keine weinrechtliche Bedeutung. Es hat auch nichts mit «prämiertem Wein» zu schaffen, sondern besagt lediglich, dass es sich um den Hauptwein eines Weingutes oder einer Winzergenossenschaft handelt.

Wer prämierte Weine sucht, der wird vermutlich nicht im Rebland fündig. Auch nicht in dem Förderverein für Wein und schon gar nicht bei seinem Vorsitzenden!

Rudolf Rust
Baden-Baden


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