Corona-Maßnahmen umstritten

Verwaltungsgericht Karlsruhe kippt Allgemeinverfügung der Stadt Heidelberg – „Mund-Nasen-Bedeckung in Teilen der Altstadt voraussichtlich rechtswidrig“

Verwaltungsgericht Karlsruhe kippt Allgemeinverfügung der Stadt Heidelberg – „Mund-Nasen-Bedeckung in Teilen der Altstadt voraussichtlich rechtswidrig“
Nach Ansicht des Gerichts muss eine Maske nur dann getragen werden, wenn der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann. Foto: Archiv

Karlsruhe/Heidelberg, 27.10.2020, Bericht: Redaktion Ein Anwohner der Heidelberger Altstadt hatte gestern mit einem Eilantrag gegen die Allgemeinverfügung der Stadt Heidelberg Erfolg und muss nun erstmal keinen Mund-Nasen-Schutz in der Altstadt tragen.

Das Verwaltungsgericht in Karlsruhe entschied, dass «die Allgemeinverfügung hinsichtlich des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung in Teilen der Altstadt nach der überschlägigen Prüfung im Eilverfahren voraussichtlich rechtswidrig» sei. Das Gericht begründet seine Entscheidung unter anderem damit, dass in der Corona-Verordnung des Landes die Maskenpflicht in Fußgängerzonen nur dann gilt, wenn der Mindestabstand von 1,50 Meter nicht eingehalten werden kann und die Stadt Heidelberg keine Begründung liefere, warum über die Landesverordnung hinaus in Teilen der Heidelberger Altstadt generell das Tagen eines Mund-Nasen-Schutzes erforderlich sei, unabhängig davon, ob der Mindestabstand eingehalten werden könne.

Die Mitteilung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe im Wortlaut:

Mit gestern den Beteiligten bekannt gegebenem Beschluss hat die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts dem Antrag eines Anwohners der Heidelberger Altstadt (Antragsteller) stattgegeben, der sich gegen eine von der Stadt Heidelberg (Antragsgegnerin) angeordnete Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in Teilen der Altstadt gewandt hatte.

Die Stadt Heidelberg hatte wegen der gestiegenen Zahl von SARS-CoV-2-Infektionen mit sofort vollziehbarer Allgemeinverfügung vom 15.10.2020 eine Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in Teilen der Altstadt angeordnet. Hiergegen hatte der Antragsteller Widerspruch eingelegt und beim Verwaltungsgericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs beantragt. Nach der gerichtlichen Anordnung der aufschiebenden Wirkung muss sich der Antragsteller zunächst nicht an die mit der Allgemeinverfügung angeordnete Verpflichtung halten.

Zur Begründung hat die 7. Kammer ausgeführt, dass die Allgemeinverfügung hinsichtlich des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung in Teilen der Altstadt nach der überschlägigen Prüfung im Eilverfahren voraussichtlich rechtswidrig sei. Zwar sei die Stadt nach dem Infektionsschutzgesetz grundsätzlich zum Erlass von Allgemeinverfügungen zur Bekämpfung der bestehenden SARS-CoV-2-Pandemie, auch neben der zum gleichen Zweck erlassenen Corona-Verordnung des Landes, befugt. Eine Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung sei auch geeignet, zur Bekämpfung der bestehenden Pandemie beizutragen, da nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts ein erhöhtes Übertragungsrisiko auch im Freien bestehe, wenn der Mindestabstand von 1,5 Metern ohne Mund-Nasen-Bedeckungen unterschritten werde.

 

Jedoch lägen auch nach den Ausführungen der Stadt keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass hierzu die Allgemeinverfügung über die bereits in der Landes-Corona-Verordnung geregelte Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in Fußgängerbereichen hinaus erforderlich sei. Nach der LandesCorona-Verordnung müsse in Fußgängerbereichen eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen werden, wenn nicht sichergestellt sei, dass der Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen eingehalten werden könne. Darüber gehe die mit der Allgemeinverfügung der Stadt angeordnete Verpflichtung hinaus, da sie keine Ausnahme für Situationen, in denen aufgrund geringen Personenaufkommens keine Gefahr bestehe, dass der Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen nicht eingehalten werden könne, und auch keinerlei zeitliche Einschränkungen vorsehe. Es sei aber nicht ersichtlich, dass es in den von der Allgemeinverfügung erfassten Fußgängerbereichen an jedem Wochentag und zu jeder Uhrzeit zu Menschenansammlungen kommen könnte, in denen die Mindestabstände nicht eingehalten werden könnten. Die von der Stadt vorgelegten Berichte des Kommunalen Ordnungsdienstes ergäben hierzu kein hinreichend klares Bild. Im Übrigen sei nicht erkennbar, dass das im Fall von Menschenansammlungen notwendige Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht auch auf der Grundlage der Landes-Corona-Verordnung durchgesetzt werden könnte.

Soweit die Allgemeinverfügung zu einem kleinen Teil Straßen und Plätze der Altstadt betreffe, die keine Fußgängerbereiche seien und für die daher die Vorgabe der Landes-Corona-Verordnung nicht gelte, seien ebenfalls keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Anordnung einer Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung ohne jegliche zeitliche Einschränkung erforderlich sei. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können hiergegen binnen zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim einlegen (7 K 4209/20). (MB).


Zurück zur Startseite und zu den weiteren aktuellen Meldungen.