Leserbrief

Leserbrief „Meine Meinung“ – Zur Corona-Krise – „Man hat sich von Staatswegen bereits vor mindestens 8 Jahren intensiv Gedanken gemacht“

Baden-Baden, 01.04.2020, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leser Oliver Haungs Stellung zur Corona-Krise.

Die Corona-Krise hat die Welt in Geiselhaft genommen. Bei uns wird allenthalben der Eindruck erweckt, dass alles aus heiterem Himmel über die Gesellschaft gekommen sei. Das trifft allerdings lediglich für den unvorhersehbaren Zeitpunkt des Ausbruchs zu. Über die Entwicklung einer Pandemie hat man sich von Staats wegen bereits vor mindestens 8 Jahren intensiv Gedanken gemacht. Der Deutsche Bundestag hat in seiner Drucksache 17/12051 im Bericht vom Bundesministerium des Inneren zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz 2012, an die Bundesregierung gesandt, welchen diese am 03.01.2013 dem Parlament zur Unterrichtung zuleitete. Mit dieser Veröffentlichung ist seither für jeden verantwortlichen PolitikerIn auf jeder politischen Ebene klar, welches die Eckpunkte verantwortlichen Handelns in Zukunft zu sein haben und worauf der Fokus in aller Vorsorge zu richten sein wird! Man liest im Anhang der Drucksache unter «Anhang 4 Ergebnis Risikoanalyse ‘Pandemie durch Virus Modi-SARS’ » ab Seite 55 einen präzisen Ablaufplan, eine Blaupause zu den jetzigen Ereignissen. Das ist gruselig.

Nach über acht Jahren finden wir uns in der jetzigen Situation wieder und stellen fest, dass wir tatenlos zusahen, wie jedes Jahr zehntausende Akademiker und hochspezialsisiertes Fachpersonal, viele davon Ärzte und Intensivpflegepersonal, Deutschland wegen metastasierender Bürokratie sowie unzumutbaren Arbeitsbedingungen, unzulänglichen Personalschlüsseln, mit oft abschreckender Entlohnung und Arbeitszeiten bis an alle Grenzen der Belastbarkeit, in Richtung Österreich, Schweiz, Skandinavien oder Übersee den Rücken kehrten. Seit Jahr und Tag gab dieser Personenkreis alles bis zur Erschöpfung und darüber hinaus um den Laden in Kliniken, Alten- und Pflegeheimen am Laufen zu halten. Zu meinen es sei jetzt mit einigen Standing Ovations und einigen Klatschsalven an offenen Hausfenstern oder -türen sowie im Plenarsaal des Deutschen Bundestag getan, um sich eine weiße Weste vor lauter schlechtem Gewissen zu verschaffen, der irrt gewaltig. Eine massive Verbesserung der Arbeitsbedingungen, der Einkommenssituation sowie der Wertschätzung in der Öffentlichkeit ist hier die Hypothek , die diese Gesellschaft und die verantwortlichen Entscheidungsträger mit sich tragen und endlich einzulösen haben, um diesen quantitativen und qualitativen Aderlass zu stoppen.

In obiger Drucksache wurde gewarnt, dass es bei Epidemien/Pandemien jederzeit zu explodierenden Fallzahlen in ganz kurzen Zeitfenstern bisher nie gekannten Ausmaßes kommen wird. Heute hat Deutschland 28.031 Intensivbetten (Stat. Bundesamt 2018 mit Daten aus 2017, science media center germany, 24.03.2020). Das verführt zum völlig falschen Eindruck, dass genau diese Anzahl auch für den Corona-Ernstfall bereitstünde. Aktuell stehen nach Medienberichten weniger als 50 Prozent der Kapazitäten zur Verfügung. Aber erst, nachdem nicht lebensbedrohliche Operationen ausgesetzt und die Bereitstellung optimiert wurde . Somit stehen im Schnitt knapp 14.000 Betten zur Verfügung. Selbst wenn man dieses Worst Case relativiert und der Realität anpasst, steht man immer noch vor einer sechsfachen Überlastung.

Der allabendlich in den Nachrichtensendungen bemühte peinliche Vergleich mit europäischen Nachbarn und anderen Ländern, die vielfach schlechter dran sind als wir, weil sie ihre Medizinversorgung noch schlimmer vernachlässigten als wir oder noch länger die aufziehende Gefahr ignorierten, kann kein Maßstab für Politik sein. Man mißt sich nicht mit anderen, denen es noch schlechter geht als einem selbst, um sich selbst zu beweihräuchern oder zu überhöhen, ebenso wenig um die Bevölkerung zu beschwichtigen, sondern versucht stattdessen rechtzeitig mit allen Mitteln zu verhindern, dass das eigene Land erst gar nicht in eine solchige Katastrophe kommt. Die Risikoanalyse des Bundesinnenministeriums aus 2012 war ausreichend rechtzeitig. Klar kostet es viel Geld die medizinische Infrastruktur auf einem hohen Niveau zu halten. Allerdings aus kommerziellen Gründen alles bis auf den letzten Cent auf dem Altar der Wirtschaftlichkeitsberechnungen aus Krankenhäusern und Heimen herauszupressen, um diese selbst als Fall für die Intensivstation zurückzulassen, ist massiv an den Notwendigkeiten vorbeiregiert und kostet am Ende mehr. Fluktuiertes hochqualifiertes Personal, das herausgefunden hat, dass es in anderen Ländern unter viel besseren Bedingungen und mit mehr gesellschaftlicher Achtung arbeiten lässt, bekommt man nie wieder zurück.

Es ist eine Regierungspolitik des perspektiv- und strategielosen Unterlassens, wenn man zulässt, dass das Ausland elementare Betriebe der Grundversorgung in der Medikamenten- und Schutzkleidungsherstellung vollkommen aus Deutschland abziehen kann oder derartige Firmen an ausländische verkauft werden ohne ein blockierendes Veto der Politik. Während dem Ablauf der Krise ist das jetzt nicht der richtige Zeitpunkt einer fundierten Suche nach Fehlern und Unterlassungen sowie Schuldzuweisungen. Jedoch gibt es viele offene Fragen und Gründe für eine tiefgreifende investigative Recherche fleißiger, ambitionierter Journalisten nach der Krise als politische Revision.

Oliver Haungs
Muggensturm



In eigener Sache – Falsche Tatsachenbehauptungen von grüner Stadtratskandidatin

goodnews4-Redaktion Die zuständige Medienbehörde Landesanstalt für Kommunikation, LfK, überprüfte die bei goodnews4.de veröffentlichten Leserbriefe und stellte fest, dass die journalistische Sorgfaltspflicht in allen Fällen eingehalten wurde. goodnews4.de berichtete.

Die von Frau Rita Hampp, grüne Stadtratskandidatin, in Facebook mehrfach getätigte Behauptung, dass es sich unter anderen bei diversen Leserbriefen von Rudolf Rust oder Gertrud Mayer um «Fakes», also Fälschungen, handeln würde, ist falsch. Diese Personen existieren und in jedem Fall eines Pseudonyms ist der goodnews4-Redaktion Identität und Klarname bekannt. Richtig ist, dass die beiden Leserbriefschreiber sich mit der Rolle des Baden-Badener Zeitungsverlages im Nationalsozialismus befassen, insbesondere in Zusammenhang mit den Eigentumsverhältnissen des alten Synagogen-Grundstücks in Baden-Baden, das sich im Eigentum der Baden-Badener Zeitungsverleger befindet. Das Grundstück der 1938 niedergebrannten Synagoge wurde jahrelang vertragswidrig als Parkplatz für das Badische Tagblatt benutzt.

In der Facebook-Gruppe mit falschen Behauptungen zu goodnews4-Veröffentlichungen ist auch die BT-Zeitungsverlegerin und Mitverantwortliche für die Entscheidungen der Eigentümerfamilie, Xenia Richters, als Mitglied aufgeführt. In keinem Fall gingen Rita Hampp und die Zeitungsverlegerin auf in den Leserbriefen dargelegte Fakten ein. Ein jüdischer Mitbürger, der dies forderte, wurde aus dieser Facebookgruppe mit dem Namen «Baden-Baden gegen Rassismus, Antisemitismus und Ausgrenzung» ausgeschlossen.


Wenn Sie auch einen Leserbrief an die Redaktion senden möchten, nutzen Sie bitte diese E-Mail-Adresse: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

In Ausnahmefällen veröffentlicht goodnews4.de Leserbriefe auch unter einem Pseudonym. Die tatsächliche Identität des Verfassers ist goodnews4.de in jedem Fall bekannt.

PDF «Spielregeln» für Leserbriefe an goodnews4.de.


Zurück zur Startseite und zu den weiteren aktuellen Meldungen.