Zwei Messreihen zur Luftqualität in Baden-Baden
Feinstaubmessungen am Baden-Badener Tausendfüßler - Bürgermeister Roland Kaiser: "In einem Jahr werden die Messreihen abgeschlossen"
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goodnews4-VIDEO-Interviews von Nadja Milke mit Roland Kaiser und Rudolf Teichmann
Baden-Baden, 05.04.2018, 00:00 Uhr, Bericht: Christian Frietsch Von 41.500 vorzeitigen Todesfällen in Deutschland, die allein auf die Feinstaubbelastung der Luft zurückgeführt werden können, berichtet das Bundesumweltamt für das Jahr 2015. Statistisch gesehen, entfallen davon etwa 30 Fälle auf Baden-Baden. In einer «Skala von 28 in Baden-Württemberg» habe sich Baden-Baden aber immer «im Bereich der guten Luftqualität bewegt», erklärte Bürgermeister Roland Kaiser im goodnews4-VIDEO-Interview.
Dennoch hätten «Nachfragen sowohl aus dem Gemeinderat als auch kritische Anfragen aus der Bürgerschaft» nun zu einer «freiwilligen Maßnahme» geführt. Eine der nun in Betrieb genommenen Messstellen von insgesamt zwei Messreihen bringt auch eine wohnungsbaupolitische Maßnahme der Stadt Baden-Baden in Erinnerung, zu der es im Gemeinderat zu Auseinandersetzungen gekommen war. goodnews4.de berichtete. Direkt am Autobahnzubringer B500 neben der Brücke «Tausendfüßler» errichtete die städtischen Wohnungsbaugesellschaft GSE im vorletzten Jahr ein Wohnrevier für Familien. Heinrich Liesen, FBB-Stadtrat und Mediziner, hatte vor möglichen schwerwiegenden gesundheitlichen Auswirkungen, insbesondere für Kinder durch die Feinstaubbelastung gewarnt. Das ehemalige Gelände eines Sägewerks neben dem Autobahnzubringer war von dem zwischenzeitlichen Eigentümer, einem Tageszeitungsverlag, von der Stadt erworben worden. Es wird eine ganze Weile dauern bis die Werte, auch zur Feinstaubbelastung für diesen neuralgischen Standort, vorliegen. «Wir haben bisher lediglich Modellrechnungswerte und keine Echtwerte und deswegen hat man sich im letzten Jahr schon entschieden, das auf den Weg zu bringen und wir haben dann nach einem Jahr ganz konkrete Messwerte», erklärte Roland Kaiser zu dem Verfahren.
Neben den «freiwilligen» Messungen an der B500, ist für die Bestätigung des Kurorttitels «Heilbad» alle zehn Jahre eine Messreihe zur Erfassung der Luftqualität erforderlich. Aus diesem Grund wird eine weitere ein Jahr dauernde Messreihe des städtischen Fachgebiets Umwelt und Arbeitsschutz durchgeführt. Rudolf Teichmann, Leiter des Fachgebiets, erläuterte im goodnews4-VIDEO-Interview den Hintergrund: «Die Kriterien werden in den Begriffsbestimmungen des Deutschen Heilbäderverbandes definiert. Dort werden auch in groben Zügen die Standortvoraussetzungen, welche Bereiche − Kurzentrum oder Kurortzentrum, Verkehrszentrum − repräsentativ untersucht werden.» Nicht allein die von den Ergebnissen betroffene Stadtverwaltung ist Herr des Verfahrens. Die Standorte lege der Gutachter, in diesem Fall der Deutsche Wetterdienst, gemeinsam mit der Stadt fest. Die Parameter Stickstoffdioxyd, Grobstaub und Feinstaub werden bei den Messungen erfasst.
Vor Jahren hatte Baden-Baden einmal einige Probleme mit Schadstoffwerten, erinnert sich Rudolf Teichmann: «Ja, wir hatten mal, ich möchte nicht sagen, Probleme. Nach den alten Begriffsbestimmungen gab es in Baden-Baden zu diesem Titel ‘Heilbad’ noch eine Zusatzindikation, die nannte sich ‘Atemwegserkrankungen’». Da sei Baden-Baden «mehr als grenzwertig» gewesen, «bedingt durch Messungen im Rahmen der Stickstoffdioxydmessung an Verkehrslagen», gibt Rudolf Teichmann einen Hinweis auf die wohl neuralgischen Bereiche des Autoverkehrs in Baden-Baden. Das Problem gibt es aber nicht mehr. Nicht etwa durch eine bessere Luftqualität, sondern durch eine Beseitigung von Anforderungen. Mittlerweile gebe es die «sogenannte Zusatzindikation in den Vorgaben der Begriffsbestimmungen des Deutschen Heilbäderverbandes nicht mehr».
Mehr: www.umweltbundesamt.de.
Abschrift des goodnews4-VIDEO-Interviews mit Roland Kaiser:
goodnews4: Besondere Sorge macht die B500 auch deshalb, weil ausgerechnet dort ein größeres Wohngebiet direkt neben dem Tausendfüßler erst vorletztes Jahr entstand. 41.500 vorzeitige Todesopfer nennt das Umweltbundesamt allein in Zusammenhang mit der Feinstaubbelastung. Was wird die Messstelle am Tausendfüßler messen und wann gibt es Ergebnisse?
Roland Kaiser: Wir haben jetzt eine Messreihe über ein Jahr und gemessen wird Stickstoffdioxyd, Feinstaub und Grobstaub und von daher sind wir jetzt natürlich gespannt, was das Gutachten dann in einem Jahr als Ergebnis tatsächlich bringt. Bisher gab es ja auch im Zusammenhang mit dem Baugenehmigungsverfahren* punktuelle, gutachterliche Berechnungen von den Belastungen, die dann jeweils unterhalb der Grenzwerte lagen. Wir müssen ja immer unterscheiden zwischen «es gibt Belastungen» und «jetzt werden Grenzwerte überschritten». Von daher machen wir die Messreihe jetzt und da gibt es keinen konkreten Anlass, wir sind ja auch nicht durch die Hintergrundmessungen des Landes irgendwie auffällig. Baden-Baden ist in einer Skala von 28 in Baden-Württemberg immer auf Platz 21 bis 23, sprich, Platz 28 ist die beste Luftqualität und da hat sich Baden-Baden immer im Bereich der guten Luftqualität bewegt. Daher ist es eine rein freiwillige Maßnahme aufgrund von Nachfragen sowohl aus dem Gemeinderat als auch kritischen Anfragen aus der Bürgerschaft, weil wir eben bisher lediglich diese Modellrechnungswerte haben und keine Echtwerte und deswegen hat man sich im letzten Jahr schon entschieden, das auf den Weg zu bringen und wir haben dann nach einem Jahr ganz konkrete Messwerte.
goodnews4: Wer misst bei den Messungen an der B500?
Roland Kaiser: Sowohl die Geräteausstattung wie auch die Laborbegleitung und nachher die gutachterliche Stellungnahme wird der Deutsche Wetterdienst vornehmen.
goodnews4: Wann ist mit den Ergebnissen zu rechnen? Heute in einem Jahr?
Roland Kaiser: Also heute in einem Jahr sicher nicht. In einem Jahr werden dann die Messreihen abgeschlossen, die Gutachter brauchen dann sicher ein paar Wochen bis sie alles vorgelegt haben, also von daher sage ich mal in eineinhalb Jahren.
goodnews4: Wir sprechen ja jetzt heute über zwei unterschiedliche Messreihen: Bei der einen geht es um den Kurorttitel «Heilbad» und bei der anderen um die gerade von Ihnen beschriebenen Messungen hier an der B500. Was können für Baden-Baden die Folgen sein, wenn die Grenzwerte bei der einen oder der anderen Messreihe nicht eingehalten werden?
Roland Kaiser: Rein theoretisch, wenn sie nicht eingehalten werden, für die Titelführung «Heilbad» ist es so, dass das Ergebnis dem RP** vorgelegt wird und das RP. Das ist ein bisschen so ähnlich wie beim TÜV, wenn man einen Stempel bekommt, da passiert recht wenig außer, dass man die Bestätigung bekommt, dass alles in der Norm ist. Sollte es aus irgendeinem Grund Abweichungen geben, wird das RP dementsprechend weitere Schritte einleiten, die kann ich Ihnen aber heute gar nicht sagen, was da erfolgen würde, man würde eben zunächst mal genauer draufschauen.
goodnews4: Wie ist es mit der Messreihe hier an der B500? Rechnen Sie damit, dass hier alles im Normbereich ist oder auf was stellen Sie sich ein und könnte es denn möglicherweise auch Konsequenzen geben, zum Beispiel für die Baupolitik und für die Verkehrspolitik in Baden-Baden?
Roland Kaiser: Also zunächst gehen wir davon aus, dass die Modellrechnungen im Groben bestätigt werden. Das wird das Spannende an der ganzen Sache sein, dass die Modellrechnungen große oder kleine Abweichungen haben, bisher geht die Fachbehörde davon aus und sagt, das müsste sich alles in einem ähnlichen Bereich abspielen. Was dann in eineinhalb Jahren tagespolitisches Geschäft ist und so weiter, das, denke ich, warten wir jetzt in Ruhe ab und wir werden es ja dann auch dem Gremium vorstellen und sollte es Ausreißer geben, wird man das bei der Vorstellung dementsprechend mit ansprechen.
goodnews4: Vielen Dank für das Interview.
*Roland Kaiser meint das Verfahren für das geplante DRK Pflegeheim in der Hubertusstraße. goodnews4.de berichtete.
**Regierungspräsidium Karlsruhe
Abschrift des goodnews4-VIDEO-Interviews mit Rudolf Teichmann:
goodnews4: Die Bestätigung des Kurorttitels «Heilbad» erfordert alle zehn Jahre eine Messreihe zur Erfassung der Luftqualität in Baden-Baden. Wer legt denn die Kriterien und auch die Messstellen fest?
Rudolf Teichmann: Die Kriterien werden in den Begriffsbestimmungen des Deutschen Heilbäderverbandes definiert. Dort werden auch in groben Zügen die Standortvoraussetzungen, welche Bereiche − Kurzentrum oder Kurortzentrum, Verkehrszentrum nennt sich das − repräsentativ untersucht werden. Die Standorte legt der Gutachter, das ist in dem Fall der Deutsche Wetterdienst, gemeinsam mit uns fest. Wir haben uns für die gleichen Standorte wie bei der letzten Messreihe und teilweise bei der vorletzten Messreihe entschieden.
goodnews4: Welche Standorte sind das?
Rudolf Teichmann: Ein Standort ist hinter der Stadtklinik vor dem Waldrand, auf der Wiese sozusagen, dann ein Standort in der Rheinstraße im Verkehrsbereich beim ehemaligen Forstamt, dann ein Standort beim Badischen Tagblatt in der Innenstadt auf dem Balkon der Geschäftsstelle und die letzte Station ist bei der Wetterstation des Deutschen Wetterdienstes in Geroldsau, grüne Wiese.
goodnews4: Warum hat man sich für die gleichen Standorte wie bei der letzten Messung entschieden?
Rudolf Teichmann: Ich betreue die Messreihe zum dritten Mal, damit sie kontinuierlich auch verfolgen können, ob die Messergebnisse stabil sind, ob es Änderungen gibt − egal in welche Richtungen.
goodnews4: Die Parameter Stickstoffdioxyd, Grobstaub und Feinstaub werden erfasst. Wer führt die Messungen durch und wer wertet diese Messungen aus?
Rudolf Teichmann: Die Messreihe betreuen wir, das Fachgebiet Umwelt und Arbeitsschutz. Wir haben auch die Stationen aufgebaut, nachdem wir die Geräte übernommen haben. Die laboranalytische Auswertung, die Auswertung des USB-Sticks mit den ausgelesenen Daten, macht unser Gutachter, der Deutsche Wetterdienst, der auch das Gutachten schreiben wird.
goodnews4: Wie war es denn bisher, hat Baden-Baden immer mit wehenden Fahnen bestanden oder gab es auch mal Beanstandungen in den vergangen Jahren und mit welchem Ergebnis rechnen Sie bei dieser Messreihe?
Rudolf Teichmann: Ja, wir hatten mal, ich möchte nicht sagen, Probleme. Nach den alten Begriffsbestimmungen gab es in Baden-Baden zu diesem Titel «Heilbad» noch eine Zusatzindikation, die nannte sich «Atemwegserkrankungen». Die Anforderungen hierfür waren höher und da war Baden-Baden in beiden Messreihen mehr als grenzwertig, bedingt durch Messungen im Rahmen der Stickstoffdioxydmessung an Verkehrslagen. Mittlerweile gibt es diese sogenannte Zusatzindikation in den Vorgaben der Begriffsbestimmungen des Deutschen Heilbäderverbandes nicht mehr, somit gehen wir davon aus, dass aufgrund der Ergebnisse der Messungen 2001 beziehungsweise 2007 wir auch hier keine Veränderungen haben, dass das keine Probleme machen wird.
goodnews4: Wie hoch liegen die jeweiligen Grenzwerte und wo liegt Baden-Baden?
Rudolf Teichmann: Nach den Begriffsbestimmungen des Deutschen Heilbäderverbandes liegen wir schon deutlich drunter. Für die Luftqualitätsmessung gilt die 39. Bundesemissionsschutzverordnung, das ist eine andere Rechtsgrundlage und da liegen wir nach unseren Erkenntnissen aus der Landesmessstation Aumattstadion im Durchschnitt im Hintergrundsbereich, also haben wir keine Probleme. Meiner Meinung nach liegt Baden-Baden, was das angeht, auf der Insel der Glückseligen. Also wir können uns in dem Fall nicht mit der Landeshauptstadt vergleichen − beziehungsweise schon, aber wir schneiden positiv ab.
goodnews4: Vielen Dank für das Interview.
Die Interviews führte Nadja Milke für goodnews4.de
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goodnews4-VIDEO-Interviews von Nadja Milke mit Roland Kaiser und Rudolf Teichmann
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