Baden-Baden, 11.01.2020, Leserbrief In einem Leserbrief an die Redaktion nimmt goodnews4-Leser Oliver Haungs Stellung zu dem goodnews4-Bericht Radeln auch bei Minusgraden − «Fast die Hälfte des Gemeinderates scheint Radverkehr fördern zu wollen».

Ja, das Anradelevent des ADFC Kreisverbandes hat trotz niedriger Temperaturen eine herausragende Resonanz gefunden. Mit rund 40 Teilnehmern auf dem Foto vor dem Weihnachtsbaum des Baden-Badener Leos ein deutliches Signal, dass das Radfahren den Menschen immer wichtiger und somit ein Bestandteil ihres Lebens wird, und das nicht nur im angenehmen Sommer bei über 20°C, sondern das ganze Jahr über. Zweckmäßige Funktionskleidung gibt es heutzutage für kleines Geld, das einem Fahrradmobilität und -spaß auch bei niedrigen Temperaturen ermöglicht. Wir Teilnehmer kamen sogar aus Bühl und Rastatt mit dem Rad angefahren. Auch ich selbst bin die 20 km von Muggensturm mit dem Rad gekommen, sogleich den hervorragenden neuen straßenbegleitenden Radweg entlang der L67 zwischen B462 und Kuppenheim testend. Befund: Exzellent! Was noch fehlt ist die logische Weiterführung des die L67 begleitenden Radweges zur Kreuzung mit der Muggensturmer Hauptstraße und der K3737 nach Bischweier. Was die «Knöpflestadt» Kuppenheim hier zusammen mit dem Landratsamt und dem Regierungspräsidium schaffen ließ ist erste Sahne. Der neue Radweg verkürzt die Fahrt nach Baden-Baden um einen Kilometer bzw. fast 3 Minuten. Und die Strecke birgt in ihrer Verlängerung sowohl in Richtung Muggensturm als auch in Richtung Haueneberstein noch beachtliche Einsparpotenziale hinsichtlich Kilometer und Fahrzeit. Befährt man dann die Strecke noch mit einem Pedelec anstelle eines herkömmlichen Rades schmilzt der Unterschied zum Auto auf nur noch knapp das Doppelte. Für Pendler aus Muggensturm, die in diese Richtung zur Arbeit fahren, eine immer appetitlicher werdende Alternative zum Auto!

Wo ich noch einen Wermutstropfen sehe ist allerdings, dass in den Kurven auf der Strecke zum Radweg hin noch Leitplanken fehlen. Denn es steht zu befürchten, dass die breite neue Straße von manchen PKW-Lenkern einen Tick zu schnell und von dem einen oder anderen LKW-Fahrer zu unaufmerksam befahren werden wird. Die erste KFZ-Reifenspur über den Trennsteifen zwischen Straßenfahrbahn und Radweg ist bereits nach wenigen Tagen der Eröffnung deutlich zu erkennen. Da die Seuche des Smartphone-Daddelns bzw. das Herumhantieren am Fahrtenschreiber oder Navigationssystem während der Fahrt allenthalben Einzug gehalten hat, ist es nur eine Frage der Zeit, bis es hier zu gefährlichen Situationen kommt.

Das Bild zu Beginn des Anradelns finde ich sehr gelungen, offenbart es doch eine satte Portion niveauvoller Satire. Denn es wurde vor der großen aber schief stehenden Weihnachtstanne auf dem Leopoldplatz in Baden-Baden aufgenommen und bietet damit einen süffisanten Rückbezug auf die gewaltige Schieflage der Radverkehrspolitik in Baden-Baden. Für eine Stadt, die mit rund 55.000 Einwohnern sowie einer die Situation verschärfenden Tallage immer noch nicht begriffen hat, was die Uhr geschlagen hat und die meint ohne Radverkehrsbeauftragten die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft meistern zu können, kann man nur wünschen, dass sie schnellstens aus ihrem Tiefschlaf der Realitätsverweigerung und Beratungsresistenz aufwacht und evidente Veränderungen in den Mobilitätsbedürfnissen ihrer Bürger erkennt und ernst nimmt.

Oliver Haungs
Muggensturm

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