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Teil 3 Leseprobe zum Roman „Neue Welt“ von Roland Weis – „Rodrigo blickte in zwei kalte Augen in einem kantigen Schädel“

Teil 3 Leseprobe zum Roman „Neue Welt“ von Roland Weis – „Rodrigo blickte in zwei kalte Augen in einem kantigen Schädel“
Roland Weis, Autor des Romans „Die neue Welt“.

Baden-Baden, 03.12.2022, Bericht: Redaktion In der Baden-Badener Buchhandlung Straß stellte der Historiker Roland Weis seinen Roman «Die neue Welt» im goodnews4-Interview vor.

«Eroberung, Reviere dazugewinnen, Nachbarn bekämpfen, möglichst viel eigenes Territorium erobern – das zieht sich wie ein roter Faden durch die Menschheitsgeschichte», antwortete er zur Aktualität seines spannenden Romans, in dem ein Junge, der 1492 an der Entdeckung Amerikas durch Christopher Columbus und dann 50 Jahre lang an spanischen Eroberungszügen teilnimmt, die Hauptrolle spielt. Nun veröffentlicht goodnews4-Interview eine Serie mit Leseproben, die der Autor selbst aussuchte.

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Historiker Roland Weis zu seinem neuen Roman „Die neue Welt“ – „Nachbarn bekämpfen, möglichst viel Territorium erobern“ – „Das zieht sich wie ein roter Faden durch die Menschheitsgeschichte“

Zu dieser dritten Leseprobe schreibt der Autor Roland Weis: «In dieser Szene erlebt man Rodrigo als blinden Passagier auf dem Schiff des Entdeckers Christobal Colón. Es ist die Szene, in der Rodrigo entdeckt wird und zwei der wichtigsten Gegenspieler des Admirals während der Entdeckungsfahrt sich seiner annehmen: Die königlichen Beamten Escobedo und Gutierrez.»

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Teil 2 Leseprobe zum Roman „Neue Welt“ von Roland Weis – „Zu ihrem zehnten Geburtstag hat der Vater ihr ein Silberkettchen geschenkt“

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Teil 3 Leseprobe «Die neue Welt» von Roland Weis:

Er erwachte, weil irgendwo über ihm ein Hahn krähte. Wie jedes Schiff führte auch die Gallega lebende Vorräte mit sich, darunter auch Hühner, Hähne, Gänse, Schweine. Auf dem Schiff herrschte reges, lärmendes Leben. Rodrigo lauschte den gedämpften Stimmen der Besatzung, dem Tapsen nackter Füße auf den Decksplanken, dem rhythmischen Wellenschlag, der unaufhörlich gegen die Schiffswand pochte. In diesem Moment klappte die Luke auf. Im trübe hereinschimmernden Licht tauchten die Umrisse eines Kopfes auf. Jemand schwang sich durch die Öffnung nach unten. Rodrigo wollte nicht lange Verstecken spielen. «Ay, Señor!», sagte er deshalb tapfer und gab sich zu erkennen.
Der Matrose kam eigentlich nur heruntergeklettert, um nachzusehen, ob man schon bald das Schwitz- und Leckwasser abpumpen musste, oder ob man damit noch ein paar Tage warten konnte. Er packte Rodrigo wie eine junge Katze im Genick und zog ihn durch die Luke nach oben in den Laderaum. Endlich wieder Licht und Konturen. Ehe Rodrigo sich so recht daran freuen konnte, fing er ein paar Ohrfeigen ein. Der Matrose, ein schlacksiger Kerl mit schütterem Haar, brüllte in den Schiffsbauch hinein: «Kielratte an Bord! Señor Escobedo, kommt schnell, seht Euch mal den blinden Passagier an, den ich gefunden habe.»

 

Es dauerte nicht lange, da näherten sich zwei Männer. Beide waren nicht gekleidet wie einfache Matrosen. Der eine, ein stämmiger Kerl mit breitem, rotweinimprägniertem Gesicht, ging voraus. Er trug eine Offiziersuniform, oder jedenfalls das, was Rodrigo dafür hielt. Der andere Mann war hager, trug feingeschnittene Beinkleider und ein gestepptes Wams, eine Aufmachung, die ihn als wichtigen Mann an Bord auswies. Er fragte schroff: «Was bist du für ein Lump?» Seine Stimme klang herrisch und auf Anhieb unsympathisch. Rodrigo blickte in zwei kalte Augen in einem kantigen Schädel.
Rodrigo hatte sich einiges zurechtgelegt, für diesen Moment. Doch nun lähmte ihn die Angst, stammelte er trotzig und unbeholfen: «Ich will mitfahren, als Schiffsjunge.» Dann: «Ich habe mich hier versteckt, als das Schiff im Hafen lag.»
«Escobedo, das ist ein Idiot von blindem Passagier», sagte der zweite der beiden Männer. «Wir sollten nicht lange fackeln und ihn gleich über Bord werfen. Vielleicht ist es ein Jude auf der Flucht vor der Inquisition? Bringen wir ihn nach oben.»
«Langsam Gutierrez», sagte der mit Escobedo Angesprochene zu seinem Begleiter. «Wir sollten den Knirps erst einmal ausfragen. Kapitän Colón muss ja nicht alles sofort erfahren.»


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