Aus dem Rathaus Baden-Baden
Historisches Datum für Ebersteinburg – Eingemeindung vor 50 Jahren – Ebersteinburger entschieden sich für Baden-Baden – Teil 4

Baden-Baden, 08.11.2021, Bericht: Robert Kronimus Viele der Ebersteinburger stellten sich im Sommer 1971 die Frage, ob sich eine Eingliederung nach Baden-Baden denn lohnen würde. Denn bereits vor 20 Jahre hatten die Ebersteinburger dieses Ansinnen schon einmal abgelehnt.
Diesmal war die Situation jedoch eine andere, weil mit dem «Gesetz zur Stärkung der Verwaltungskraft kleinerer Gemeinden» das Land Baden-Württemberg hinter der Gemeindereform stand und Eingemeindungen einforderte.
Als mit dem 5. September 1971 der Termin für die Bürgerabstimmung feststand, wurden im Vorfeld allen Ebersteinburger Haushalten Informationsschriften mit Argumenten für einen Anschluss nach Baden-Baden zugestellt. Die Gemeindereform war dringend notwendig, weil die damaligen Verhältnisse eine immer leistungsfähigere Verwaltung erforderten, die nur in größeren Einheiten möglich war. Im Gegensatz zu Ebersteinburg erlebte Baden-Baden einen wirtschaftlichen Aufschwung. Dadurch könnte man im Bergdorf von einer Fusion nur profitieren. Zudem gab es zwischen beiden Orten immer engere Verflechtungen.
Die Gemeindereform war nicht nur auf den Raum Baden-Baden beschränkt, sondern vollzog sich in ganz Baden-Württemberg. Die Gemeinde Ebersteinburg würde auch nicht «sterben», was viele Ebersteinburger verständlicherweise befürchteten. Ebersteinburg würde in eine größere Einheit wechseln, in der sich der Ort besser entwickeln könnte. Das Ortsrecht würde Ebersteinburg behalten. Dies bestätigte der zu diesem Zeitpunkt bereits entwickelte Vereinbarungsentwurf zwischen Ebersteinburg und Baden-Baden, der ausdrücklich die Erhaltung des bisherigen Charakters von Ebersteinburg vorsah.
Im Falle einer Fusion waren für Ebersteinburg umfangreiche Investitionen vorgesehen. Die Vertretung als Ortsteil Baden-Badens würde durch einen Bezirksrat wahrgenommen, der über die Einhaltung der Vereinbarung wachen würde. Das Ebersteinburger Rathaus würde erhalten bleiben, wobei man sich als Bürger ebenfalls an jenes in Baden-Baden wenden könnte. Für die Bürger gäbe es zudem steuerliche Vorteile. Die Verhandlungen seien zäh gelaufen, aber Baden-Baden sei Ebersteinburg freundlich gesinnt, war aus dem Oostal zu hören. Der Entwurf des Fusionsvertrags wurde veröffentlicht. So konnte sich jeder vor der Abstimmung in Ruhe über den Inhalt informieren.
Wie überall bei demokratischen Entscheidungen gab es auch in Ebersteinburg Menschen, die einer Eingliederung nach Baden-Baden ablehnend gegenüberstanden. Diese Skeptiker waren kaum unter Politikern zu finden, sondern vielmehr innerhalb der Bevölkerung. Die Gegner verteilten Flugblätter, um gegen die Eingliederung zu werben und nutzten dabei folgende Argumente: Da 1972 Landtagswahl sei und man daher nicht wissen könne, wer künftig regieren würde, könne man nicht wissen, ob alle Versprechungen eingehalten würden. Es sei zudem beschlossene Sache, dass das Regierungspräsidium Südbaden in seiner derzeitigen Form bald nicht mehr existieren werde. Als kleinster Stadtkreis in Baden-Württemberg habe sich Baden-Baden massiv gegen eine Eingliederung in den Landkreis Rastatt zu Wehr gesetzt. Man könne daher keine Eingliederung Ebersteinburgs fordern.
Und weiter: Die Menschen aus Ebersteinburg würden künftig vor bürokratischen Herausforderungen stehen, da sie nun Teil eines weitaus umfangreicheren Verwaltungsapparates sein würden. Baden-Baden sei eine der krisenanfälligsten Städte Deutschlands und werde wirtschaftliche Probleme bekommen, die dann auch die Menschen aus Ebersteinburg zu spüren bekämen. Baden-Baden werde sich weiter verschulden, wodurch Steuern und andere Gebühren erhöht würden. Auch Richtung Murgtal, insbesondere nach Gaggenau müsse Ebersteinburg offen sein, zumal es nahe der Gemarkung liege. Eine Offenheit ausschließlich Baden-Baden gegenüber wäre daher einschränkend. Zudem würde die Feuerwehr jener in Baden-Baden untergeordnet. Durch eine Eingliederung würde Ebersteinburg auch zu einer verkehrlichen Umgehung von Baden-Baden degradiert, wodurch die Lärmbelästigung zunehmen würde. Und so weiter.
In einer Stellungnahme verwarf Oberbürgermeister Dr. Walter Carlein diese Argumente umgehend: Die Behauptungen seien schlichtweg gelogen: «Es ist vertraglich geregelt, dass es keinerlei Erhöhung von Steuern und sonstigen Gebühren geben wird», unterstreicht der OB. Und: «Sämtliche Rechte der Ebersteinburger Bürger bleiben erhalten. Der Vertrag ist gerecht und bietet Vorteile, zumal der finanzielle Zuschuss seitens des Landes in Ebersteinburg investiert wird.» Er werde, so Dr. Carlein weiter, zugunsten Ebersteinburgs erfüllt werden, der Baden-Badener Gemeinderat habe dem bereits zugestimmt. Das Eigenleben des künftigen Stadtteils werde gewahrt. Zwar sei es verständlich, dass die Eingliederung einen großen Einschnitt für all jene bedeute, die sich mit Ebersteinburg als Heimat verbunden fühlen, aber es gehe auch um zukünftige Lebenschancen. Daher solle man auch die Vorteile nüchtern betrachten. Weiterhin sei es unsinnig zu behaupten, Ebersteinburg werde zu einem Umgehungsort. Zudem werde die Feuerwehr einen Teil ihrer Autonomie behalten, was in einer Absprache zwischen deren Kommandanten und dem OB bereits beschlossen worden sei.
Auch das Land Baden-Württemberg klärte die Einwohner über die Vorzüge der Gemeindereform auf: Sie schaffe gleichwertige Lebensverhältnisse für alle Bürger, stärke somit die Selbstverwaltung und sei daher für und nicht gegen die Bevölkerung, zumal sie auf dem Prinzip der Freiwilligkeit basiere. Um als Gemeinde eigenständig sein zu können, sei eine Größe von etwa 5000 bis 8000 Einwohnern notwendig, was bei Ebersteinburg mit etwa 1.100 Einwohnern definitiv nicht gegeben sei. Nicht zuletzt fördere das Land die Gemeindereform durch finanzielle Vorteile.
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