Aus dem Rathaus Baden-Baden

Reinhard Fieser prägte Baden-Baden in starkem Maße – Straßenbahn, Merkurbergbahn, Zeppelinhalle – Besuch bei US-Präsident Harding

Reinhard Fieser prägte Baden-Baden in starkem Maße – Straßenbahn, Merkurbergbahn, Zeppelinhalle – Besuch bei US-Präsident Harding
Reinhard Fieser, in der Mitte, vor dem Hotel Ritz-Carlton, USA. Foto: Stadtmuseum und Stadtarchiv

Baden-Baden, 10.01.2020, Bericht: Roland Seiter/Rathaus Jeder kennt sie: Die Reinhard-Fieser-Brücke überspannt die Oos in der unteren Sophienstraße und wird jetzt aufwändig saniert. Doch wer war eigentlich Reinhard Fieser?

Der im Mai 1867 in Wertheim am Main geborene Reinhard Fieser war ab 1893 Erster Bürgermeister Baden-Badens, von 1907 bis 1929 Oberbürgermeister der Bäder- und Kurstadt. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften und dem Referendar-Examen holte ihn Oberbürgermeister Dr. Albert Gönner 1892 nach Baden-Baden, zunächst als «rechtskundigen Amtsgehilfen». Der Grund: Mit 25 Jahren war Fieser nach badischem Gesetz noch zu jung für das Amt des Bürgermeisters, das man erst mit dem Erreichen des 26. Lebensjahres antreten durfte. Folgerichtig wählte ihn der Stadtrat erst im September 1893 zum Bürgermeister. Der junge Mann ahnte nicht, dass das geschichtsträchtige Baden-Badener Rathaus für 38 Jahre der Mittelpunkt seiner Lebensarbeit werden sollte.

Dr. Gönner war teils über Monate als Präsident des badischen Landtags in Karlsruhe gebunden. Schnell lernte der junge Bürgermeister Entscheidungen selbst zu treffen. Jahre später, 1907, erhielt Fieser ein verlockendes Angebot aus Karlsruhe: Dort, in der Landeshauptstadt, sollte er Erster Bürgermeister werden. Zur selben Zeit aber spielte der inzwischen siebzigjährige Oberbürgermeister Dr. Gönner mit dem Gedanken, sich von seinem Amt zurückzuziehen und es in jüngere Hände zu übergeben. Im Dezember 1907 erklärte Dr. Gönner seinen Rücktritt.

Von der Bürgerschaft unterstützt wählten die Stadtverordneten Reinhard Fieser mit 103 von 108 Stimmen noch im Dezember zum neuen Oberbürgermeister Baden-Badens. Das Amt sollte er 22 Jahre ausfüllen. Stets an vorrangiger Stelle Fiesers stand über seine gesamte Amtszeit die Weiterentwicklung des Weltbades Baden-Baden.

Baden-Baden sollte wachsen. In Fiesers Amtszeit gab es zwei Eingemeindungen, Lichtental 1908 und 20 Jahre später Oos. Ein Ende setzte Fieser dem Pferdeomnibus und realisierte die moderne Straßenbahn, die die Fahrgäste zunächst vom Brahmsplatz, später Oberbeuern, zur Dreieichenkapelle transportierte. Zudem schuf er später eine Tram-Linie entlang der Fremersbergstraße und hinauf zum Talbahnhof im Merkurwald. Denn dort sollte bald als weitere touristische Attraktion die Merkurbergbahn als Standseilbahn ihren Betrieb aufnehmen. Die erste Fahrt im August 1913 war ein großer Festtag für Baden-Baden.

Als Reinhold Fieser das erste Luftschiff des Grafen Zeppelin auf einer Versuchsfahrt entlang des Rheins sah, hinterließ dies bei ihm einen großen Eindruck. Kurzentschlossen fuhr er nach Friedrichshafen, um im Gespräch mit Zeppelin eine direkte Anbindung Baden-Badens zu erreichen. Dies gelang und führte zum Bau der Zeppelinhalle westlich des Ooser Bahnhofs, weltweit der ersten Halle dieser Art außerhalb von Friedrichshafen. Schon bald reiste der erste Kurgast mit dem Luftschiff an – eine junge Dame aus Stuttgart.

Weitere Verdienste Reinhard Fiesers waren das Sanieren und Erweitern des Kurhauses, samt der für die Stadt so wichtigen Veranstaltungssäle. Auf Fiesers Betreiben hin erhielt die Stadtverwaltung Sitz und Stimme in der staatlichen Bäderverwaltung. Hinzu kam 1918 die Gründung eines eigenen Theaterensembles.

Ein wichtiger städteplanerischer Schritt war der so wichtige Durchbruch der unteren Luisenstraße. Wo vormals zur Oos hin Privatgärten waren, konnte die Luisenstraße nach zähen Verhandlungen mit den Eigentümern bis zum heutigen Hindenburgplatz fortgeführt werden. Gleichzeitig ging damit der Bau des Hindenburgplatzes einher, der, aus drei Brücken bestehend, das Entree Baden-Badens deutlich aufwertete.

Die heute Staatliche Kunsthalle entstand unter Mithilfe Fiesers ebenso, wie das Schaffen eines städtischen Verkehrsamtes, übrigens das erste seiner Art in Deutschland: Die gute Werbung für die Bäder- und Kurstadt sollte sich als segensreich erweisen. Die Erweiterung und der Leistungsumfang der Stadtwerke waren Fieser ebenso wichtig, wie die Pflege des damals schon zweitgrößten kommunalen Waldbesitzes in Deutschland. Schon früh ließ Fieser die alten Holzabfuhrwege hinauf zu den Kurhäusern Plättig und Sand in gute Höhenstraßen umbauen und schuf so die ersten elf Kilometer für die später so wichtige Schwarzwaldhochstraße. Das stärkte den Schwarzwaldtourismus.

Auch die Entscheidung, oberhalb des Tiergartens einen modernen Golfplatz zu bauen, fällt in Reinhold Fiesers Amtszeit. Und zur Bebauung des neuen Villenbaugebietes am Annaberg, geschmückt durch die Wasserkunstanlage «Paradies», galt es zunächst das umfangreiche Straßennetz zu schaffen. 1928 folgte die Neugestaltung des Strandbades nahe der Schillerbrücke. Erstmals war das gemeinsame Baden beider Geschlechter möglich, eine zeitgemäße Entscheidung.

Gute persönliche Beziehungen zu dem deutsch-amerikanischen Geschäftsmann Herrmann Sielcken, der seinerzeit auf dem Hofgut Mariahalden lebte, ermöglichte es Fieser, ihn zur Stiftung der nötigen Mittel für die spätere «Gönneranlage» zu bewegen. Die Ausführung wurde Professor Max Laeuger übertragen, dem später zudem die Aufträge für das Schaffen der Wasserkunstanlage «Paradies» an der Friedrichshöhe und das Gestalten der einheitlichen Oosuferpartie entlang der Kaiserallee übertragen wurden.

Die 1920er-Jahre waren nicht auf Gold gebettet. In Sorge um die städtischen Finanzen reiste Reinhard Fieser in die USA, um im Auftrag des Stadtrats den Versuch zu machen, dringend benötigte Finanzmittel für die Stadt zu erhalten. Das gelang auch nach vielen Mühen. In diesem Zusammenhang wurde er vom Präsidenten der Vereinigten Staaten, Warren G. Harding, empfangen. Er war der erste Deutsche, dem nach dem Ersten Weltkrieg diese Ehre zuteil wurde. Fotos davon druckten fast alle amerikanischen Zeitungen ab, eine höchst willkommene Werbung für den Kurort an der Oos. Und in New York trug er sich wenig später in das Goldene Buch der Stadt ein.

Segensreich für die weitere Entwicklung der Stadt war die politisch alles andere als einfache und mehrjährige Gespräche erfordernde Eingemeindung von Oos im Jahr 1928. Jetzt konnte die städtische Straßenbahn den für die Stadt so wichtigen Bahnhof in Oos direkt mit der Innenstadt verbinden.

Bild Rathaus Baden-Baden Die Fieserbrücke in den 1950er Jahren. Foto: Sammlung Roland Seiter

1927 ehrte Baden-Baden Reinhard Fieser, indem der Stadtrat der markanten Brücke, die die untere Sophienstraße mit den Kolonnaden verbindet, den Namen des verdienten Stadtoberhaupts gab. Als Fieser Ende Dezember 1929 in den Ruhestand trat, hatte er mehrere seiner Ziele erreicht: Die Größe des Stadtgebiets hatte sich verdoppelt, ebenso die Einwohnerzahl. Am 10. Dezember verlieh die Stadt Reinhold Fieser in Anerkennung seines Schaffens den Ehrenbürgerbrief. 37 Jahre diente er Baden-Baden als Bürgermeister und Oberbürgermeister. In beiden Wahlen zum Bürgermeister und in den drei Wahlen zum Oberbürgermeister wurde Fieser jeweils einstimmig und damit von allen Parteien gewählt.

Fieser verstarb beinahe 93-jährig im April 1960 in Gauting bei München. In einem Nachruf stand der treffende Satz: «Überragend war seine feine Einfühlung in die verpflichtende Tradition Baden-Badens aus Jahrhunderten und die Konsequenzen, die er aus seinen Einsichten zum Wohl der internationalen Kurstadt zog.»


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