Fronten verhärten sich weiter

Tarifverhandlungen im Nahverkehr abgebrochen – Verdi: „Arbeitgeberverhalten ist Affront“ – Arbeitgeber: „Kommen Verdi weit entgegen“ – Weitere Streiks „nicht ausgeschlossen“

Tarifverhandlungen im Nahverkehr abgebrochen – Verdi: „Arbeitgeberverhalten ist Affront“ – Arbeitgeber: „Kommen Verdi weit entgegen“ – Weitere Streiks „nicht ausgeschlossen“
Nach dem Abbruch der Tarifverhandlungen könnte es zu erneuten Streiks im öffentlichen Nahverkehr kommen. Foto: Archiv

Baden-Baden/Stuttgart, 06.03.2024, Bericht: Redaktion Die Tarifverhandlungen für die 6.500 Beschäftigten im öffentlichen Nahverkehr sind gestern ohne Ergebnis abgebrochen worden. Der für heute geplante Verhandlungstag entfällt. Weitere Warnstreiks seien laut ver.di «nicht ausgeschlossen».

Ver.di Baden-Württemberg reagiere damit auf das Verhalten der Arbeitgeber, dem Kommunalen Arbeitgeberverband Baden-Württemberg, nachdem dieser «in den laufenden Verhandlungen Inhalte an die Presse und die Belegschaften durchgestochen» habe. Ver.di-Verhandlungsführer Jan Bleckert: «Das ist ein echter Affront und ein radikaler Bruch mit der bisherigen Verhandlungskultur im öffentlichen Dienst. Verhandlungsstände an Beschäftigte und die Presse zu geben, während Beratungen stattfinden: das gab es bisher noch nie. Das überschattet sogar die Tatsache, dass das Angebot der Arbeitgeber nur marginale Verbesserungen für die Beschäftigten enthält, die fast alle frühestens ab 2025 wirken sollen. Kein Wort zur Arbeitszeitfrage. Und die angebotene Nahverkehrszulage ist das Papier nicht wert, auf das sie gedruckt werden soll. Wir waren bereit, hier volle zwei Tage ernsthaft zu verhandeln. Die Arbeitgeber offensichtlich schon vorher nicht.»

Der Kommunaler Arbeitgeberverband Baden-Württemberg, KAV, spricht davon ein «Angebot mit zehn konkreten Verbesserungen für die Beschäftigten» vorgelegt zu haben. Der KAV komme ver.di bei Kernforderungen weit entgegen, heißt es in einer Mitteilung der Arbeitgeber, die durch das Rathaus Baden-Baden verbreitet wurde. Die Stadt Baden-Baden ist Arbeitgeber und Teil der KAV. Betroffen sind von dieser Tarifrunde die kommunalen Nahverkehrsbetrieben in Stuttgart, Karlsruhe, Heilbronn, Freiburg, Baden-Baden, Esslingen und Konstanz.

 

Jan Bleckert: «Die Beschäftigten in Fahrdienst, Werkstätten und Verwaltung wissen genau, dass der KAV heute keinerlei substanzielle Verbesserungen vorgeschlagen hat. Mit warmen Worten lässt sich kein Personal gewinnen.» Ver.di fordert unter anderem eine volle Anrechnung der Arbeitszeiten bei Verspätungen und von bisher unbezahlten Wegezeiten im Betrieb sowie eine grundsätzliche Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit und eine Nahverkehrszulage. ver.di werde nun mit der Tarifkommission über die nächsten Schritte beraten.

Das Angebot der Arbeitgeber vom 5. März 2024:

1. Erhöhung des Urlaubsgeldes und die Verbesserung der Berechnungsgrundlage. Auch Personen, die im Laufe des Jahres ihre Arbeit aufnehmen, erhalten dann Urlaubsgeld. Demnach würde das Urlaubsgeld ab 2025 bis zur Entgeltgruppe 8 um 70 Euro auf 520 Euro und ab der Entgeltgruppe 9 um 50 Euro auf 400 Euro jährlich steigen.

2. Entgeltverbesserung: Zuschläge und Zulagen werden von Stufe 2 anstatt von Stufe 1 der jeweiligen Entgeltgruppe berechnet.

3. Schaffung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe zur Überarbeitung der Entgeltordnung innerhalb von 2 Jahren. Hier sind nach KAV-Angaben ebenfalls erhebliche Entgeltverbesserungen zu erwarten.

4. Statt einer Verspätungszulage bietet der KAV eine unbürokratische Verkehrszulage in Höhe von 3 Euro pro gefahrener Schicht ab dem 1. Juli als Ausgleich.

5. Massive Erhöhung der Zeitzuschläge für Samstagsarbeit ab dem 1. Juli in Höhe von 10 Prozent und ab dem 1. Januar 2026 in Höhe von 15 Prozent sowie Ausweitung des Zeitrahmens von 9:00 Uhr bis 20:00 Uhr.

6. Entlastungen bei der Schichtzeit. Der KAV bietet eine Höchstgrenze von 12 Stunden für durchgehende Dienste an.

7. 8 Tage Freistellung für Gewerkschaftsarbeit anstatt bisher 6 Tage.

8. Wegfall der sogenannten Märzklausel. (Die Sonderzahlung für das Jahr kann behalten werden, auch wenn Beschäftigte das Unternehmen Anfang des Folgejahres verlassen)

9. Umwidmung der Sonderzahlung in ein Weihnachtsgeld, um eine geringere Pfändbarkeit zu gewährleisten.

10. Nahverkehrszulage ab 2027, wenn die Lohnsteigerung aus dem TVöD und Manteltarifvertrag unterhalb der Inflationsrate liegt.




Zurück zur Startseite und zu den weiteren aktuellen Meldungen.