Kandidaten bei "Stadtbild-Stammtisch"

OB-Kandidaten Bettina Morlok und Rolf Pilarski zu Stadtbild und Tourismus“ – „Den Slogan ‚good-good life‘ würde ich als OB eliminieren“

OB-Kandidaten Bettina Morlok und Rolf Pilarski zu Stadtbild und Tourismus“ – „Den Slogan ‚good-good life‘ würde ich als OB eliminieren“
Die OB-Kandidaten Rolf Pilarski und Bettina Morlok. Fotos: Archiv

Baden-Baden, 23.02.2022, Bericht: Redaktion Der Verein Stadtbild setzte sich jahrelang für einen kontrollierten Umgang mit dem historischen Erbe des Stadtbilds in Baden-Baden ein. Lange Zeit stieß der Verein im Baden-Badener Rathaus auf starken Widerstand.

Die Interessen der Bauwirtschaft waren im Gemeinderat dominierend. Inzwischen sorgt der Gestaltungsbeirat für eine ausgewogene Meinungsbildung bei der Baupolitik in Baden-Baden. Nicht verhindert werden konnten die Komplexe «Am Tannenhof» und «Vincentius», wo Hunderte von Wohnungen entstehen ohne ausreichende Einbindung in das Stadtbild und eine Auflage für einen Anteil preiswerter Wohnungen.

In einer Befragungsrunde stellten sich zwei der acht Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl in Baden-Baden am 13. März, Bettina Morlok und Rolf Pilarski, den Fragen von Astrid Sperling-Theis, ehemalige grüne Stadträtin in Baden-Baden.

Die Erklärung von Astrid Sperling-Theis für den Verein Stadtbild Baden-Baden e.V. zum «Stammtisch» des Vereins mit den OB-Kandidaten Bettina Morlok und Rolf Pilarski im Wortlaut:

Zwei Oberbürgermeister-Kandidaten standen Rede und Antwort

Am vergangenen Mittwoch hatte der Verein Stadtbild e.V. zu seinem monatlichen Stammtisch in den Goldenen Löwen Lichtental eingeladen. Zwei OB-Kandidaten waren die besonderen Gäste dieses Abends: Bettina Morlok und Rolf Pilarski. Astrid Sperling-Theis moderierte den Abend gemeinsam mit ihrem Vorstandskollegen Gerd Müller. «Wir werden zwei Kandidaten kennenlernen, die auch über ‚Stadtbild’- Themen sprechen werden. Deshalb haben wir nach der Kandidaten-Vorstellung eine ausgiebige Fragerunde vorgesehen, speziell zu unserer ‚Stadtbild’-Thematik.»

 

In ihrer Kurzvorstellung betonte Bettina Morlok: «Ich habe mich immer in einem engen Radius rund um Baden-Baden herum bewegt. Ich habe gesehen, dass sich die Stadt zum Negativen verändert hat, deshalb möchte ich die Stadt nach vorn bringen.» Sie kommt aus der Wirtschaft, ist Betriebswirtin, hat u. a. in der Energiewirtschaft gearbeitet, auch im arabischen Raum sowie in Südamerika. «Ich habe in meiner Tätigkeit viele Kulturen kennengelernt, was mir geholfen hat, gut auf Menschen zu reagieren.» Ihr Credo: «Baden-Baden kann mehr!»

Rolf Pilarski, vielen als Fraktionsvorsitzender der FDP im Gemeinderat bekannt, studierte nach der Bundeswehr Betriebswirtschaft, war in der Papierindustrie tätig, u. a. im Vertrieb, lebte auch mehrere Jahre in Paris und bezeichnet sich gern als frankophil. Doch: «Ich lebe jetzt gern in Baden-Baden und mag den Mix aus badischer Lebensart, Landschaft, Architektur und Kultur. Das sehen viele Leute in Deutschland genauso und wollen hierher kommen.»

Die erste Frage «Sie sind beide Seiteneinsteiger und wollen einen Neuanfang hinbekommen. Wollen Sie sich dabei Hilfe von außen holen?» beantwortete Bettina Morlok souverän: «Ich würde mir keine Hilfe von außen holen, da Berater die Wünsche nicht kennen, außerdem kosten Berater viel Geld. Ich würde vielmehr die Mitarbeiter motivieren, gemeinsam mit mir den Neuanfang zu gestalten. Ich bin ein Teamplayer, war immer Teil meiner Teams, auch wenn ich Projektleiterin war.» Rolf Pilarski betonte in seiner Antwort: «Man muss vor dieser Aufgabe großen Respekt haben. Die Probleme, die wir haben, sind komplex. Man muss sehen, mit welchem Potenzial an Menschen man arbeiten muss. Ich glaube, die meisten ziehen mit, wenn man ihnen die Probleme erklärt. Was wir machen müssen: die Probleme verstehen und als Führungskräfte Lösungen aufzeigen.»

Zu der existenziellen Frage nach der Dualität von Baden-Baden – Bürger- oder Tourismusstadt – betonte Bettina Morlok: «Wir wollen als Bürger hier gut leben, auf der anderen Seite leben wir auch vom Tourismus. Wir müssen ein sehr schönes Stadtbild haben, damit die Touristen kommen, das nutzt auch den Bürgern.» Dazu Rolf Pilarski: «Wir brauchen einen Kompromiss zwischen den Interessen der Bürger und der Tourismusindustrie. Die Touristen werden kommen. Wir haben eine tolle Infrastruktur, tolle Hotels. Wir brauchen aber keinen Massentourismus. Den Slogan ‚good-good life‘ würde ich als OB eliminieren und etwas Besseres finden. Dafür würde ich einen Wettbewerb starten.»

Gerd Müller stellte im Anschluss die Gretchenfrage: «Was glauben Sie, machen Sie besser als Ihre Mitkandidaten? Wo ist Ihre Stärke?» «Ich bin ein Teamplayer und ich weiß, dass ich die Verwaltung und die Bürger begeistern kann», unterstrich Bettina Morlok. «Ich bin parteilos und muss mich nicht nach der Landes- oder Bundespolitik richten. Ich bin eine Umsetzerin, ich kann einen Haushalt gut verwalten, was extrem wichtig ist, damit wir den Schulden Grenzen setzen.» Rolf Pilarski betonte seine Unabhängigkeit: «Ich werde im April 67 Jahre alt. Ich kann mit einer Art väterlichen Rolle auf die Stadt zugehen. Ich bringe Erfahrungen in internationales Geschäft mit. Da ist vielleicht das Alter dann wieder die Erfahrung, weil man die Lockerheit mitbringt und die Leute mitnehmen kann, damit sie ihre Aufgaben erledigen wollen.»

Im Anschluss stellten die Gäste viele Fragen, u. a. zum Neuen Schloss. Beide Kandidaten waren sich einig: Bebauungsplan aufheben und das Neue Schloss zur Chefsache erklären. Man müsse mit der Landesregierung sprechen und schauen, dass es in unsere Hände kommt. Auch der darbende Einzelhandel wurde angesprochen: Welche Ideen haben Sie, Einzelhandel und Gastronomie wieder zu beleben? Bettina Morlok dazu: «Ich weiß nicht, ob ich die hohen Mieten beeinflussen kann. Aber ich denke, wenn wir ein gutes Konzept entwickeln für den Tourismus, dann wird auch der Einzelhandel davon profitieren!» Viel mehr Werbung sei nötig, vor allem auch für das Rebland. Rolf Pilarski schlug vor: «Baden-Baden muss ein außergewöhnliches Angebot vorhalten, etwas, das man nicht im Internet findet, etwa im Bereich der Antiquitäten oder Kunst.»

Auf das Thema Windkraft angesprochen reagierte Bettina Morlok beherzt und betonte dabei ihre Herkunft aus der Energiewirtschaft: «Mich stört hier noch mehr. Ich bin grundsätzlich für regenerative Energie. Aber mit mir wird es keine Windkraft in Baden-Baden geben. Einer der Hauptgründe für mich ist die mangelnde Wirtschaftlichkeit. Denn wir sind hier keine Windkraftregion. Bei uns wäre Windkraft eine Investitionsverschwendung. Rolf Pilarski pflichtete bei: «Wer Windkraft haben möchte auf unseren Höhen, darf mich nicht wählen.» Nach knapp zwei Stunden lebhafter Frage-Antwort-Runden warben die beiden Kandidaten anschließend in persönlichen Gesprächen für ihre Vorstellungen und Anliegen.


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