Baden-Baden, 12.01.2017, 00:00 Uhr, Bericht: Christian Frietsch Wieder einmal zeigen sich Fluch und Segen in unserer Stadt. Im letzten Jahr war der weltberühmte Komponist Pierre Boulez in Baden-Baden gestorben und hinterlässt ein prächtiges Anwesen in der Kapuzinerstraße. Ein 4.000 Quadratmeter großer Park, eine Villa aus dem späteren 19. Jahrhundert mit 20 Zimmern.

Alle Daten sprechen dafür, dass es zu einen Leckerbissen für Immobilienspekulanten werden wird, die sich gerne im für sie profitablen Baden-Baden umsehen. Oder es entsteht eine Gedenkstätte, eine Akademie Pierre Boulez, dafür macht sich eine Initiative stark, zu der auch die Fotografin Simone Demandt gehört, eine Bekannte des Komponisten. Die Stiftung der Berliner Philharmoniker sieht sich auch in der Pflicht und denkt über die Lösung eines Künstlerhauses nach für jüngere Komponisten, die sich die Aufmerksamkeit schon verdient haben und hier zeitweilig residieren könnten. Das Land Baden-Württemberg hat mittlerweile wohl signalisiert, dass es sich zwar nicht an dem Kauf, aber an den laufenden Kosten einer «Akademie Boulez» beteiligen könnte.

Die aus den Neffen des Komponisten bestehende Erbengemeinschaft hat offenbar nur ein Interesse. Das Anwesen soll möglichst schnell versilbert werden. 2,8 Millionen Euro sollen als Verkaufspreis aufgerufen sein. Die aus Paris ausgereisten Neffen sollen nach Beobachtungen von Anwohnern in den vergangenen Wochen mit dem Ausräumen der Villa beschäftigt gewesen sein. Angeblich benötige man das Geld für die Begleichung der in Frankreich deftigen Erbschaftssteuer. Für eine Initiative zur Rettung des Vermächtnisses von Pierre Boulez ist nun Eile geboten. Bis zum Sommer soll der Verkauf über die Bühne gehen.

Auf Anfrage von goodnews4.de teilte das Baden-Badener Rathaus mit, dass die Stadt nicht involviert sei, was den Verkauf anbelange. Das sei reine Privatsache. Der Initiativkreis sucht allerdings das Gespräch mit der Stadt. «Wir sind gerade dabei, einen Gesprächstermin zu vereinbaren.» Weiter heißt es in der Stellungnahme des Rathauses: «Wir haben uns schriftlich an die Erben gewandt. Die Bitte ist, dass wir gerne ein paar persönliche Dinge aus dem Nachlass des Baden-Badener Ehrenbürgers übernehmen würden.» Eine Antwort habe das Rathaus bislang noch nicht erhalten.

Eine große Chance für Baden-Baden, einen weiteren Stern für das Renommee Baden-Badens als Stadt der Musik und der Literatur einzusammeln. Baden-Baden als Mekka auch der modernen Musik, die zwar nicht jedermanns Geschmack ist, aber eine große internationale Anhängerschaft aufweist, für die Baden-Baden so ein Synonym werden könnte. Es sind die Geschichten und Zeugnisse von Tucholsky und Dostojewski, die viele Russen nach Baden-Baden bringen. Die geistigen und geschichtlichen Beziehungen, wie jene der Familie Bénazet, brachten Baden-Baden nachhaltig die französische Kundschaft in unsere Stadt. Neben dem Brahmshaus könnte eine Akademie Pierre Boulez die substanzielle Kraft Baden-Badens als Musikstadt nachweisen. Luftlinie nur einige hundert Meter vom Festspielhaus Baden-Baden entfernt.

Auch die Frage, ob die Stadt Baden-Baden die Koordination für eine «Akademie Boulez» übernehmen könne, beantwortete das Baden-Badener Rathaus: «Die Frage können wir erst beantworten, wenn die Konzeption feststeht. Erst dann können wir Umfang und Aufwand abschätzen.» So wird es auch ein Wettlauf mit der Zeit, was aus der Komponisten-Villa werden wird, in der das das Œuvre des genauso rebellischen wie weltberühmten Komponisten entstand. goodnews4-Bericht zur Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Pierre Boulez.

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