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goodnews4-Interview-Serie von Christian Frietsch mit Franz Alt – Teil 7 „Gott“ – „Da haben meine Kollegen mich beschimpft und gesagt: ‚Bleib doch bei den Fakten!‘“

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goodnews4-VIDEO-Interview von Christian Frietsch mit Franz Alt

Baden-Baden, 04.01.2024, Bericht: Redaktion Als Fernsehmoderator bei der ARD hatte er Millionen von Zuschauern und wurde suspendiert. Heute ist Franz Alt einer der erfolgreichsten und gleichzeitig umstrittensten deutschen Bestsellerautoren zu den Themen Klima, Kirche und Krieg.

Christian Frietsch führte anlässlich des 85. Geburtstags des Schriftstellers 10 Interviews zu 10 wesentlichen Lebensbegriffen. Jedes Interview dauert etwa fünf Minuten. Im siebten Teil der Serie befassen sich Christian Frietsch und Franz Alt mit dem Begriff «Gott».


Abschrift des goodnews4-VIDEO-Interviews von Christian Frietsch mit Franz Alt, Journalist und Autor aus Baden-Baden, über «Gott»:

goodnews4: Wir haben bei unseren 10 Stichworten, die wir durchsprechen, Franz, ein Stichwort, das nicht nur 100.000 Seiten umfassen könnte, sondern unendlich viele Seiten. Das ist das Stichwort «Gott». Eigentlich glaubt ja jeder Mensch an Gott, es ist nur die Frage wie man ihn definiert. Es gibt Definitionen, die sagen, die gesamte Schöpfung, die Evolution ist Gott. Die andere Seite sind die amerikanischen Religions-Radikalisten, die den lieben Gott irgendwo auf einem anderen Planeten sitzen sehen mit einem langen, weißen Bart und da regiert er zwischen irgendwelchen Engeln. Zwischen diesen Extremen bewegt sich das Gottesbild. Was ist denn Dein Gottesbild?

 

Franz Alt: Ich habe ja mal Theologie studiert und da ging es immer um Gottesbeweise. Die Gottesbeweise waren dann angesiedelt bei Thomas von Aquin und Augustinus und anderen großen Theologen der Kirchengeschichte. Für mich ist der lebendigste und überzeugendste Gottesbeweis die Natur. Das ist für mich eigentlich Gott. Gott als die Erstursache aller Ursachen. Ich habe mal gewagt, in einer Report-Moderation das Wort «Gott» zu gebrauchen und da haben meine Kollegen mich anschließend beschimpft und haben gesagt: «Bleib doch bei den Fakten!» Ich habe dann die These vertreten, das Ur-Faktum aller Fakten ist Gott. Das kann man nun glauben oder nicht glauben, das hängt von der Einstellung jedes einzelnen ab. Das ist eine individuelle Entscheidung. Aber ich glaube, das ist eines der Hauptprobleme unserer Zeit, dass wir nicht mehr sehen, dass die Naturgesetze, dass die Urgesetze, aufgrund dessen wir überhaupt hier sind, aufgrund dessen wir miteinander reden können, aufgrund dessen jeder atmet, aufgrund dessen ein Kind wächst, ein Kind überhaupt gezeugt werden kann, aufgrund dessen eine Blume blüht, dass das alles eine Ursache hat und einen Urgrund haben muss. Kein Wissenschaftler der Welt kann bis zum heutigen Tag ein einziges Gräslein wachsen lassen durch eigene Entscheidung, durch eigene Kraft. Das kann er nicht.

goodnews4: Ich glaube, Einstein hat gesagt, wenn der Mensch es einmal schafft, eine Ameise herzustellen, dann überlegt er sich nochmal, ob er an Gott glaubt, aber solange glaubt er an Gott. Franz, der Mensch, der jetzt in diesem Wohlstand lebt, das ist ja auch etwas, was ein langer Weg war, und das darf man auch nicht geringschätzen, den Konsum wünschen und wollen die Leute. Da ist natürlich auch die Gefahr, dass man darin umkommt, das muss man regulieren. Aber wer hat das Monopol? Hat jemand das Monopol auf das Gottesbild, wie die römisch-katholische Kirche oder die protestantische Kirche oder ist es zulässig, zu sagen: «Auch Du glaubst an Gott, in dem Moment, in dem Du akzeptierst, dass es eine Ordnung gibt»?

Franz Alt: Wenn eine Kirche sagt, sie hat das Monopol auf Gott, hat sie von Gott überhaupt nichts begriffen. Das ist mal ganz klar. Es gibt nur ein Monopol und das ist die menschliche Seele. Die menschliche Seele hat, wenn es so etwas überhaupt gibt, das Monopol auf Gott. Die menschliche Seele ist auch die stärkste Kraft auf dieser Welt, das habe ich auch in der Schule von Carl Gustav Jung gelernt. «Ich kenne nur eine einzige Supermacht», hat C. G. Jung gesagt, «das ist die menschliche Seele». Und deshalb hat die menschliche Seele so etwas wie ein Monopol auf Gott. Das kann nur das Individuum für sich entscheiden und das spürt auch jeder selbst. In dem Augenblick, wo es eine Institution gibt, die mir ein Gottesbild überstülpen will, ist mir klar: Die hat von Gott überhaupt nichts begriffen.

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goodnews4: Die Wissenschaft hat ja etwas Seltsames an sich. Die Wissenschaft erklärt uns: «Ja, das ist jetzt die neueste Erkenntnis.» Aber wir ahnen schon, dass hinter dieser neuesten Erkenntnis wieder eine Erkenntnis kommt und wahrscheinlich kommt hinter der künstlichen Intelligenz wieder ein neues Tool und dahinter wieder eine neue Erkenntnis und so weiter. Ist denn die Frage nach Gott letztlich etwas ganz Banales, dass wir sagen, wir nennen das Ganze Gott? Wenn Du sagst, die Natur ist der beste Beweis für Gott, ist das dann nicht auch die Definition, zu sagen: Die gesamte Ordnung ist in sich selbst Gott? Es gibt nichts Personifiziertes, dass da irgendjemand irgendwo sitzt.

Franz Alt: Ich glaube schon, also genau wissen wir das natürlich nicht, das werden wir erst wissen, wenn wir tot sind, wenn wir gestorben sind. Aber trotzdem, wenn Menschen kommunizieren, brauchen sie Bilder. Auch für Gott. Gottesbilder. Und Jesus von Nazareth hat für mich eines der überzeugendsten Gottesbilder gebracht, nämlich einen «gütigen Vater». Wobei dieser gütige Vater viele weibliche Merkmale hat, also ein mütterlicher Vater. Das ist das Gottesbild Jesu. Das hat mich geprägt in meiner Kindheit schon, damit konnte ich viel, viel anfangen. Und das ist bis zum heutigen Tag so. Aber ich weiß, dass das ein Bild ist und ein Bild ist immer ein Ersatz, ein Symbol. Ein sehr schönes Symbol, ein mütterlicher Vater. Wenn man selbst gute Eltern hatte, wie ich, eine gute Mutter und einen guten Vater, dann kann man das sehr wohl anerkennen und für sich auch als Gottesbild akzeptieren.

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goodnews4: Wahrscheinlich ist die Tragödie für das schlechte Image der Mensch, der ihn missbraucht für seine Macht und seine niedrigen Beweggründe.

Franz Alt: Das größte Problem für viele Menschen sind immer ihre Eltern. Und damit hängt auch dieses schwache Gottesbild, das heute weitgehend vorhanden ist, zusammen. Die meisten Menschen haben Angst und vor allen Dingen Theologen haben Angst. Ich habe gerade einen Brief bekommen von einer Frau als Reaktion auf meine Bücher, die gesagt hat: «Herr Alt, ich lebe mit einem katholischen Priester zusammen. Das ist natürlich illegal, aber es ist ganz furchtbar zu erleben, wie dieser Mann jede Nacht aufwacht und schreit, weil er Angst hat vor Gott.» Das ist eigentlich ein teuflisches Gottesbild.

Das Interview führte Christian Frietsch für goodnews4.de.

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