Diskussion um freie Meinungsäußerung

Jüdischer Bürger wendet sich an Rita Hampp – „Danke, dass Sie mich wieder zum Gespräch zulassen“ – „Vor 80 Jahren hat man unhöfliche Bücher verbrannt. Heute reicht ein Knopfdruck“

Jüdischer Bürger wendet sich an Rita Hampp – „Danke, dass Sie mich wieder zum Gespräch zulassen“ – „Vor 80 Jahren hat man unhöfliche Bücher verbrannt. Heute reicht ein Knopfdruck“
Nach wie vor gibt es keinen Dialog über die „profane“ Nutzung des ehemaligen Synagogengrundstücks. Foto: goodnews4-Archiv

Baden-Baden, 31.01.2019, Bericht: Nadja Milke Schon die CDU-Politiker Armin Schöpflin und Klaus Bloedt-Werner haben sich an Leserbriefen abgerieben, deren Inhalte ihnen nicht zusagten. goodnews4.de berichtete. Einen Interview-Boykott gegenüber goodnews4.de hat die Baden-Badener CDU-Gemeinderatsfraktion wieder zurückgenommen. Erfolglos blieb auch eine Anzeige von Oberbürgermeisterin Margret Mergen, CDU. Die Landesanstalt für Kommunikation, LFK, erklärte dem Rathaus die Spielregeln der Pressefreiheit. Diese gelten auch für Leserbriefe. goodnews4.de berichtete.

Nicht Politiker bestimmen die Grenzen der Pressefreiheit, sondern die Gerichte. Dies bekam auch Heinz Gehri zu spüren, dem auch 15 falsche eidesstattliche Erklärungen nichts halfen vor dem Baden-Badener Landgericht. goodnews4.de berichtete.

Nun wandte sich auch die ehemalige grüne Stadtrat-Kandidatin Rita Hampp in einem Kommentar auf ihrer Facebookseite gegen rechtlich verbindliche Regelungen der freien Meinungsäußerung, indem sie auf goodnews4.de unter Pseudonym veröffentlichte Lesebriefe als «unanständig» bezeichnete. In dieser Antwort auf einen Leserbrief des goodnews4-Lesers Rudolf Rust, die sie auf Ihrer Facebook-Seite veröffentlichte, spricht sie in der Anrede auch den Herausgeber von goodnews4.de an. Die Mitinitiatorin von «Baden-Baden liest ein Buch» stellt den bereits entschiedenen Rechtsfall in ihrer Antwort infrage und fordert dazu auf, mit ihr «journalistisch sauber und nicht durch ein Pseudonym zu kommunizieren». Die Landesanstalt für Kommunikation hatte festgestellt, dass der goodnews4-Redaktion entsprechend den rechtlichen Grundlagen die Klarnamen aller Leser bekannt sind, deren Wunsch es ist, unter Pseudonym ihre Meinung in Leserbriefen zu äußern. Das gilt auch für den Leserbriefschreiber Rudolf Rust. Dieser hatte sich in mehreren Leserbriefen auch mit der Rolle von Baden-Badener Politikern, Kulturschaffenden und den Verlegern des Badischen Tagblatts auseinandergesetzt, die den Umgang mit dem Grundstück, auf dem die von den Nationalsozialisten zerstörte Baden-Badener Synagoge stand und das von der Zeitung als Parkplatz benutzt wird, nicht thematisieren.

Auf ihrer Facebook-Seite verfährt Rita Hampp in diesem Sinne. Eine Diskussion über die Würde des Synagogengrundstücks führt auch Rita Hampp bisher nicht. Der Aufforderung einer «Facebook-Freundin» folgend, den Kommentar eines jüdischen Bürgers zu löschen, war der Kommentar dann tatsächlich nicht mehr zu lesen. Der jüdische Bürger Ruben Schuster hatte ein Facebook-Posting von Rita Hampp kommentiert, das sich mit dem Antrag an die Baden-Badener Stadtverwaltung befasst, eine Brücke in Baden-Baden nach dem Autor Gerhard Durlacher zu benennen, dessen Buch «Ertrinken» im Mittelpunkt der Aktion «Baden-Baden liest ein Buch» stand und das von seiner Kindheit als Jude in Baden-Baden in der Zeit des Nazionalsozialismus handelt. goodnews4.de berichtete. Ruben Schuster hatte in seinem Kommentar an die Forderung des Vorsitzenden der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden erinnert, «die Würde des Ortes wiederherzustellen», womit das ehemalige Synagogengrundstück in der Stephanienstraße gemeint ist, das den Verlegern des Badischen Tagblatts gehört und von der Tageszeitung als Parkplatz benutzt wird, obwohl diese sogenannte «profane Nutzung» im Kaufvertrag für das Synagogengrundstück ausgeschlossen wurde. goodnews4.de berichtete.

Zwischenzeitlich schaltete Rita Hampp jedoch die Kommentare des jüdischen Bürgers und Sprecher des «Aktionskreis Neue Synagoge Baden-Baden», Ruben Schuster, wieder frei. Dieser reagierte mit einem weiteren Kommentar: «Gratuliere und danke, Frau Hampp, das Sie mich wieder zum Gespräch zulassen. Wenn man eine Meinungsäußerung löscht, löscht man immer auch ein Stück der Identität eines Menschen aus. Vor 80 Jahren hat man unhöfliche Bücher verbrannt. Heute reicht ein Knopfdruck. Ich hoffe sehr Frau Hampp, dass Ihnen Ihre Rolle als öffentliche Person klar ist. Jederzeit diskutiere ich mit Ihnen und Ihren Freunden auch persönlich, wenn diese den Mut dazu haben.»

Die Auseinandersetzung um die verletzte Würde des alten Synagogengrundstücks gehörte bisher nicht zu den Themen der Initiative «Baden-Baden liest ein Buch». Initiatoren und Unterstützer sind Baden-Badener Bürgern, eine Reihe städtischer Unternehmen und Einrichtungen, Kirchen und das Badische Tagblatt.


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